David Letterman, Amerikas hartgesottener Late-Night-Talker, ist schwer aus der Fassung zu bringen. Julia Roberts (42) schaffte es spielend. Ob er das Familiendrama "Zurück im Sommer" gesehen habe, für das sie heute mit seiner Hilfe werben wolle, fragte sie ihn 2008 zuckersüß. Doch der Gastgeber kannte nur den Trailer. "Äh, weißt du, seit ich Vater geworden bin, reagiere ich zu emotional auf Filme, in denen Kindern Gewalt angetan wird", versuchte Letterman sich rauszureden.

"Ich bin als Mutter von drei Kindern auch sehr emotional", sagte sie und tätschelte scheinbar verständnisvoll seine Hand. "Trotzdem würde ich", Kunstpause, breites Lächeln, "meine Freunde immer unterstützen." Letterman wurde blass, das Publikum johlte.

Im Gespräch mit Julia Roberts ist kein Blabla möglich. Mit entwaffnender Direktheit entlarvt sie dümmliche Fragen als das, was sie sind, reine Zeitverschwendung. Je nach Gesprächspartner kann sie unnahbar sein wie eine Magnolie aus Stahl oder warmherzig und beinahe übermütig.

Im sich selbst bespiegelnden Glitzerbiz ist Roberts eine Ausnahme. Auf Businesspartys geht sie nur, wenn sich's gar nicht vermeiden lässt. "Zu meiner Anfangszeit hat es gereicht, sich für eine Filmpremiere ein schickes Top anzuziehen", erinnert sie sich, "heute musst du vorher den halben Tag beim Friseur rumsitzen, Designerroben tragen und Miss Perfect spielen. Grässlich."

Lieber verbringt sie ihre Zeit in einer 23 Millionen Dollar teuren Ökovilla in Malibu oder auf ihrer weitläufigen Ranch in Taos, New Mexico, wo sie Gemüse züchtet und in Flipflops, Gammeljeans und T-Shirt durch die Gegend schlunzt.

Alle Drehbücher landen bei ihr

Roberts macht sich nicht mit Hollywood gemein und definiert sich nicht ausschließlich über ihr Aussehen. "Keine der Mütter, die ich kenne, hat Zeit für solche Oberflächlichkeiten." So viel Unabhängigkeit imponiert selbst im oberflächlichen Showbiz, und so wählte sie das Magazin "People" vor Kurzem zum "schönsten Menschen des Jahres". Der Kosmetikkonzern Lancôme erkor sie gerade zur neuen Markenbotschafterin.

Seit sie 1990 an der Seite von Richard Gere "Pretty Woman" spielte, ist Roberts in ihrer Altersklasse die "Leading Lady". Angeblich landet jede weibliche Hauptrolle erst einmal auf ihrem Tisch. "Die Frage ist nur, ob ich sie alle lese", juxt Roberts, die vor sechs Jahren den Job zugunsten ihrer Familie stark zurückgefahren hat.
Nach der gescheiterten Beziehung zu Kiefer Sutherland, der Kurzehe mit Countrymusiker Lyle Lovett und einer Liaison mit ihrem Kollegen Benjamin Bratt, lernte sie den verheirateten Kameramann Danny Moder kennen. Das war anno 2000 am Set von "The Mexican".

"Ich bin geboren, um diesen Mann zu lieben", erklärte Roberts im US-TV, riskierte für den Mann mit dem Bubiaussehen ihr Image als "American Sweetheart" und heiratete den Frischgeschiedenen 2002 in einer mitternächtlichen Zeremonie. Allen Unkenrufen zum Trotz sind die beiden bis heute ein Paar. "Ich bin im Hafen meines Lebens eingelaufen", erzählte sie neulich Talkmasterin Oprah Winfrey, die seufzte ergriffen, und Millionen TV-Zuschauer seufzten mit.

"Ich bin das Mädchen aus Georgia"

Seit die Zwillinge Hazel und Phinnaeus (5) in die Schule gehen und ihr Jüngster Henry (3) aus dem Gröbsten raus ist, nimmt Roberts' Karriere (Höhepunkt, der Oscar 2001 für "Erin Brockovich") wieder Fahrt auf. Tom Hanks, mit dem sie 2007 die auf einer wahren Geschichte beruhende Politsatire "Der Krieg des Charlie Wilson" drehte, besetzte sie für seinen aktuellen Film "Larry Crowne". Der zweifache Oscar-Preisträger schwärmt: "Mit Julia zu arbeiten, ist, wie mit jemandem, den man liebt, beim Abendessen zu sitzen und sich großartig zu unterhalten, weil er nur so sprüht vor Energie und Intelligenz."

Roberts selbst gibt sich bodenständig. "Ich glaube, dass ich immer noch das Mädchen aus Smyrna, Georgia bin. Ich habe nur einen glitzernden, verrückten Job. Daraus schließen die Leute, ich sei jemand unglaublich Faszinierendes." Sie lacht. "Die sollten mich mal um 5.30 Uhr morgens sehen."

Susanne Sturm