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"Facebook" (MO, 13.2.)

Freundschaft als Ware

Facebook Milliardengeschäft mit Freundschaft
Weltmacht Facebook: Allein in Deutchland sind 20 Millionen dabei ARD

Jeder vierte Deutsche ist Mitglied bei Facebook. Eine sehenswerte Doku geht dem Erfolg und dem Geschäftsmodell des sozialen Netzwerks auf den Grund

Es dürfte einer der größten Börsengänge aller Zeiten wer­den. Noch dieses Frühjahr will Mark Zuckerberg mit sei­nem Social Network Facebook aufs Parkett. Geschätzter Wert: 100 Milliarden US-Dollar. Facebook wäre damit so wertvoll wie Daimler und Volks­wagen zusammen. Dabei zah­len die 800 Millionen Mitglieder, die das Netzwerk weltweit zählt, dem Unternehmen keinen Cent. Die ARD-Doku "Facebook" zeigt, wie das Unternehmen Freund­schaft in Dollars verwandelt.

Für Firmen, für Promis und für Privatpersonen gilt zunehmend: Wer nicht bei Facebook ist, existiert nicht. Das Unternehmen sieht seine Mitglieder nicht als Kunden, sondern als Fans. In Wahrheit sind sie allerdings die Ware - Kunden sind die Unternehmen und Agenturen, die das Netzwerk als Werbeplattform buchen. Bis zu eine Million Euro lassen die sich eine Kampagne kosten. Das Geld ist gut angelegt, denn anders als Fernsehen und Zeitschriften liefert Facebook für jedes Produkt die maßgeschneiderte Zielgruppe.

Daten sind das digitale Gold

Das kann das Unternehmen, weil es zu den aggressivsten Datensammlern der digitalen Welt zählt. Wer sich bei Facebook anmeldet, tritt sämtliche Rechte an Texten und Bildern, die er postet, an die Firma im kalifornischen Palo Alto ab. Die Daten werden dort gesammelt und für Werbekunden ausgewertet.
Datenschützern ist diese Praxis ein Dorn im Auge: "Mit den Daten kann man wahnsinnig viel machen: Bonitätsbewertungen etwa. Sie könnten bei Arbeitgebern Nachteile bringen oder beim Abschluss von Versicherungen", warnt Schleswig-Holsteins oberster Datenschützer Thilo Weichert. Bis jetzt geschieht das nicht, doch wie wird das nach einem Börsengang sein, wenn sich die Eigentümerstruktur ändert? Noch bedenklicher findet Weichert den "Gefällt mir"-Button, der mittlerweile auf 15 Prozent aller Websites prangt. Jedes Facebook-Mitglied, das eine solche Seite besucht, wird automatisch registriert. "Für Facebook ist hundertprozentig nachvollziehbar, was ein Mitglied im Internet macht", empört sich Weichert. Jüngst geriet die "Timeline-Chronik" in die Kritik, die Nutzer-Biografien transparenter und über einen längeren Zeitraum einsehbar machen soll.

Inzwischen hat sich das Netzwerk Drittanbietern als Handelsplattform geöffnet. Besonders gut läuft das Geschäft mit Spielen. Man bezahlt mit der haus­eigenen Währung (Facebook-Credits) - und mit persönlichen Daten, die der Spieler dem An­bieter preisgeben muss. 30 Prozent des Umsatzes mit Spielen gehen direkt nach Palo Alto. Im Jahr 2011 waren das 470 Millionen Dollar.

Social Hollywood

Jetzt entdeckt auch Hollywood Social Media als Vertriebskanal. Die Speerspitze bildet der Warner-Konzern, der 2011 mit "The Dark Knight" erstmals einen Film bei Facebook als Stream anbot. Preis: 30 Facebook-Credits. Blockbuster wie "Inception" folgten. Die Konkurrenz von Miramax hält zurzeit 78 Filme bereit. Voraussetzung ist eine Anmeldung bei "Miramax eXperience", bei der man dem Unternehmen seine Daten überlässt. Sie sollen helfen, künftige Filme noch feiner auf Erfolg zu tunen. Noch sind diese Angebote aber auf die USA beschränkt. Zuletzt war sogar von einer Facebook-Bank die Rede. Schufa-Auskünfte bräuchte die nicht einzuholen, sie wüsste ja bereits alles über ihre Kunden. Dem Datenkraken wachsen ständig neue Arme. Umso wichtiger, Mister Zuckerberg auf die Finger zu schauen.

Christian Holst