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TV-Kritik

Ozean der Häme

rehlaender 090205 willkommenoesterreich grissemann stermann

Böser Humor aus Österreich lässt Pocher blass aussehen.

WILLKOMMEN ÖSTERREICH MIT STERMANN & GRISSEMANN (3Sat, Donnerstag, 23.25 Uhr)
Mein Gott, wird momentan ein Brimborium darum gemacht, ob die Schmalwitz-Rotznase Oliver Pocher demnächst auf RTL oder in der ARD versuchen wird, lustig zu sein. Für Harald Schmidt wird es eine Entlastung sein, endlich wieder sein Programm alleine bestreiten zu können, auch wenn dieses längst nicht mehr die Qualität früherer Zeiten hat.
Wie man eine Late-Show macht, die anarchisch komisch ist, wo sich Gäste wirklich jede Blöße geben dürfen und die garantiert jeder katholischen Landfrau in den Rundfunkräten die Schamesröte ins Gesicht treibt, beweisen die beiden Kabarettisten Christoph Grissemann und Dirk Stermann bei "Willkommen Österreich" im ORF, das dankenswerter Weise noch bei 3Sat ausgestrahlt wird. (Premiere zeigt das nicht minder grandiose "Neues aus Waldheim"). Die Höhepunkte der gestrigen Show waren ein Feuerwerk höchst boshafter Betrachtungen des Zeitgeschehens. Beispiel: "Boy George wurde in England für15 Monaten ins Gefängnis gesteckt, weil es einen Callboy angekettet, ausgepeitscht und ihn gezwungen hat ‚Do you really want to hurt me' zu singen." Wo dann gleich auf echten musikalischen Schrecken, auf "DJ Ötzi" mit einem Filmchen eingegangen wird, wo der "Anton aus Tirol" den Janis-Joplin-Klassiker "Me and Bobby McGee" covert. So etwas hört sich nicht nur grausam an, es ist auch urkomisch.
Leider lässt sich dieses Feuerwerk an bösen Sarkasmus, diese Ozeane an Häme, die über gewisse Promis (unvergessen die Haider-Trauer-Sendung) ausgeschüttet wird, nur unzureichend nacherzählen. Gestern durfte sich als deutscher Prominenter Roger Willemsen alle möglichen Blößen geben. Er plauderte in gewohnt über-elaborierter Manier über die Feuchtgebiete seines Lebens, Warum er für eine Prostituierten einen Bildband von Goya geklaut hat und warum ihn für den ersten Sex nur die englische Austauschschülerin blieb. Willemsen will halt ein Buch verkaufen, das irgendwie das gleiche Thema wie Heinz Strunks "Fleckenteufel" hat, aber nicht den Mut zur Deftigkeit in der Sprache. Unterhaltsam war's allemal.

Kai Rehländer