Es dauerte nur 32 Sekunden. Danach waren 36 Menschen tot und das größte jemals gebaute Luftfahrzeug ein brennender Trümmerhaufen. Am 6. Mai 1937, als die "Hindenburg" bei der Landung in Lakehurst (USA) in Flammen aufging, ging auch eine Ära unter: die Zeit der Zeppeline.

Acht Jahre hatten Ingenieure und Techniker geplant und konstruiert, experimentiert und improvisiert, bevor der Zeppelin am 4. März 1936 die Werfthalle in Friedrichshafen am Bodensee verließ. Die Vorgeschichte des RTL-Eventfilms über den Absturz der "Hindenburg" ist ähnlich lang und
wendungsreich.

Schon im Jahr 2000 wurde das Projekt auf der MIPTV in Cannes präsentiert, der wichtigsten Fernsehmesse der Welt. Die "Hindenburg" war im Gespräch als direkter Nachfolger von "Der Tunnel", der als erstes deutsches Eventmovie gilt und Sat.1 2001 knapp sieben Millionen Zuschauer bescherte.

Doch die technischen Probleme schienen unüberwindbar. Erst vor rund drei Jahren zeichnete sich ab, dass ein TV-Film mit aufwendigen Computereffekten, die ein durch Hollywood verwöhntes Publikum nicht abschreckten, für knapp zehn Millionen Euro machbar wäre. Voraussetzung dafür war allerdings eine radikale Entscheidung: Der Film über den berühmtesten Zeppelin der Welt wurde ohne Zeppelin gedreht.

Beim Besuch der Dreharbeiten in den MMC-Studios in Köln-Ossendorf gleitet der Blick unwillkürlich in die Höhe. Doch kein Luftschiff schwebt unter der Decke, nicht einmal als verkleinertes Modell des 245 Meter langen Originals. Stattdessen erstrecken sich Leitern und Verstrebungen bis unter das 24 Meter hohe Studiodach. 1,5 Kilometer gelochte Gitterträger wurden hier verbaut, um das Gerippe des Zeppelins zu simulieren.

Einigen Darstellern wurde schon mulmig, als sie nach unten schauten. Hauptdarsteller Maximilian Simonischek hat damit kein Problem. Der 28-Jährige sprang schon als Jugendlicher gern vom Zehnmeterbrett.

Beim Casting überzeugte der 1,94 Meter große Sohn des Burgschauspielers Peter Simonischek durch sein körperbetontes Spiel. Mit seinem breiten Kreuz, den muskulösen Oberarmen und dem kantigen Kinn wirkt er wie ein Actionheld im US-Fernsehen. Das ist wichtig, denn ohne den Verkauf an einen US-Sender wäre der Film nicht finanzierbar gewesen. Er wurde deshalb komplett auf Englisch gedreht.

Die Besetzung ist international: Neben Hauptdarstellerin Lauren Lee Smith ("CSI"), Altstar Stacy Keach ("Mike Hammer") und Greta Scacchi ("Wiedersehen mit Brideshead") spielen deutsche Topmimen wie Heiner Lauterbach und Ulrich Noethen.

Auch die Bildsprache orientiert sich an amerikanischen Standards. Regisseur Philipp Kadelbach, der ab März fürs ZDF einen Dreiteiler über die Ostfront im Zweiten Weltkrieg dreht, und sein Kameramann David Slama agieren buchstäblich auf Augenhöhe mit den Darstellern. Es gibt viele Over-the-Shoulder-Shots, die den Zuschauer in das Geschehen hineinziehen und an die Gesichter der Darsteller heranrücken.

Und anders als in "Die Hindenburg" von Robert Wise aus dem Jahr 1975 bewegen sich die Schau-spieler viel, was die Enge der Kulissen überspielt und Tiefe suggeriert. In der echten "Hindenburg" lagen die winzigen Kabinen im Inneren und hatten keine Fenster nach außen. Um sie für den Film visuell attraktiver zu machen und den Dreh zu erleichtern, kreierte Setdesigner Benedikt Herforth größere Außenkabinen. Bei der Ausstattung hielt er sich dagegen eng an den Bauhausstil des Vorbilds.

Die Aufnahmen des fliegenden und brennenden Zeppelins entstanden am Computer. Der Dreh dauerte knapp 70 Tage, die Nachbearbeitung mehr als doppelt so lange. Für ein einsekündiges Bild des explodierenden Zeppelins benötigten die Computer 300 Stunden Rechenzeit. Echte Szenen und am PC erzeugte Motive wurden wie bei einem Puzzle zusammengefügt. Spezialisten kopierten die Aufnahmen realer Flammen in digitale Bilder des Luftschiffs hinein. Eine technische Leistung, auf die Regisseur Kadelbach und Effekt-Supervisor Denis Behnke fast so stolz sein können wie 1936 die Ingenieure auf ihre "Hindenburg".

Rainer Unruh

Hindenburg
SO + MO 6.+7.2 RTL 20.15