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Fußballregeln

Ist drin endlich drin?

Kommt die Torkamera? Im März entscheidet das International Football Association Board (IFAB) über die wichtigste Regeländerung der vergangenen Jahre

Sepp Blatter, FIFA-Boss und damit oberster Funktionär des Weltfußballs, hat schon immer mehr oder minder exzentrische Vorstellungen davon gehabt, welche Regeländerungen positiv für die Entwicklung seines Sports wären (siehe unten). Als er Ende 2011 via "Bild" verlauten ließ, dass er die Einführung der Torkamera zur kommenden Saison forcieren wolle, wurde ihm allerdings ausnahmsweise breite Zustimmung zuteil.

Selbst Karl-Heinz Rummenigge, scharfer Kritiker des umtriebigen Schweizers ("Blatter ist wie ein Aal"), unterstützte den Vorstoß: "Die Torkamera ist längst überfällig, damit könnte man viele Diskussionen beenden."

Seit Jahren gibt es verschiedene technische Möglichkeiten, die Tor-oder-kein-Tor-Frage zu beantworten. Zehn Systeme ließ die FIFA im Frühjahr 2011 testen - die gefordertete "hundertprozentige Verlässlichkeit" konnte naturgemäß keines erfüllen.

Andererseits: Eine so krasse und peinliche Fehlentscheidung wie bei Englands nicht gegebenem Phantomtor im Achtelfinale der letzten WM gegen Deutschland hätte sicher auch die schlechteste der getesteten Apparaturen nicht getroffen.

So oder so: Den Entscheidungs­trägern der FIFA wird offenbar immer klarer, dass eine fundamentalistische Ablehnung technischer Hilfsmittel nicht mehr länger vermittelbar ist. Sport­arten wie Tennis, Eishockey oder Football beweisen schließlich seit Jahren, dass die positiven Effekte überwiegen, wenn das menschliche Auge in Zeiten immer dynamischer und schneller werdender Sportarten nicht ganz auf sich gestellt ist.

Die Mitglieder des regelgebenden International Football Association Board (IFAB) - vier von der FIFA, je eines aus England, Schottland, Wales, Nordirland - werden auf ihrer Tagung vom 2. bis 4. März in London abwägen müssen zwischen der traditionellen Argumentation ("Die Attraktivität des Fußballs liegt in seiner Einfachheit") und den Erfordernissen eines Milliarden-Euro-Geschäfts. Wer weiß schon, ob Torliniensysteme nicht bloß die Speerspitze sind für eine Technisierung der schönsten Nebensache der Welt?

Frank Steinberg
Top3: Sepp Blatter und seine skurrilsten Ideen
1. Nie wieder Elfmeterschießen (2006)
Bis zur WM 2010 in Südafrika wollte der FIFA-Boss das Elfmeterschießen im Finale abschaffen - stattdessen sollte im Bedarfsfall ein Wiederholungsspiel die Entscheidung bringen.

2. Zusätzliche Päuschen (1995)
Jedes Team sollte, so Blatters Plan, einmal pro Halbzeit eine 120-Sekunden-Auszeit nehmen können - rein theore­tisch hätte eine solche Re­gel­ände­rung Platz für 16 weitere Werbespots geschaffen.

3. Ja zu Hotpants! (2005)
Bei seinem Vorstoß, Spiele­rin­nen das Tragen knapper Höschen vorzuschreiben, um mehr Zuschauer und Werbetreibende in die Stadien zu locken, ließ sich Blatter vom Beachvolleyball inspirieren.