Es ist sein zweiter Hollywood-Film. Der erste brachte ihm Weltruhm und seiner Partnerin Kate Winslet den ersehnten Oscar. Beim zweiten führte Steven Spielberg Regie. David Kross, gerade mal 21 Jahre alt, schickt sich an, in Hollywood Fuß zu fassen.

Mit nur zwei klug gewählten Nebenrollen, 2009 in "Der Vorleser" und jetzt in "Gefährten" (Kinostart am 16. Februar), hat der Junge aus Bargteheide bei Hamburg geschafft, wonach die meisten seiner Kollegen ein Leben lang vergeblich trachten.

Sie alle haben einen Traum. Den Traum von Hollywood. Und wenn die Traumfabrik ruft, gehen sogar die Stars der Branche brav zum Vorsprechen - so geschehen, als Quentin Tarantino 2009 die deutsche Besetzung für "Inglourious Basterds" suchte und die heimische Schauspielelite um Audienz Schlange stand.

Auf der Besetzungsliste finden sich von B (Daniel Brühl) über G (Sylvester Groth) und K (Diane Kruger) bis zu S (Til Schweiger) die bekanntesten deutschen Schauspieler. Doch ein anderer schaffte die Sensation. Christoph Waltz, der als SS-Oberst Hans Landa - furchtbarer Spitzname: "der Judenjäger" - die Rolle seines Lebens spielte.

In Deutschland hatte er 30 Jahre lang konstant Leistung gezeigt, war Roy Black gewesen und der Oetker-Entführer, doch zum Star hatte der eigenbrötlerische Wiener mit deutschem Pass und Wohnsitz in London bislang nicht getaugt.

Weltstar über Nacht

Mit den "Basterds" wurde er über Nacht zum Weltstar, heimste alle Preise ein, die die Kinowelt zu vergeben hat, und krönte den Preisregen mit dem Oscar 2010. In seiner Rede dankte Waltz, der Englisch wie seine Muttersprache spricht, Quentin Tarantino: "Du hast mir meine Berufung zurückgegeben."

Seither gehört Waltz zur A-Liga Hollywoods, wählt seine Rollen klug und nach dem Lustprinzip. Er spielt trashige Blockbuster wie "The Green Hornet", Dramen wie "Wasser für die Elefanten" und brillierte zuletzt in Roman Polanskis Kammerspiel "Der Gott des Gemetzels" an der Seite der Oscar-Preisträgerinnen Kate Winslet und
Jodie Foster.

Von vergleichbaren Angeboten und der Wertschätzung, die Waltz allenthalben in der Traumfabrik entgegengebracht wird, können die meisten seiner Landsleute nur träumen. Einzig Til Schweiger, der mit Abstand erfolgreichste deutsche Schauspieler, dreht mit schöner Regelmäßigkeit auch in den USA ("Lara Croft", "Inglourious Basterds").

Dass Hollywood ihn immer wieder haben will, liegt nicht zuletzt daran, dass Schweiger zu Hause ein Kassenmagnet ist und Millionen Zuschauer ins Kino lockt. Von dieser Beliebtheit wollen die US-Major-Studios profitieren. Trotzdem gaben ihm die Produzenten des gerade angelaufenen Episodenfilms "Happy New Year" nur einen höchst überschaubaren Part, den er routiniert, aber irgendwie lustlos bewältigt.
Wie Schweiger spielen

Deutsche, ohne zu murren, in der Traumfabrik selbst die kleinsten Rollen, machen dafür aber in Interviews oft ein umso größeres Tamtam darum, dass sie Bond-Bösewicht (Claude-Oliver Rudolph in "Die Welt ist nicht genug"), Darsteller in einem Blockbuster (Ralf Moeller in "Gladiator") oder Co-Star eines zweifachen Oscar-Preisträgers wie Robert De Niro waren, von dem sie dann gern vertraulich als "Bob" sprechen.

Für "Bob" ließ Martina Gedeck, fraglos eine unserer Besten, kurz vor Drehbeginn die längst versprochene Hauptrolle in "Nicht alle waren Mörder" sausen. Und das, obwohl der Part an De Niros Seite in "Der gute Hirte" im Film nur wenige Minuten dauert und sich die offensichtlich heiß ersehnte Weltkarriere bereits mit diesem Engagement erschöpft hatte.

Auch Exmodel Diane Kruger, seit Wolfgang Petersens "Troja" ein Shootingstar, wird meist nur als dekorative Begleitung des männlichen Stars besetzt, wie zuletzt im Thriller "Unknown Identity" an der Seite von Liam Neeson. Auch der Dessauer
Thomas Kretschmann, der seinen Durchbruch 2002 in "Der Pianist" hatte und seit vielen Jahren in Los Angeles lebt, hat es nicht in die erste Reihe geschafft.

Und Franka Potente, auf der seit dem internationalen Erfolg von Tom Tykwers "Lola rennt" alle deutschen Hoffnungen ruhten, hatte im Thriller "Die Bourne Identität" zwar die Hauptrolle neben Matt Damon, spielte aber in der Fortsetzung "Die Bourne Verschwörung" nur noch eine Winzrolle.

Um sich dauerhaft in Hollywood zu etablieren, muss man dort leben und sich dem hektischen Rhythmus anpassen. Oft kommt die Anfrage für eine Rolle nur Stunden vorm Castingtermin. "Tatort"-Kommissar Mehmet Kurtulus, dessen Lebensgefährtin Désirée Nosbusch in L. A. lebt, weiß ein Lied davon zu singen. "Um halb eins kam das Buch per Kurier, der Termin zum Vorsprechen war für Viertel nach drei angesetzt. Von unserem Zuhause ins Studio ist's eine gute Dreiviertelstunde Fahrt. Zur Vorbereitung hatte ich also knapp zwei Stunden Zeit. In Hollywood ist das ganz normal."

Doch nur die wenigsten deutschen Schauspieler wollen dauerhaft in L. A. leben und versuchen deshalb, die Hollywood-Karriere von Deutschland aus in Gang zu bringen. Das klappt seit ein paar Jahren häufiger als früher. Weil Hollywood inzwischen auch mit deutschem Geld Filme dreht (wie gerade Tom Tykwer und die Wachowski-Brüder mit ihrem 100 Millionen Euro teuren Film "Wolkenatlas"), ist der Bedarf an deutschen Schauspielern größer geworden.

Auch Matthias Schweighöfer hofft nach seinem Part im Tom-Cruise-Film "Walküre" auf eine neue Chance. "Na klar träum auch icke von Hollywood. Tun doch alle." Eine US-Agentur hat er schon gefunden, jetzt arbeitet er daran, seinen (Berliner) Akzent wegzukriegen.

Wenn's nach Schauspielcoach Bernhard Hiller geht, den man aus Til Schweigers gefloppter Castingshow "Mission Hollywood" kennt, muss er das gar nicht. "Dass es so wenige Deutsche in Hollywood schaffen, liegt nicht etwa an ihrem Akzent, sondern daran, dass sie nicht lernfähig sind", sagt Hiller, der schon mit Brad Pitt, Michelle Pfeiffer und George Clooney gearbeitet hat.

"Dustin Hoffman, Al Pacino und Robert De Niro arbeiten noch heute regelmäßig mit ihren Coaches, darum sind sie auch so gut."

Susanne Sturm
Mitarbeit: Volker Bleeck