Welche Haarfarbe hat sie wohl heute? Rachel McAdams auf den roten Teppichen auszumachen ist nicht einfach: Bei vielen Filmpremieren ist sie brünett, zwischenzeitlich sieht man sie dann mit hellblondem Schopf, den sie darauf mit neonpinken Strähnchen aufgepeppt hat. Mal toupiert, mal sanfte Wellen, meist Seitenscheitel, dann Pony.

Wie eine Undercover-Agentin wechselt die Schauspielerin ihren Look, sodass nicht wenige glauben, sie hätte sich genauso unerkannt
in die Riege der weiblichen Topstars im internationalen Kino eingeschleust. Das stimmt natürlich nicht; den Status Filmstar hat sie sich hart erarbeitet, mit zahlreichen Rollen in Filmen unterschiedlichster Genres.
Viele Küsse und Klamauk

Nach kleinen Auftritten in Fernsehfilmen und -serien macht die Tochter eines Truckers und einer Krankenschwester aus der kanadischen Provinz erstmals in Komödien wie Hot Chick - Verrückte Hühner (2002) oder Girls Club (2004) auf sich aufmerksam. Endgültig in die Herzen eines zumeist jugendlichen Publikums katapultiert sie im selben Jahr aber ihr Part in der Liebesromanze Wie ein einziger Tag. In den Armen von Teenie-Idol Ryan Gosling wird sie selbst eines.

Bei Events wie den Teen Choice Awards gehört sie zu den Publikumslieblingen, bei den MTV Movie Awards 2004 bringt sie es auf eine Rekordnominierung in fünf Kategorien - mitunter absonderlichen wie der für den besten Filmkuss.

Ihr offensichtliches Talent in dieser Spezialdisziplin des szenischen Dialogs sollte auch weiterhin große Beachtung finden. Mit Kusspartner Ryan Gosling schmust sie kurz darauf auch im wirklichen Leben. Die beiden sind sogar verlobt, dann wieder getrennt, als Rachel 2012 zum wiederholten Mal den Best-Kiss-Award abräumt, diesmal mit Channing Tatum in Für immer Liebe.

Teenie-Idol wird Filmstar

In romantischen Komödien wie Die Hochzeits-Crasher mit Owen Wilson und Vince Vaughn hängt das Publikum fortan an ihren Lippen. Die Jungschauspielerin ist ein Kassenmagnet, als sie in Wes Cravens Suspense-Thriller Red Eye - Nachtflug in den Tod (2005) eindrucksvoll
beweist, dass sie nicht nur Knutschen und Komödie beherrscht, sondern auch leinwandfüllende, glaubwürdige Charaktere.

Spätestens jetzt kann sie sich die Rosinen rauspicken: James Bond 007: Casino Royale, Misson: Impossible 3, Der Teufel trägt Prada - was darf es sein? Nichts. Die Kanadierin sagt erst mal alles ab, fährt nach Hause, dreht ein paar Pirouetten auf der Eislaufbahn und macht ansonsten Pause.

Die Auszeit gereicht ihr nicht zum Nachteil. Im Gegenteil, ihr Comeback 2009 ist ein Triumphzug. Plötzlich wollen alle von Talent und Beliebtheit der Schauspielerin profitieren. Rachels Filmpartner sind Superstars wie Russell Crowe und Ben Affleck im Politthriller State of Play - Stand der Dinge, Eric Bana in der Verfilmung des Bestsellers Die Frau des Zeitreisenden oder Robert Downey Jr. in Sherlock Holmes. Die Liste ihrer Regisseure steht dem in nichts nach: Sie dreht mit Brian De Palma ("Passion"), Woody Allen ("Midnight in Paris") und dem legendären Terrence Malick.

Von Malick, der schon mal einen Hauptdarsteller im Schneideraum aus einem Film warf, hat sie viel über ihren Beruf gelernt - und eine ernüchternde Lektion erhalten: Es ist eine herzzerreißende Szene beim Dreh zum Drama To The Wonder als Rachel McAdams drehbuchgemäß in Tränen ausbricht. "Die Kamera kam direkt auf mich zu. Ich dachte, mein Gott, das hier ist ein Oscar-Moment!", erzählt sie später. "Plötzlich merkte ich, dass die Kamera gar nicht auf mich zoomt, sondern auf einen Vogel, der hinter mir im Baum sitzt."

Reif für den Oscar?

Mit einem Oscar könnte es trotzdem bald klappen. Die 35-Jährige zählt zu den Großen ihres Fachs und verfolgt ambitionierte Filmprojekte. Ab 11. September ist sie im Kinothriller A Most Wanted Man neben dem kürzlich verstorbenen Philip Seymour Hoffman zu sehen, und für Wim Wenders' Every Thing Will Be Fine dreht sie bald mit James Franco und Charlotte Gainsbourg. Von Küssen im Drehbuch wissen wir nichts. 

Heiko Schulze

Midnight in Paris
MO 23.6. ZDF 22.00 Uhr