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Neuer Job als Kommentator

Absprung geschafft: Martin Schmitt

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Hello Again: Weltmeister und Olympiasieger Martin Schmitt kehrt als Eurosport-Experte zum Skispringen zurück Imago

Comeback bei der Vierschanzentournee: Ex-Skisprungstar Martin Schmitt über alte Mitstreiter und seinen neuen TV-Job bei Eurosport (ab SO, 28.12.)

Sportlich hat Skispringer Martin Schmitt alles erreicht, gewann unter anderem vier WM-Titel, wurde Olympiasieger mit dem deutschen Team. Jetzt versucht der 36-Jährige, seine Erfahrungen weiterzugeben: seit Beginn dieser Saison als Experte für Eurosport und ab 2015 nach Abschluss seiner Ausbildung auch als Diplom-Trainer.

TV SPIELFILM: Noriaki Kasai (42) feierte in Kuusamo seinen 17. Weltcupsieg. Haben Sie zu früh aufgehört?
MARTIN SCHMITT (lacht) Nein. Es ist wirklich beeindruckend, was man auch in einem für Skispringer sehr hohen Alter leisten kann. Aber ich habe meine Entscheidung getroffen und bin zufrieden damit. Im Moment habe ich keinen Drang, auf die Schanze zu gehen.

TV SPIELFILM: Sie sagen: Im Moment...
MARTIN SCHMITT: Ich sagte aber auch: "auf die Schanze zu gehen". An Wettkämpfe habe ich dabei nicht gedacht. Aber vielleicht bekomme ich ja irgendwann mal Lust, hobbymäßig zu springen.
TV SPIELFILM: Wenige Minuten vor einem 145-Meter-Satz Kasais stürzte Andreas Wellinger in Kuusamo schwer - was ist Ihnen durch den Kopf gegangen, als Sie die Bilder gesehen haben?
MARTIN SCHMITT: In dem Moment hofft man nur, dass ihm nichts passiert ist. Dass er wieder aufsteht oder zumindest, dass er schnell wieder auf die Beine kommt. Und, dass nichts zurückbleibt. Es war ein schlimmer Sturz.

TV SPIELFILM: Der Sturz ist relativ glimpflich ausgegangen. Der DSV gab bekannt, dass sich Wellinger "nur" die Wirbelsäule gestaucht und eine Luxation des rechten Schlüsselbeingelenks zugezogen hat.
MARTIN SCHMITT: Da hat er wirklich einen Schutzengel gehabt. Jetzt muss man hoffen, dass er den Sturz auch psychisch verarbeitet. Das ist immer schwierig, Pascal Bodmer hatte mal einen ähnlichen Sturz beim Skifliegen in Planica. Er hat sich von dem Sturz nicht mehr erholt. Andi ist sehr stabil, muss jetzt mit den Trainern analysieren: Was ist da passiert? Wie kann ich so was beim nächsten Mal, wenn es schwierige Bedingungen gibt, verhindern? Und vor allem: Wie kann ich trotzdem ans Limit gehen, volles Risiko gehen?

TV SPIELFILM: Wellinger ist erst 19 - eher ein Vor- oder ein Nachteil bei der Bewältigung des Sturzes?
MARTIN SCHMITT: Thomas Morgenstern ist in jungen Jahren in Kuusamo auch mal schwer gestürzt. Ihm hat man jahrelang nichts angemerkt, der Eindruck von außen war: Ihn kann nichts erschüttern. Jetzt hat er in einem Interview erzählt, dass dann irgendwann über die Jahre doch leichte Zweifel bei ihm aufkamen. Was ich damit sagen will: Man steckt nie drin, es kann ein Vor-, es kann aber auch ein Nachteil sein. Aber die Erfahrung, die der Andi in Kuusamo machen musste, die hat fast jeder Skispringer schon mal gemacht. Man weiß, dass das passieren kann. Nun gilt es, die richtigen Schlüsse zu ziehen - und dann geht es weiter.

TV SPIELFILM: Wenn man den Sturz von Wellinger sieht, kommt man am Thema Rückenprotektoren nicht vorbei. Bislang ist das Tragen freiwillig...
MARTIN SCHMITT: Ich glaube, derzeit springt niemand im Weltcup mit Rückenprotektoren. Aber die Sportler haben sich bei Tests damit nicht wohlgefühlt, und wenn man als Athlet das Gefühl hat, das bringt mir einen Nachteil, dann fällt es natürlich schwer, sich dafür zu entscheiden.

TV SPIELFILM: Wäre eine Rückenprotektorenpflicht aus Ihrer Sicht sinnvoll?
MARTIN SCHMITT: Natürlich gibt es das Argument, dass es nicht auffällig viele Rückenverletzungen beim Skispringen gibt. Aber ich glaube, man sollte nicht warten, bis irgendwas passiert. Man sollte wirklich auf Nummer sicher gehen - eine Helmpflicht gibt es schließlich auch.

TV SPIELFILM: Seit 2002 warten die DSV-Adler auf einen Gesamtsieg bei der Vierschanzentournee - wie stehen die Chancen diesmal?
MARTIN SCHMITT: Severin Freund hat als Schlussspringer mit dem Team 2014 Olympia-Gold gewonnen, wurde im Anschluss auch noch Skiflug-Weltmeister. Er hat bewiesen, dass er dem Druck bei Großveranstaltungen standhalten kann. Das macht ihn definitiv stärker. Klar ist aber auch: Es gibt viele Kandidaten für den Gesamtsieg.

TV SPIELFILM: Wer gehört für Sie noch zum Favoritenkreis?
MARTIN SCHMITT: Nach den bisher gezeigten Leistungen muss man sicher einen Kasai nennen, wobei ich mir fast nicht vorstellen kann, dass er am Ende wirklich um den Gesamtsieg mitspringt. Aber er wird eine gute Rolle spielen. Simon Ammann ist sehr stark, Peter Prevc aus Slowenien, auch Roman Koudelka und Anders Badal. Severin ist nicht der alleinige Topfavorit auf den Gesamtsieg, aber er kann auf jeden Fall ein Wörtchen mitreden.

TV SPIELFILM: Bei der letzten Tournee siegte mit dem Österreicher Thomas Diethard ein Nobody - wie ist sowas möglich?
MARTIN SCHMITT: Er hat einfach extrem gut zu seinem Sprung gefunden. Was soll man sagen? Beim Skispringen läuft es manchmal unerklärlich gut und manchmal unerklärlich schlecht. Auch das macht die Sportart ja so interessant.

TV SPIELFILM: Trügt der Schein, oder gibt es überraschende Ergebnisse heute öfter als noch vor ein paar Jahren?
MARTIN SCHMITT: Es ist definitiv zu beobachten, dass sich keiner mehr so deutlich absetzen kann. In früheren Jahren war es eher so, dass es ein, zwei, drei Leute gab, die einfach ein Stück voraus waren. Die ganzen Materialveränderungen - bei den Anzügen, durch Innovationen im Schuh- und Bindungsbereich - haben das Feld ein bisschen enger zusammenrücken lassen.

Und weil viele Sportler sehr gut arbeiten, ist in den letzten Jahren eine ungeheure Leistungsdichte entstanden. Früher hat ein Gregor Schlierenzauer in Topform gewonnen, und wenn es bei ihm nicht so gelaufen ist, war er halt Zweiter oder Dritter. Heute fliegt man, wenn nicht alles passt, ganz schnell aus den Top 10 oder Top 20.

TV SPIELFILM: Gibt es denn heute mehr Skisprungtalente als früher?
MARTIN SCHMITT: Nicht unbedingt. Es wird sicher in vielen Ländern sehr gut gearbeitet, aber ich glaube, die Entwicklung hat eher etwas mit den Materialveränderungen zu tun. Dadurch hat das Flugsystem eines Springers eine größere Bedeutung gewonnen, auch im Training.

Jedenfalls haben sich viele Springer flugtechnisch enorm gesteigert. Was früher vielleicht als Talentsache galt, kann man sich heute fast alles erarbeiten. Severin war vor fünf, sechs Jahren - und ich will ihm da jetzt wirklich nicht zu nahe treten, aber ich glaube, das wird er auch selber unterschreiben - noch nicht der begnadetste Flieger. Und jetzt ist er Skiflugweltmeister.

TV SPIELFILM: Bei der Vierschanzentournee werden Sie für Eurosport vor Ort sein - genau wie Gerd Siegmund. Wie sieht die Rollenverteilung unter den beiden Ex-Aktiven aus?
MARTIN SCHMITT: Ich werde das Ganze unten mit Sebastian Tiffert beurteilen und auch in der Pause zwischen den Durchgängen meine Einschätzungen abgeben. Dirk Thiele und Gerd Siegmund werden die Springen wie gewohnt kommentieren.

TV SPIELFILM: 2015 endet Ihre Ausbildung zum Diplom-Trainer. Für Sie kann die Perspektive langfristig doch nur das Amt des Bundestrainers sein, oder?
MARTIN SCHMITT: (lacht) Ich mache jetzt erst mal das Diplomtrainerstudium fertig und dann sieht man weiter. Wo die Reise hingeht, weiß ich wirklich noch nicht. Ich möchte dort arbeiten, wo ich meine Qualitäten am Besten einsetzen kann.

Frank Steinberg

Vierschanzentournee im TV