Die von den Anwälten vorgetragene Erklärung der Beate Zschäpe Anfang Dezember bringt Bewegung in den Fall. Mit Konsequenzen auch fürs TV: Was an Spielfilmen zum Thema produziert wird, muss jetzt raus, ehe es von der Realität eingeholt wird.
Die drei ambitionierten TV-Dramen der ARD zum Thema NSU-Morde gehen im März auf Sendung. Das Zweite hat seinen Zschäpe-Film "Letzte Ausfahrt Gera" eilig fertiggestellt und kommt damit schon im Januar.
Die drei ambitionierten TV-Dramen der ARD zum Thema NSU-Morde gehen im März auf Sendung. Das Zweite hat seinen Zschäpe-Film "Letzte Ausfahrt Gera" eilig fertiggestellt und kommt damit schon im Januar.
Laufen zwei Sender mit demselben Thema um die Wette, ist das für den Zuschauer meist wenig ertragreich. Diesmal ist das anders. Weil es insgesamt so wenig Informationen über die Morde der drei Nazis gibt, ist jedes neue Detail willkommen. So viele Menschen - allen voran die Hinterbliebenen der Toten - wollen endlich wissen, was tatsächlich geschah. Und welche Rolle Beate Zschäpe in dem Mordtrio spielte.
Busfahrt zur kranken Oma
Regisseur Raymond Ley ("Meine Tochter Anne Frank") bedient sich eines Kunstgriffs. Er verfilmt eine trivial erscheinende Begebenheit aus dem Sommer 2013. Beate Zschäpe durfte ihre kranke Großmutter besuchen. Besonderheit: Auf der achtstündigen Fahrt wurde sie von Verhörexperten begleitet, die über Small Talk versuchten, neue Erkenntnisse zu gewinnen oder sich zumindest ein Bild vom Innenleben der Rechtsradikalen zu machen.
Um es vorwegzunehmen: Überraschende neue Informationen kann Ley nicht präsentieren. Doch durch Zusammenstellung und Visualisierung bekannter Fakten trägt er dazu bei, der heute 41-Jährigen Konturen zu geben. Bisher ist Beate Zschäpe für die meisten nicht mehr als ein Punkt-Punkt-Komma-Strich-Gesicht, das sich von den Kameras der Journalisten abwendet.
Liebesbriefe ins Gefängnis
In nachgestellten Gerichtsszenen erfährt man, dass Zschäpe von Bekannten "Diddlmaus" genannt wurde, "weil sie so eine süße Maus ist". Sie bekommt Liebesbriefe ins Gefängnis, auch Anders Breivik schreibt ihr. Der Mann, der in Norwegen 77 Menschen aus Fremdenhass tötete, spricht der "Schwester" seine Anerkennung aus.
Angehörige der Toten berichten, wie sie bei ihren schmerzhaften Aussagen vor Gericht von Zschäpe direkt angesehen wurden, mit regungslosem Gesicht, aber einem Mund, der Kaugummiblasen produziert. Man sieht, wie Hinterbliebene in diesem nun seit Mai 2013 andauernden Prozess aufgefordert werden, die Körperhaltung ihres getöteten Sohns nachzustellen. Neben Zschäpes Schweigen vergrößert auch die kühle Prozessführung das ohnehin schon übergroße Leid. Regisseur Ley hat all das im Gerichtssaal erlebt.
Der Fall Zschäpe hat auch eine erotische -Komponente. Schließlich lebte die Frau mit zwei Männern auf engstem Raum - was lief da genau? Bekannt ist auch, dass von ihr immer wieder Pornos im Internet aufgerufen wurden. Wer dazu neigt, sich die leere Zschäpe-Projektionsfläche mit einem sexuell aufgeladenen Fluchtszenario à la "Bonnie und Clyde" vollzupinseln, der wird vom Regisseur ernüchtert: Nach Faktenlage war die Terrorzelle so aufregend wie ein Dixie-Klo.
Busfahrt zur kranken Oma
Regisseur Raymond Ley ("Meine Tochter Anne Frank") bedient sich eines Kunstgriffs. Er verfilmt eine trivial erscheinende Begebenheit aus dem Sommer 2013. Beate Zschäpe durfte ihre kranke Großmutter besuchen. Besonderheit: Auf der achtstündigen Fahrt wurde sie von Verhörexperten begleitet, die über Small Talk versuchten, neue Erkenntnisse zu gewinnen oder sich zumindest ein Bild vom Innenleben der Rechtsradikalen zu machen.
Um es vorwegzunehmen: Überraschende neue Informationen kann Ley nicht präsentieren. Doch durch Zusammenstellung und Visualisierung bekannter Fakten trägt er dazu bei, der heute 41-Jährigen Konturen zu geben. Bisher ist Beate Zschäpe für die meisten nicht mehr als ein Punkt-Punkt-Komma-Strich-Gesicht, das sich von den Kameras der Journalisten abwendet.
Liebesbriefe ins Gefängnis
In nachgestellten Gerichtsszenen erfährt man, dass Zschäpe von Bekannten "Diddlmaus" genannt wurde, "weil sie so eine süße Maus ist". Sie bekommt Liebesbriefe ins Gefängnis, auch Anders Breivik schreibt ihr. Der Mann, der in Norwegen 77 Menschen aus Fremdenhass tötete, spricht der "Schwester" seine Anerkennung aus.
Angehörige der Toten berichten, wie sie bei ihren schmerzhaften Aussagen vor Gericht von Zschäpe direkt angesehen wurden, mit regungslosem Gesicht, aber einem Mund, der Kaugummiblasen produziert. Man sieht, wie Hinterbliebene in diesem nun seit Mai 2013 andauernden Prozess aufgefordert werden, die Körperhaltung ihres getöteten Sohns nachzustellen. Neben Zschäpes Schweigen vergrößert auch die kühle Prozessführung das ohnehin schon übergroße Leid. Regisseur Ley hat all das im Gerichtssaal erlebt.
Der Fall Zschäpe hat auch eine erotische -Komponente. Schließlich lebte die Frau mit zwei Männern auf engstem Raum - was lief da genau? Bekannt ist auch, dass von ihr immer wieder Pornos im Internet aufgerufen wurden. Wer dazu neigt, sich die leere Zschäpe-Projektionsfläche mit einem sexuell aufgeladenen Fluchtszenario à la "Bonnie und Clyde" vollzupinseln, der wird vom Regisseur ernüchtert: Nach Faktenlage war die Terrorzelle so aufregend wie ein Dixie-Klo.
Selbst gebastelte Brettspiele
Das Trio um Zschäpe, hier überzeugend gespielt von Lisa Wagner ("Kommissarin Heller"), versuchte, sich mit dem Verkauf von selbst gebastelten Nazi-Brettspielen zu finanzieren. Doch kam man mit dem Ausschneiden und Kleben nicht nach, außerdem war die Zahlungsmoral der rechten Kundschaft zu schlecht.
Als Uwe Böhnhardt (Christoph Förster) und Uwe Mundlos (Kai Malina) nach einem Mordanschlag gehetzt in die gemeinsame Wohnung zurückkehren, fordert Beate Zschäpe unbewegt: "Schuhe aus." Raymond Ley wertete für diese Szene Aufnahmen einer Überwachungskamera aus, die die Nazis in ihrer Zwickauer Wohnung selbst installiert hatten. Man sieht Uwe Böhnhardt, wie er nach dem Besuch eines Kumpels auf Knien den Flur mit dem Handfeger säubert.
Belegt durch das zwölfseitige Protokoll des Gesprächs im Auto ist auch eine glaubhafte Mitleidsbekundung der Nazifrau - für sich selbst: "Wussten Sie, dass die Zellen nur auf 18 Grad geheizt werden?" Zschäpe hätte es gern wärmer.
Wütend macht sie, dass sie in einem Zeitungsartikel "bauernschlau" genannt wurde. Die einzige Aussage über sich selbst: "Ich bin eine Meisterin im Verdrängen." Und das gilt es zu verhindern.
Frank I. Aures
Letzte Ausfahrt Gera - Acht Stunden mit Beate Zschäpe
DI 26.1. ZDF 20.15 Uhr
Das Trio um Zschäpe, hier überzeugend gespielt von Lisa Wagner ("Kommissarin Heller"), versuchte, sich mit dem Verkauf von selbst gebastelten Nazi-Brettspielen zu finanzieren. Doch kam man mit dem Ausschneiden und Kleben nicht nach, außerdem war die Zahlungsmoral der rechten Kundschaft zu schlecht.
Als Uwe Böhnhardt (Christoph Förster) und Uwe Mundlos (Kai Malina) nach einem Mordanschlag gehetzt in die gemeinsame Wohnung zurückkehren, fordert Beate Zschäpe unbewegt: "Schuhe aus." Raymond Ley wertete für diese Szene Aufnahmen einer Überwachungskamera aus, die die Nazis in ihrer Zwickauer Wohnung selbst installiert hatten. Man sieht Uwe Böhnhardt, wie er nach dem Besuch eines Kumpels auf Knien den Flur mit dem Handfeger säubert.
Belegt durch das zwölfseitige Protokoll des Gesprächs im Auto ist auch eine glaubhafte Mitleidsbekundung der Nazifrau - für sich selbst: "Wussten Sie, dass die Zellen nur auf 18 Grad geheizt werden?" Zschäpe hätte es gern wärmer.
Wütend macht sie, dass sie in einem Zeitungsartikel "bauernschlau" genannt wurde. Die einzige Aussage über sich selbst: "Ich bin eine Meisterin im Verdrängen." Und das gilt es zu verhindern.
Frank I. Aures
Letzte Ausfahrt Gera - Acht Stunden mit Beate Zschäpe
DI 26.1. ZDF 20.15 Uhr