Die Kommission für Jugendmedienschutz hat in diesem Jahr 31 Ausgaben der RTL 2-Pseudo-Doku "X-Diaries" gerügt, hauptsächlich wegen der ordinären Sprache. Das Erste hat eine Folge von "Polizeiruf 110" (FR, 23.9.) auf 22 Uhr verlegt, weil sie für Kinder ungeignet sei. Wird das Fernsehen immer krasser?
Wie viel Gewalt verträgt das Fernsehen?
Die Kommission für Jugendmedienschutz hat in diesem Jahr 31 Ausgaben der RTL 2-Pseudo-Doku "X-Diaries" gerügt, hauptsächlich wegen der ordinären Sprache. Das Erste hat eine Folge von "Polizeiruf 110" auf 22 Uhr verlegt, weil sie für Kinder ungeignet sei. Wird das Fernsehen immer krasser?
Eine Jugendgang quält eine Mitschülerin zu Tode in "Sie hat es verdient" (ARD, 14.9., 20.15) , ein Selbstmordattentäter zündet im "Polizeiruf 110" (ARD, 23.9., 22 Uhr) eine Bombe in einem Fußgängertunnel, und in den Programmen mancher Privatsender brüsten sich Prolls mit ihren Sex- und Saufexzessen. Realismus, der an Grenzen geht, auf der einen Seite, Realität, die abstößt, auf der anderen.
"Inszenierte Tabubrüche - auch durch gewalthaltige Darstellungen - sind sicherlich ein wirksames Mittel, die Aufmerksamkeit der Zuschauer in einer vielschichtigen und schnelllebigen Mediengesellschaft zu wecken", sagt Verena Weigand, Leiterin der Stabsstelle der Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) in München.
Das Phänomen ist nicht neu. Bei Filmen und Serien sei der Anteil an Gewaltszenen in etwa gleich geblieben, so Weigand. Tatsächlich wirkt die Darstellung heute aber oft drastischer als früher, weil die bessere Technik einen realistischen Look ermöglicht, der paradoxerweise meist künstlich, nämlich am Computer, entsteht.
Verändert hat sich indes der Blickwinkel von Jugendschützern. Stärker in den Fokus gerückt sind Infotainmentmagazine, sie berichten zunehmend dramatisiert über reale Gewalttaten. Eine Tendenz zur Verrohung, die sich seit den Neunzigern abzeichnet, als sich in Krawalltalkshows wie "Arabella" (Pro Sieben) Gäste verbal an die Gurgel gingen.
Heute sind die Machos, die wie in "X-Diaries - love, sun & fun" (RTL II) fiese Sprüche absondern, allerdings nicht mehr echt, sondern Laiendarsteller, die einem Drehbuch folgen ("Scripted Reality"). Der Unmut der Medienwächter über derb-zotige Sprache ist geblieben. Die Kommission für Jugendmedienschutz beanstandete im zweiten Quartal dieses Jahres 31 "X-Diaries"-Fälle als für Kinder ungeeignet.
Gerügt wurde auch eine Ausgabe der Pro-Sieben-Nachrichtensendung "Newstime". Sie suggerierte nach Ansicht der Kommission, dass der Spielfilm "Lebanon" authentische Kriegsereignisse zeige. Eine Verquickung von Fakt und Fiktion, die beim 3D-Fernsehen der Zukunft für noch mehr Verwirrung sorgen dürfte.
Rainer Unruh
Das Phänomen ist nicht neu. Bei Filmen und Serien sei der Anteil an Gewaltszenen in etwa gleich geblieben, so Weigand. Tatsächlich wirkt die Darstellung heute aber oft drastischer als früher, weil die bessere Technik einen realistischen Look ermöglicht, der paradoxerweise meist künstlich, nämlich am Computer, entsteht.
Verändert hat sich indes der Blickwinkel von Jugendschützern. Stärker in den Fokus gerückt sind Infotainmentmagazine, sie berichten zunehmend dramatisiert über reale Gewalttaten. Eine Tendenz zur Verrohung, die sich seit den Neunzigern abzeichnet, als sich in Krawalltalkshows wie "Arabella" (Pro Sieben) Gäste verbal an die Gurgel gingen.
Heute sind die Machos, die wie in "X-Diaries - love, sun & fun" (RTL II) fiese Sprüche absondern, allerdings nicht mehr echt, sondern Laiendarsteller, die einem Drehbuch folgen ("Scripted Reality"). Der Unmut der Medienwächter über derb-zotige Sprache ist geblieben. Die Kommission für Jugendmedienschutz beanstandete im zweiten Quartal dieses Jahres 31 "X-Diaries"-Fälle als für Kinder ungeeignet.
Gerügt wurde auch eine Ausgabe der Pro-Sieben-Nachrichtensendung "Newstime". Sie suggerierte nach Ansicht der Kommission, dass der Spielfilm "Lebanon" authentische Kriegsereignisse zeige. Eine Verquickung von Fakt und Fiktion, die beim 3D-Fernsehen der Zukunft für noch mehr Verwirrung sorgen dürfte.
Rainer Unruh