Es ist mitten in der Nacht, als die Bomben einschlagen. Zigtausend Liter Diesel verpuffen in einem gewaltigen Feuerball. In Sekundenbruchteilen verwandelt sich das Flussbett in ein flammendes Inferno, darin Menschen wie Fackeln. Ein Fanal.
Am 4. September 2009 werden bei einem Luftangriff in Afghanistan mehr als 130 Menschen, darunter zahlreiche Zivilisten und Kinder, getötet oder verletzt - auf Befehl eines deutschen Soldaten. Der Vorfall macht weltweit Schlagzeilen. Vier Jahre danach fragt jetzt das ARD-Dokudrama Eine mörderische Entscheidung: Wie konnte es dazu kommen? Wer trägt die Schuld?
Am 4. September 2009 werden bei einem Luftangriff in Afghanistan mehr als 130 Menschen, darunter zahlreiche Zivilisten und Kinder, getötet oder verletzt - auf Befehl eines deutschen Soldaten. Der Vorfall macht weltweit Schlagzeilen. Vier Jahre danach fragt jetzt das ARD-Dokudrama Eine mörderische Entscheidung: Wie konnte es dazu kommen? Wer trägt die Schuld?
In einer Mischung aus Spiel- und Dokuszenen, Archivbildern und Interviews mit Zeitzeugen erzählt der hochkarätig besetzte TV-Film von Raymond Ley ("Die Nacht der großen Flut") von einer Verkettung der Ereignisse mit dramatischen Folgen. Im Fokus: ein überforderter Kommandeur in einer sich zuspitzenden Gefahrenlage. In der Hauptrolle: Matthias Brandt als Bundeswehroberst Georg Klein, daneben spielen Axel Milberg, Matthias Koeberlin, Franz Dinda und Vladimir Burlakov.
Krieg in "Bad Kundus"
Der Film verharrt dabei nicht in der peniblen Nachstellung von Realität. Gerade zu Beginn dominiert die Spielfilmhandlung. "Es war uns wichtig, dass der Film in einer bestimmten Größe atmen kann", so der Filmemacher, der seine Story mit fünf jungen Soldaten eröffnet, die im Frühjahr 2009 gemeinsam mit dem Kommandeur ihren Dienst im Lager Kundus antreten. Zu einer Zeit, als sich die Lage im über lange Zeit ruhigen, von einigen deswegen als "Bad Kundus" veralberten Einsatzgebiet verschärft. Minen, Hinterhalte, Beschuss: 87 "sicherheitsrelevante Vorfälle" verzeichnet das Verteidigungsministerium zwischen April und September.
Die Truppe ist zunehmend frustriert, als man die ersten Verluste hinnehmen muss und keine erkennbaren Erfolge sieht. Als ein Talibankommando mit zwei gekaperten Tanklastzügen unweit des Camps auf einer Sandbank im Kundusfluss stecken bleibt, soll sich das ändern ...
Ab hier verlässt der Film das weite Feld der Interpretation, der Stimmungslagen und Zwischentöne zugunsten einer minutiösen Rekonstruktion des Ablaufs. Fortan schrieben Protokolle des parlamentarischen Untersuchungsausschusses und des Funkverkehrs zwischen Befehlsstand und zwei US-Piloten, die den Todesbefehl letztlich ausführten, das Drehbuch.
Brisante Black Box
Es sind geheime Unterlagen, über deren Herkunft der Produzent Ulrich Lenze "verständlicherweise nichts sagen kann". Ihr Inhalt ist brisant. Er macht offenkundig, dass am Kommandostand in Kundus nicht alles mit rechten Dingen zuging, bevor Klein um 1.35 Uhr den Befehl gab, einen Ort zu bombardieren, der von den meisten Talibankämpfern bereits verlassen war.
Hätte man die Menschen im Umfeld der Lastwagen nicht warnen müssen? Nahmen die Militärs den Tod von Zivilisten bewusst in Kauf? Die Bundeswehr und ihre politische Führung wollen den Vorfall vergessen machen, lehnten jegliche Interviewanfragen seitens der Filmproduktion ab. Ebenso Klein, der mittlerweile zum Brigadegeneral befördert wurde. "Das ist in meinen Augen ein Skandal", sagt Lay. "Aber es zeigt auch, welchen Weg die Bundeswehr einschlagen will."
Sein Film, der wohl niemanden unbeeindruckt lassen wird, holt die Affäre Kundus ins öffentliche Bewusstsein zurück. Im Anschluss an den Ausstrahlungstermin im Ersten beschäftigt sich "Anne Will" (21.45 Uhr) mit dem Luftangriff und den Auswirkungen auf künftige Auslandseinsätze der Bundeswehr.
Heiko Schulze
Eine mörderische Entscheidung
FR 30.8. ARTE 20.15 Uhr
MI 4.9. Das Erste 20.15 Uhr
Krieg in "Bad Kundus"
Der Film verharrt dabei nicht in der peniblen Nachstellung von Realität. Gerade zu Beginn dominiert die Spielfilmhandlung. "Es war uns wichtig, dass der Film in einer bestimmten Größe atmen kann", so der Filmemacher, der seine Story mit fünf jungen Soldaten eröffnet, die im Frühjahr 2009 gemeinsam mit dem Kommandeur ihren Dienst im Lager Kundus antreten. Zu einer Zeit, als sich die Lage im über lange Zeit ruhigen, von einigen deswegen als "Bad Kundus" veralberten Einsatzgebiet verschärft. Minen, Hinterhalte, Beschuss: 87 "sicherheitsrelevante Vorfälle" verzeichnet das Verteidigungsministerium zwischen April und September.
Die Truppe ist zunehmend frustriert, als man die ersten Verluste hinnehmen muss und keine erkennbaren Erfolge sieht. Als ein Talibankommando mit zwei gekaperten Tanklastzügen unweit des Camps auf einer Sandbank im Kundusfluss stecken bleibt, soll sich das ändern ...
Ab hier verlässt der Film das weite Feld der Interpretation, der Stimmungslagen und Zwischentöne zugunsten einer minutiösen Rekonstruktion des Ablaufs. Fortan schrieben Protokolle des parlamentarischen Untersuchungsausschusses und des Funkverkehrs zwischen Befehlsstand und zwei US-Piloten, die den Todesbefehl letztlich ausführten, das Drehbuch.
Brisante Black Box
Es sind geheime Unterlagen, über deren Herkunft der Produzent Ulrich Lenze "verständlicherweise nichts sagen kann". Ihr Inhalt ist brisant. Er macht offenkundig, dass am Kommandostand in Kundus nicht alles mit rechten Dingen zuging, bevor Klein um 1.35 Uhr den Befehl gab, einen Ort zu bombardieren, der von den meisten Talibankämpfern bereits verlassen war.
Hätte man die Menschen im Umfeld der Lastwagen nicht warnen müssen? Nahmen die Militärs den Tod von Zivilisten bewusst in Kauf? Die Bundeswehr und ihre politische Führung wollen den Vorfall vergessen machen, lehnten jegliche Interviewanfragen seitens der Filmproduktion ab. Ebenso Klein, der mittlerweile zum Brigadegeneral befördert wurde. "Das ist in meinen Augen ein Skandal", sagt Lay. "Aber es zeigt auch, welchen Weg die Bundeswehr einschlagen will."
Sein Film, der wohl niemanden unbeeindruckt lassen wird, holt die Affäre Kundus ins öffentliche Bewusstsein zurück. Im Anschluss an den Ausstrahlungstermin im Ersten beschäftigt sich "Anne Will" (21.45 Uhr) mit dem Luftangriff und den Auswirkungen auf künftige Auslandseinsätze der Bundeswehr.
Heiko Schulze
Eine mörderische Entscheidung
FR 30.8. ARTE 20.15 Uhr
MI 4.9. Das Erste 20.15 Uhr