Ihr Film läuft in der ARD. Haben Sie es jetzt geschafft?
Aron Lehmann Darüber können wir in fünf oder zehn Jahren mal reden. Der Kohlhaas-Film hat mir die Gelegenheit gegeben, mich ein weiteres Mal zu bewähren. Diese Chance will ich natürlich auch wahrnehmen.
Sie sind ja nicht nur Regisseur, sondern auch Drehbuchautor. Was ist für einen Newcomer schwerer: einen Produzenten zu finden, der ein Drehbuch verfilmen will, oder einen Film zu drehen?
Aron Lehmann Schwer zu sagen. Was mir sehr zugute kommt, ist meine Begeisterung für komische Stoffe. Ich stelle fest, dass es auf Seiten der Produzenten ein großes Bedürfnis nach Geschichten gibt, welche die Leute mit Humor unterhalten und sie zum Lachen bringen. Das hat mir manche Türen geöffnet.
"Kohlhaas oder Die Verhältnismäßigkeit der Mittel" ist ja ihr Abschlussfilm an der Filmhochschule. Inwieweit hilft die Hochschule, solche Projekte zu verwirklichen?
Aron Lehmann Die Hochschule unterstützt einen bei der Finanzierung des Films. Es gibt spezielle Fördergelder für Abschlussfilme, um die wir Absolventen uns bewerben können. Da ist die Konkurrenz nicht so groß wie bei teuren Fernseh- und Kinofilmen. Und auch die Sender sind bei Abschlussfilmen durchaus bereit, den Studenten zu helfen.
Und wenn die Fördermittel nicht reichen?
Aron Lehmann Dann muss man sich halt etwas anderes ausdenken. Dann langt es vielleicht nur für einen Kurzfilm. An der HFF Potsdam, an der ich studiert habe, schließen im Jahr nur zwei bis drei Studenten mit einem Langfilm ab. Wir lernen aber auch früh, dass das Geld nicht für alle langt und dass wir unsere Stoffe gut verkaufen müssen, um Fördergelder zubekommen: eine Lehre fürs Leben.
Wie viele Studenten haben mit ihnen Abschluss gemacht?
Aron Lehmann Wir waren eine kleine Klasse von nur zehn Personen. Das Auswahlverfahren ist ziemlich streng. Man wird nur zugelassen, wenn man Erfahrung am Set hat, man muss einen Film einreichen etc. Es werden viele Vorkenntnisse und Erfahrungen verlangt.
Wissen Sie, was aus den anderen neun Absolventen wurde?
Aron Lehmann Pola Beck, mit der ich studiert habe und befreundet bin, zeigt ihren Film "Am Himmel der Tag" auch in der Reihe "Debüt im Ersten". Es wird sich zeigen, wer alles im Beruf bleibt. Wenn man nicht gleich den Anschluss schafft, ist es schon hart. Pola aber wird ihren Weg erfolgreich machen.
Hatten Sie einen Plan B für den Fall, dass es nicht klappt?
Aron Lehmann Eigentlich nicht. Neben meinem wackeligen Standbein als Regisseur habe ich ja noch ein wackliges Standbein als Drehbuchautor. Man kann sich als Absolvent einer Filmhochschule auch überlegen, ob man Werbung macht oder Casting.
Es gibt Produktionsgesellschaften, die schreiben auf ihrer Website: Bitte schicken Sie uns keine Drehbücher ohne Aufforderung zu. Das klingt ja nicht gerade einladend...
Aron Lehmann Ich kann das aber verstehen. Die Vorstellung von unserem Beruf, die in der Öffentlichkeit vorherrscht, ist stark verzerrt. Drehbuchautor oder Regisseur zu sein, hat in der Regel nichts mit Glanz und Glamour zu tun. Man wird meist auch nicht reich, sondern lebt mit hohem finanziellen Risiko.
Ihr Film hat 100.000 Euro gekostet. Man kann daraus ja den Schluss ziehen: Junge Regisseure wie Sie brauchen gar keine großen Etats, sie drehen auch mit bescheidenen Mitteln interessantere Werke als das, was sonst so im Fernsehen läuft...
Aron Lehmann Man kann daraus auch den Schluss ziehen: Sobald Geld ins Spiel kommt, beginnt die Angst. Es fällt schon auf, dass in den letzten Jahren viele Filme für Aufmerksamkeit gesorgt haben, denen vorab niemand kommerzielles Potential zugetraut hat. Ich wünschte mir, dass Geld und Mut zusammenkommen. Schließlich sollen die Schauspieler und Crew auch bezahlt werden.
Die Amis machen mit Serien wie "Breaking Bad" ja vor, dass schräge Stories und ein hoher Produktionsetat einander nicht ausschließen. Können wir das nicht?
Aron Lehmann Doch, ich glaube, Filme wie "Oh Boy", "Love Steaks", "Tore tanzt", "Finsterworld", "Kreuzweg", "Ich fühl mich Disco" oder auch "Kohlhaas" zeigen, dass es in Deutschland nicht an kreativen, experimentierfreudigen Filmschaffenden mangelt. Was oft fehlt, ist der Mut an den Stellen, wo über Gelder entschieden und diese Gelder bewilligt werden, um solche Filme zu drehen, also bei den Produzenten, Förderern und den Sendern. Aber natürlich verfügen die Amis budgetär über ganz andere Möglichkeiten als wir. Ich denke, man sollte sich eher die Dänen zum Vorbild nehmen, wo zum Beispiel mit "Borgen" eine große Serie erschaffen wurde ohne hunderte Millionen Euro Budget.
Was machen Sie als nächstes?
Aron Lehmann Am 1. Oktober ist Drehstart für eine deutsch-griechische Komödie, die auch schon finanziert ist. Die Schauspieler und die Crew erhalten eine Gage. Ich finde das wichtig. Man darf nur einmal in seinem Leben einen Film drehen, bei dem niemand Geld bekommt: das ist der Abschlussfilm. Ansonsten muss alle Arbeit bezahlt werden, schließlich ist das ein Beruf und kein Hobby. Man macht sich als Außenstehender ja oft keine Vorstellung davon, dass hinter einem Film, den man in 90 Minuten im Kino oder im Fernsehen sieht, gerne mal 2 Jahre Schreiben, Vorbereitung, Dreh und Nachbearbeitung stecken.
Wie haben Sie das bei Ihrem Debütfilm hinbekommen?
Aron Lehmann Ich habe in meinem Dorf im Nördlinger Ries gedreht, da haben alle mitgeholfen und mich unterstützt, was sehr wichtig ist, wenn man kein Geld hat. So haben wir uns bei beispielsweise bei der Freiwilligen Feuerwehr das Feuerwehrauto ausgeliehen, mit der Auflage, nicht weiter als fünf Kilometer weg zu fahren. Damit das Fahrzeug einsatzfähig gewesen wäre, wenn es wirklich gebrannt hätte.
Rainer Unruh
Kohlhaas oder Die Verhältnismäßigkeit der Mittel
DO 19.6. ARD 22.45 Uhr
Aron Lehmann Darüber können wir in fünf oder zehn Jahren mal reden. Der Kohlhaas-Film hat mir die Gelegenheit gegeben, mich ein weiteres Mal zu bewähren. Diese Chance will ich natürlich auch wahrnehmen.
Sie sind ja nicht nur Regisseur, sondern auch Drehbuchautor. Was ist für einen Newcomer schwerer: einen Produzenten zu finden, der ein Drehbuch verfilmen will, oder einen Film zu drehen?
Aron Lehmann Schwer zu sagen. Was mir sehr zugute kommt, ist meine Begeisterung für komische Stoffe. Ich stelle fest, dass es auf Seiten der Produzenten ein großes Bedürfnis nach Geschichten gibt, welche die Leute mit Humor unterhalten und sie zum Lachen bringen. Das hat mir manche Türen geöffnet.
"Kohlhaas oder Die Verhältnismäßigkeit der Mittel" ist ja ihr Abschlussfilm an der Filmhochschule. Inwieweit hilft die Hochschule, solche Projekte zu verwirklichen?
Aron Lehmann Die Hochschule unterstützt einen bei der Finanzierung des Films. Es gibt spezielle Fördergelder für Abschlussfilme, um die wir Absolventen uns bewerben können. Da ist die Konkurrenz nicht so groß wie bei teuren Fernseh- und Kinofilmen. Und auch die Sender sind bei Abschlussfilmen durchaus bereit, den Studenten zu helfen.
Und wenn die Fördermittel nicht reichen?
Aron Lehmann Dann muss man sich halt etwas anderes ausdenken. Dann langt es vielleicht nur für einen Kurzfilm. An der HFF Potsdam, an der ich studiert habe, schließen im Jahr nur zwei bis drei Studenten mit einem Langfilm ab. Wir lernen aber auch früh, dass das Geld nicht für alle langt und dass wir unsere Stoffe gut verkaufen müssen, um Fördergelder zubekommen: eine Lehre fürs Leben.
Wie viele Studenten haben mit ihnen Abschluss gemacht?
Aron Lehmann Wir waren eine kleine Klasse von nur zehn Personen. Das Auswahlverfahren ist ziemlich streng. Man wird nur zugelassen, wenn man Erfahrung am Set hat, man muss einen Film einreichen etc. Es werden viele Vorkenntnisse und Erfahrungen verlangt.
Wissen Sie, was aus den anderen neun Absolventen wurde?
Aron Lehmann Pola Beck, mit der ich studiert habe und befreundet bin, zeigt ihren Film "Am Himmel der Tag" auch in der Reihe "Debüt im Ersten". Es wird sich zeigen, wer alles im Beruf bleibt. Wenn man nicht gleich den Anschluss schafft, ist es schon hart. Pola aber wird ihren Weg erfolgreich machen.
Hatten Sie einen Plan B für den Fall, dass es nicht klappt?
Aron Lehmann Eigentlich nicht. Neben meinem wackeligen Standbein als Regisseur habe ich ja noch ein wackliges Standbein als Drehbuchautor. Man kann sich als Absolvent einer Filmhochschule auch überlegen, ob man Werbung macht oder Casting.
Es gibt Produktionsgesellschaften, die schreiben auf ihrer Website: Bitte schicken Sie uns keine Drehbücher ohne Aufforderung zu. Das klingt ja nicht gerade einladend...
Aron Lehmann Ich kann das aber verstehen. Die Vorstellung von unserem Beruf, die in der Öffentlichkeit vorherrscht, ist stark verzerrt. Drehbuchautor oder Regisseur zu sein, hat in der Regel nichts mit Glanz und Glamour zu tun. Man wird meist auch nicht reich, sondern lebt mit hohem finanziellen Risiko.
Ihr Film hat 100.000 Euro gekostet. Man kann daraus ja den Schluss ziehen: Junge Regisseure wie Sie brauchen gar keine großen Etats, sie drehen auch mit bescheidenen Mitteln interessantere Werke als das, was sonst so im Fernsehen läuft...
Aron Lehmann Man kann daraus auch den Schluss ziehen: Sobald Geld ins Spiel kommt, beginnt die Angst. Es fällt schon auf, dass in den letzten Jahren viele Filme für Aufmerksamkeit gesorgt haben, denen vorab niemand kommerzielles Potential zugetraut hat. Ich wünschte mir, dass Geld und Mut zusammenkommen. Schließlich sollen die Schauspieler und Crew auch bezahlt werden.
Die Amis machen mit Serien wie "Breaking Bad" ja vor, dass schräge Stories und ein hoher Produktionsetat einander nicht ausschließen. Können wir das nicht?
Aron Lehmann Doch, ich glaube, Filme wie "Oh Boy", "Love Steaks", "Tore tanzt", "Finsterworld", "Kreuzweg", "Ich fühl mich Disco" oder auch "Kohlhaas" zeigen, dass es in Deutschland nicht an kreativen, experimentierfreudigen Filmschaffenden mangelt. Was oft fehlt, ist der Mut an den Stellen, wo über Gelder entschieden und diese Gelder bewilligt werden, um solche Filme zu drehen, also bei den Produzenten, Förderern und den Sendern. Aber natürlich verfügen die Amis budgetär über ganz andere Möglichkeiten als wir. Ich denke, man sollte sich eher die Dänen zum Vorbild nehmen, wo zum Beispiel mit "Borgen" eine große Serie erschaffen wurde ohne hunderte Millionen Euro Budget.
Was machen Sie als nächstes?
Aron Lehmann Am 1. Oktober ist Drehstart für eine deutsch-griechische Komödie, die auch schon finanziert ist. Die Schauspieler und die Crew erhalten eine Gage. Ich finde das wichtig. Man darf nur einmal in seinem Leben einen Film drehen, bei dem niemand Geld bekommt: das ist der Abschlussfilm. Ansonsten muss alle Arbeit bezahlt werden, schließlich ist das ein Beruf und kein Hobby. Man macht sich als Außenstehender ja oft keine Vorstellung davon, dass hinter einem Film, den man in 90 Minuten im Kino oder im Fernsehen sieht, gerne mal 2 Jahre Schreiben, Vorbereitung, Dreh und Nachbearbeitung stecken.
Wie haben Sie das bei Ihrem Debütfilm hinbekommen?
Aron Lehmann Ich habe in meinem Dorf im Nördlinger Ries gedreht, da haben alle mitgeholfen und mich unterstützt, was sehr wichtig ist, wenn man kein Geld hat. So haben wir uns bei beispielsweise bei der Freiwilligen Feuerwehr das Feuerwehrauto ausgeliehen, mit der Auflage, nicht weiter als fünf Kilometer weg zu fahren. Damit das Fahrzeug einsatzfähig gewesen wäre, wenn es wirklich gebrannt hätte.
Rainer Unruh
Kohlhaas oder Die Verhältnismäßigkeit der Mittel
DO 19.6. ARD 22.45 Uhr