Es ist immer wieder verblüffend, wie sehr sich Rollentyp und Privatperson unterscheiden. Ruby O. Fee spielt meistens coole bis abweisende Frauen - die renitente Unterschichtengöre im Stuttgart-"Tatort", die abgeklärt-verletzliche Go-go-Tänzerin in Andreas Dresens Nachwendedrama "Als wir träumten" oder die eiskalte Zicke Sophia in den ersten bei den "Bibi & Tina"-Filmen.

Ruby O. Fee ist ganz anders. Zum Interviewtermin erscheint eine zurückhaltende junge Dame, die den Reporter höflich fragt, ob es etwas ausmache, wenn sie vor dem Gespräch noch einmal die Toilette aufsuche. "Ich
bin sehr schüchtern, aber wenn ich Leute gut kenne, bin ich lustig"
, sagt sie über sich.

Sie spricht erstaunlich abgeklärt über ihre
Arbeit, schiebt dann aber oft ein mädchenhaftes Kichern hinterher. Ein bisschen ist noch da vom braven Mädchen, das in ebendieser Rolle Werbespots, Kinderfilme und Serien wie "Allein gegen die Zeit" gedreht hat. Bis der rotzige "Tatort"-Auftritt in "Happy Birthday Sarah" vor zwei Jahren aus der Kinderdarstellerin auf einen Schlag einen Teenager und hochgelobten Nachwuchsstar machte, der vollkommen zu Recht unseren Publikumspreis JUPITER gewann.

Der Durchbruch könnte der 20-Jährigen jetzt mit dem Karfreitag-Eventfilm "Das Geheimnis der Hebamme" gelingen. Regisseur Roland Suso Richter schwärmt: "Sie ist einfach präsent, ohne viel zu machen, das gibt es nicht oft. Diese Transparenz ist ein großes Talent." In dem Mittelalterspektakel spielt Ruby eine heilkundige Geburtshelferin, die in den drei Filmstunden eine Entwicklung vom verschreckten jungen Ding zur selbstbewussten Frau macht.

Die Rolle spiegelt ihre aktuellen Möglichkeiten, sie ist in einem Alter, in dem sie jüngere und ältere Frauen verkörpern kann. "Ich fühle mich alles", sagt sie lachend. "Manchmal fühle ich mich wie ein kleines Kind, traue mir aber auch erwachsene Rollen zu." Zur Vorbereitung auf die Hebamme lernte Fee Heilkunde und schaute bei Entbindungen zu. Geholfen hat ihr vielleicht auch das Wissen, dass Geburten nicht immer in sterilen krankenhäusern stattfinden: Sie selbst kam schließlich im Dschungel zur Welt.
Kein Arzt, keine Hebamme waren dabei, nur ihr Vater und eine Freundin standen ihrer Mutter in einer Hütte in Costa Rica bei. Die deutsche Mutter war als Kostümbildnerin viel unterwegs, in Indien, Mexiko, Thailand. Die kleine Ruby hatte sie immer dabei. Geschadet hat es der Schauspielerin nicht, Reisen ist ihr Hobby und die liebste Begleiterscheinung ihres Berufs. Sie ist wie ihre Mutter ständig auf Achse, nur selten treffen sie sich zufällig in der gemeinsamen Berliner Wohnung.

Über ihren englischen Vater spricht sie nicht gern. Ruby O. Fee ließ sich mit ihrer Mutter schließlich in einem kleinen Dorf in Brasilien nieder, als sie ins schulfähige Alter kam. Dort kreuzten eines Tages Fotografen eines Kindermodemagazins auf und entdeckten die Neunjährige. Ruby war so angefixt von der Arbeit vor der Kamera, dass sie ihre Mama bat, sie bei einer Schauspielagentur anzumelden. Die war skeptisch, "sie kannte mich ja, ich habe schon so viele Sachen ausprobiert und wieder aufgehört". Aber diesmal war es Fee ernster als früher bei Gesang und Ballett. Sie lebten inzwischen in Berlin, und zwei Jahre lang löcherte sie ihre Mutter, bis die nachgab. Hörbar erleichtert sagt sie jetzt: "Und ich bin dabeigeblieben, bis heute." Und wie: Ruby dreht konstant, war gerade wieder im "Tatort" zu sehen, und einige Projekte sind in Vorbereitung.

Was will sie in Zukunft machen?

"Alles!", sagt sie mit gespielter Gier. Auf eine Serie hätte sie Lust, sie will mal Regie führen, auch als Sängerin zu arbeiten schließt sie nicht aus, für "Bibi & Tina" sang sie schon. Eine internationale Karriere ist nicht nur dank ihrer vielsprachigen Erziehung (Englisch und Portugiesisch fließend!) realistisch. Nur eins will sie partout nicht: verraten, für was das O in ihrem Namen steht. "Das ist mein Geheimnis", sagt sie nur. Und kichert.

Sebastian Milpetz