Schafkopf - A bissel was geht immer
Marlene wer? Den allermeisten völlig unbekannt, gilt die gebürtige Österreicherin bereits als neue Schauspiel­entdeckung. Die Voraussetzungen sind zu­gegeben erst einmal gut: Marlene Morreis ist talentiert, attraktiv, intelligent und witzig. Ein nicht zu unterschätzendes Manko ist allerdings die Zeit, zu der sie ihren Einstand im Fernsehen geben wird: 19.25 Uhr, am Freitag, im ZDF - verdammte Vorabend-Idylle.

Nach dem Aus der Serienklassiker Forsthaus Falkenau und Der Landarzt wollen die Mainzer mit der neuen Serie Schafkopf - A bissel was geht immer den verschnarchten Programmplatz aufpeppen. Aber in Maßen, bitte schön! Tatsächlich ist die Serie um eine überkandidelte Kleinstadtadvokatin, die sich mit mehr Herz als Verstand der Sorgen und Nöte ihrer Mitmenschen annimmt, nicht allzu weit weg von den tradierten Sehgewohnheiten der Senderklientel.

Das weiß auch ihre Hauptdarstellerin, die trotzdem "eine Extraportion Humor im Unterschied zu anderen Formaten im Vorabendprogramm" entdeckt und auf den großen Spaß mit den Kollegen beim Dreh verweist. Sechs Folgen sind abgedreht, "jetzt müssen wir erst einmal die Quote abwarten".

Sollte die Anwältin im Dirndl nur eine kurze Episode im Leben der quirligen Wahl-Münchnerin werden, wird sie das nicht aufhalten. Marlene Morreis hat nämlich noch viel vor, aber auch schon einiges hinter sich. Als junge Studentin wird sie in einer Münchner Kneipe von Regisseur Klaus Lemke für den Kinofilm Running Out of Cool entdeckt, bevor sie das Fernweh in die weite Welt hinauszieht: Sie studiert Skandinavistik, unter anderem in Schweden, nimmt danach eine Auszeit in Alaska und entschließt sich dann doch zum Schauspielstudium - in New York.

Dort spielt sie in dutzenden Kurz- und zwei Kinofilmen ("Stags", "The Future Past"), tritt der US-Schauspielergewerkschaft bei und meldet sich zu Castings. Akzentfreies Englisch spricht sie längst, aber auch Französisch und Schwedisch.

Auch als für eine Episodenrolle in der US-Serie Law & Order ein bulgarischer Tonfall gefordert wird, ist die Schauspielerin nicht zu stoppen - und zeigt sich erfindungsreich: Nach zwei langen Nächten, in denen sie mit Soundsamples aus dem Internet probt, sticht sie sämtliche Konkurrentinnen aus Osteuropa aus. Das "Good job" des Produzenten nach dem Vorsprechen ist jedenfalls ernst gemeint, der Mann ist selbst Bulgare.

Sie kriegt die Rolle - bis sich herausstellt, dass sie keine Greencard besitzt, sondern nur ein Künstlervisum, was oftmals reicht. In diesem Fall nicht. Schade, auch weil Sharon Stone mitspielen sollte, mit der sie drei oder vier Szenen gehabt hätte. Inzwischen kann sie darüber lachen, aber trotzdem: "Ist das nicht deprimierend?"

Sei's drum, dann muss der große Durchbruch, den ihr die "Süddeutsche Zeitung" bereits im vergangenen Jahr prophezeit, eben hierzulande stattfinden. Marlene Morreis ist jedenfalls so weit, treibt ihre Karriere voran. Zum Casting von "Schafkopf" hatte sie sich einfach mit ihrer Website beworben, inzwischen wird sie von einer Agentur vertreten.

Und spielen tut sie sowieso: Bald nach dem ZDF-Dreh steht sie in Wien für die zweite Staffel der hochgelobten Comedyserie Schlawiner vor der Kamera (im Januar 2013 im BR und im ORF), und auch im Kino ist sie demnächst zu sehen. Da geht noch was lautet passenderweise der Titel einer Tragikomödie mit Florian David Fitz und Henry Hübchen.

Morreis hat allerdings nur eine Szene. "Eine winzige Rolle, aber die ist wahnsinnig schön", sagt sie und lacht. Die 28-Jährige spielt ein Nachtschwester, der ein Junge vor die Füße kotzt.

Heiko Schulze

Schafkopf - A bissel was geht immer
FR 23.11. ZDF 19.25 Uhr