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Jessica Chastain im Interview

Mit den Werkzeugen einer Frau

Atmosphärisch stimmig, superb besetzt: Das Krimidrama "A Most Violent Year" (ab 19.3.2015 im Kino) erzählt vom gewalttätigsten Jahr in der Geschichte New Yorks - seine Hauptdarstellerin Jessica Chastain von den Dreharbeiten und ihrem Anruf bei Armani

Im Grunde hätte Jessica Chastain ein Vermittlungshonorar verdient, denn nachdem die Erstbesetzung Javier Bardem ausgestiegen war, setzte Chastain sich sehr für Oscar Isaac als Darsteller des Abel ein. Beide stehen in "A Most Violent Year" das erste Mal gemeinsam vor der Kamera, kennen sich aber schon viel länger:

TV SPIELFILM Sie und Oscar Isaac waren zusammen auf der Schauspielschule, stimmt's?

JESSICA CHASTAIN
Ja, wir kennen uns seit gut zwölf Jahren und hatten noch nie die Gelegenheit, miteinander zu spielen. Aber wir haben uns immer sehr unterstützt. Ich war bei seiner Premiere von "Es begab sich aber zu der Zeit..." (Bibeldrama von 2006), er bei meiner Premiere von "Eine offene Rechnung" (Agententhriller von 2010). Ich hatte immer gehofft, dass wir mal einen Film zusammen drehen, nun hat es geklappt.
Inwiefern hilft so etwas?

JESSICA CHASTAIN
Normalerweise probe ich sehr viel alleine, bevor ich einen Film beginne, um die Figur zu verstehen und einen Hintergrund für sie zu erfinden. Für Theaterschauspieler heißt "proben" aber meist spielen, einstudieren, für mich geht es fast nur um die Backstory meiner Figur. Und da ticken Oscar und ich sehr ähnlich. Wir brauchten keine Angst zu haben, den anderen vielleicht aus dem Konzept zu bringen. Das war viel einfacher.

Über die Figur der Anna lässt sich schon viel an ihren Klamotten, den Fingernägeln und ihren Zigaretten ablesen...

JESSICA CHASTAIN
Ja, ich habe mich gefragt, was ihre Werk­zeuge sein könnten, die sie als Frau in einer Männerwelt benutzt. Gerade in dieser Zeit, 1981. Auf die Fingernägel und die Zigaretten bin ich bei meiner Recherche zu dem Jahr gestoßen. Und auf die Mode, denn 1981 war Giorgio Armani auf dem Titel des Time Magazine, er war der mächtigste Designer, den es überhaupt gab, so etwas wie ein Rockstar.
Und deshalb trägt Anna Armani?

JESSICA CHASTAIN
Genau. Sie hat Geld, zu viel Geld, mehr Geld, als sie je zu haben gedacht hätte. Und wenn sie zum Dinner mit Bankern geht, ist es keineswegs Zufall, wie sie sich kleidet.

Wie kommt man an solch historische Stücke? Oder wurde alles angefertigt?

JESSICA CHASTAIN
(lacht) Ich habe Roberta Armani angerufen und ihr gesagt, ich würde gerne Armani im Film tragen. Und schon hatte ich unfassbare Kleidungsstücke aus dem Armani-Archiv. Schlimmer war das Rauchen. Ich rauche nicht, in Filmen sind es dann meist Kräuterzigaretten, aber hier mussten es echte sein.

Scott Orlin