Dreiste Call-in-Abzocke, mangelhafter Jugendschutz, verletzte Persönlichkeitsrechte - das Fernsehen ist kein Streichelzoo. Immer mehr Zuschauer nutzen die Möglichkeit, den TV-Kontrolleuren der Landesmedienanstalten vermeintliche Verstöße gegen den Rundfunkstaatsvertrag mitzuteilen. Allein der 2008 eingerichtete Internetkummerkasten programmbeschwerde.de wurde 2017 1.150 mal genut. Im Gründungsjahr nur 331. Wir haben uns die wichtigsten Problemfelder deshalb einmal näher angesehen.

PORNOGRAFIE
Verbreitung von Pornografie ist ein Straftatbestand. Anders als etwa die Schleichwerbung ist Pornografie damit kein rein rundfunkrechtliches Thema. "Für uns gibt es keinen Beurteilungsspielraum. Aufsichtsfälle leiten wir sofort an die Staatsanwaltschaft weiter", stellt Deutschlands oberster Medienhüter Thomas Fuchs von der Medienanstalt Hamburg/Schleswig-Holstein klar.
Fazit: Trotz Verbots: Die freie Zugänglichkeit von Pornografie über ausländische Anbieter im Internet ist Fakt. Dass sogenannte Telemediendienste wie "Blue Movie" Erwachsenen seit 2004 "Vollerotik" auf Abruf bereitstellen dürfen, mutet da schon etwas anachronistisch an.

SCHLEICHWERBUNG
Die "heimliche" Werbung für ein Produkt gegen Bezahlung ist verboten. Seit Anfang 2010 dürfen sich Privatsender allerdings offiziell dafür bezahlen lassen, wenn sie Produkte in bestimmten Formaten (zum Beispiel Serien und TV-Filmen) platzieren. Transparenz vorausgesetzt: Der Sender muss die Zuschauer auf das "Product Placement" hinweisen (Einblendung: "Unterstützt durch Produktplatzierungen" oder "Dauerwerbesendung").
Fazit: Die Versuchung, auf Schleichwerbung zurückzugreifen, tendiert bei RTL & Co. seitdem gegen null. Anders sieht es beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk aus: Hier bleiben Produktplatzierungen verboten - dabei zeigt der aktuelle Schleichwerbungsverdacht in mehreren ZDF-Sendungen, dass eine Vereinheitlichung der Werbebedingungen durchaus Sinn machen würde.

IRREFÜHRUNG
Abzocke bei TV-Gewinnspielen verschiedenster Call-in-Shows war in den vergangenen Jahren ein Beschwerdedauerbrenner. "Da haben wir 9Live, Sport 1 und andere Sender intensiv beobachtet und auch zahlreiche Sendungen beanstandet", berichtet Thomas Fuchs. Verstöße gegen die Gewinnspielsatzung seien allerdings seltener geworden, seit die Sender ihre Gewinnspiele "Stück für Stück verbessert haben".
Fazit: Sogar Bußgeldabonnent 9Live erkennt die Gewinnspielsatzung seit ein paar Monaten an, nachdem der Mutterkonzern ProSiebenSat.1 den Landesmedienanstalten für noch offene Bußgeldbescheide eine Einmalzahlung in Höhe von 100 000 Euro geleistet hat. Ein Hauptgewinn für erfolgreiche Regulierung. 9live gab im Mai 2011 seine Gewinnspiele auf.

VOYEURISMUS
Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sterbende Menschen sind im Fernsehen deshalb tabu. Nur in Einzelfällen - etwa bei Berichten aus Kriegsgebieten - darf schweres menschliches Leid unter Umständen gezeigt werden. Entscheidend dabei ist die Form der Darstellung, also die Klärung der Frage, wie nah die Kamera "draufhalten" kann, ohne die Menschenwürde zu verletzen.
Fazit: Voyeurismus oder angemessene Informationsvermittlung? Ein Abwägen von Fall zu Fall bleibt auch in Zukunft unvermeidlich. Beschwerden auch.

HORROR & CO. UM 20.15 UHR
Was nach Einschätzung der Jugendschützer nicht für Kinder unter 18 Jahren geeignet ist, dürfen die Sender erst ab 23 Uhr zeigen. Schockern wie "Saw" bleibt die Primetime damit verwehrt. Eine Richtlinie, die zum Ärger vieler Cineasten für (nicht immer gekonnt) gekürzte TV-Fassungen sorgt. Die nämlich können eventuell schon ab 22 Uhr (FSK 16) oder ab 20 Uhr (FSK 12) laufen.
Fazit: Dass "Indiana Jones" (FSK 16) zuletzt ungeschnitten um 20.15 Uhr lief, zeigt, dass es Toleranzspielräume gibt.

ULTIMATE FIGHTING
Die erstmals 2009 im DSF (heute Sport 1) gezeigten "Käfigkämpfe" des US-Veranstalters UFC sind wegen ihrer Brutalität nicht nur in Deutschland umstritten. Vonseiten der Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) wurde "nur" die Ausstrahlung einzelner Sendungen vor 23 Uhr moniert. Die für Sport 1 zuständige Landesmedienanstalt in Bayern bewertete das Geschehen anders und entzog die Sendeerlaubnis fürs Ultimate Fighting.
Fazit: Die Einzelfallentscheidung betrifft nur die Formate der UFC. MTV zum Beispiel darf in der Show "Bully Beatdown" weiterhin Ultimate-Fighting-Szenen ausstrahlen. So macht ein Verbot aus Zuschauersicht wenig Sinn.