Es war in Breslau, vor fünf Jahren, bei der Verfilmung von Marcel Reich-Ranickis Autobiographie "Mein Leben" fürs Erste. Matthias Schweighöfer, der den großen Literaturkritiker in seiner Jugend verkörperte, sagte in einer Drehpause inmitten der nachgebauten Kulissen des Warschauer Ghettos: "Es ist ein Wunder, dass Marcel Reich-Ranicki den Terror der Nazis überlebt hat." Jetzt ist der Mann, der sich nie kleinkriegen ist, nicht von der SS und auch später nicht von Salonantisemiten in der Bundesrepublik gestorben. Marcel Reich-Ranicki erlag mit 93 Jahren in Frankfurt am Main den Folgen einer Prostatakrebserkrankung.
Zum Fernsehen kam Marcel Reich-Ranicki erst spät. Als er 1988 im ZDF den Vorsitz im "Literarischen Quartett" übernahm, galt er lägst als "Literaturpapst" - einen Ruf, den er sich durch so sachkundige wie scharfzüngige Kritiken in "Zeit" und "FAZ" erworben hatte. Sein rollendes R, seine apodiktischen Urteile und seine lustvoll vor der Kamera zelebrierten Streitigkeiten mit der kühlen "Quartett"-Kontrahentin Sigrid Löffler machten ihn rasch über den engen Kreis der Literaturliebhaber bekannt. Seinen Kritikern, die ihm Banalisierung auf dem Bildschirm vorwarfen, entgegnete er in typischem Reich-Ranicki-Stil: "Gibt es im ‚Quartett‘ ordentliche Analysen literarischer Werke? Nein, niemals. Wird hier vereinfacht? Unentwegt. Ist das Ergebnis oberflächlich? Es ist sogar sehr oberflächlich."
Allerdings nicht so oberflächlich wie der Rest des Fernsehens. Als Marcel Reich-Ranicki vor fünf Jahren der Deutsche Fernsehpreis für sein Lebenswerk verliehen werden sollte, sorgte der strenge alte Mann für einen Eklat, als er die Auszeichnung ablehnte. Er rügte bei der von Thomas Gottschalk moderierten Gala den "Blödsinn, den wir hier heute Abend zu sehen bekommen haben." Damit löste Reich-Ranicki eine Debatte über die Qualität im deutschen Fernsehen aus, an der sich im Internet Tausende beteiligten und die zu einer Show mit Gottschalk und Reich-Ranicki führte, in der beide noch einmal ihre Standpunkte vortrugen.
Bei allem Respekt vor dem Urteil des 88-Jährigen, der anders als das Gros des Fernsehpersonals klar und deutlich seine Meinung sagte, wurde aber auch deutlich, dass MRR kein Verständnis für die Entwicklung des Fernsehens zu Comedy und zu ironischen Formen hatte, in denen Genres und Konventionen lustvoll demontiert wurden.
Der Mann, der die Klassiker liebte, war am Ende selbst einer.
AKTUELLE PROGRAMMÄNDERUNG AUS ANLASS DES TODES VON MARCEL REICH-RANICKI:
Zur Erinnerung an Marcel Reich-Ranicki ändern ZDF und ZDFinfo ihr Programm. Am heutigen Mittwoch, 18. September 2013, sendet ZDFinfo um 20.15 Uhr ein Porträt des "Herrn der Bücher": "Marcel Reich-Ranicki - Ein Leben für die Literatur". Im ZDF ist der Film um 23.15 Uhr zu sehen.
Am Donnerstag, 19. September 2013, erinnern sich Gäste und Weggefährten bei "Markus Lanz" um 23.15 Uhr an den "Literaturpapst". Um 0.45 Uhr sendet das ZDF den Porträtfilm "Ich, Reich-Ranicki". Autoren des Films aus dem Jahr 2006 sind Lutz Hachmeister und Gert Scobel.
Zum Fernsehen kam Marcel Reich-Ranicki erst spät. Als er 1988 im ZDF den Vorsitz im "Literarischen Quartett" übernahm, galt er lägst als "Literaturpapst" - einen Ruf, den er sich durch so sachkundige wie scharfzüngige Kritiken in "Zeit" und "FAZ" erworben hatte. Sein rollendes R, seine apodiktischen Urteile und seine lustvoll vor der Kamera zelebrierten Streitigkeiten mit der kühlen "Quartett"-Kontrahentin Sigrid Löffler machten ihn rasch über den engen Kreis der Literaturliebhaber bekannt. Seinen Kritikern, die ihm Banalisierung auf dem Bildschirm vorwarfen, entgegnete er in typischem Reich-Ranicki-Stil: "Gibt es im ‚Quartett‘ ordentliche Analysen literarischer Werke? Nein, niemals. Wird hier vereinfacht? Unentwegt. Ist das Ergebnis oberflächlich? Es ist sogar sehr oberflächlich."
Allerdings nicht so oberflächlich wie der Rest des Fernsehens. Als Marcel Reich-Ranicki vor fünf Jahren der Deutsche Fernsehpreis für sein Lebenswerk verliehen werden sollte, sorgte der strenge alte Mann für einen Eklat, als er die Auszeichnung ablehnte. Er rügte bei der von Thomas Gottschalk moderierten Gala den "Blödsinn, den wir hier heute Abend zu sehen bekommen haben." Damit löste Reich-Ranicki eine Debatte über die Qualität im deutschen Fernsehen aus, an der sich im Internet Tausende beteiligten und die zu einer Show mit Gottschalk und Reich-Ranicki führte, in der beide noch einmal ihre Standpunkte vortrugen.
Bei allem Respekt vor dem Urteil des 88-Jährigen, der anders als das Gros des Fernsehpersonals klar und deutlich seine Meinung sagte, wurde aber auch deutlich, dass MRR kein Verständnis für die Entwicklung des Fernsehens zu Comedy und zu ironischen Formen hatte, in denen Genres und Konventionen lustvoll demontiert wurden.
Der Mann, der die Klassiker liebte, war am Ende selbst einer.
AKTUELLE PROGRAMMÄNDERUNG AUS ANLASS DES TODES VON MARCEL REICH-RANICKI:
Zur Erinnerung an Marcel Reich-Ranicki ändern ZDF und ZDFinfo ihr Programm. Am heutigen Mittwoch, 18. September 2013, sendet ZDFinfo um 20.15 Uhr ein Porträt des "Herrn der Bücher": "Marcel Reich-Ranicki - Ein Leben für die Literatur". Im ZDF ist der Film um 23.15 Uhr zu sehen.
Am Donnerstag, 19. September 2013, erinnern sich Gäste und Weggefährten bei "Markus Lanz" um 23.15 Uhr an den "Literaturpapst". Um 0.45 Uhr sendet das ZDF den Porträtfilm "Ich, Reich-Ranicki". Autoren des Films aus dem Jahr 2006 sind Lutz Hachmeister und Gert Scobel.