Er ist ein Psychiater in der Krise und mit Macken. Eine übergriffige Patientin hat ihn wegen sexueller Nötigung angeklagt, ein Unbekannter seine Tagebücher gestohlen, die innerste Abgründe und geheimste Wünsche offenbaren. "Tatort"-Kommissar Axel Milberg spielt in der ARD-Komödie "Der Liebling des Himmels" den Psychotherapeuten Dr. Magnus Sorel, einen Miesepeter und Zwangsneurotiker à la Jack Nicholson in "Besser geht's nicht", der seinen Ekel vor den Mitmenschen nur mühsam verbergen kann und auf eine lange Reise der Läuterung geschickt wird.

Wo gemeinhin Redakteure und Senderverantwortliche ein gehöriges Wörtchen mitreden wollen, hatte der Schweizer Filmemacher Dani Levy ("Alles auf Zucker") bei Buch und Regie freie Hand. Einzige Bedingung: Axel Milberg spielt die Hauptrolle. Herausgekommen ist eine höchst eigenwillige schwarze Komödie.

TV SPIELFILM: Axel Milberg, der Sender hat Ihnen einen Film geschenkt. Freuen Sie sich?

AXEL MILBERG Ich sage mit scheuem Selbstvertrauen: Wir beschenken uns gegenseitig. ­Eigentlich wollte ich ja einen Schauspieler spielen, der durch schicksalhafte Fügung Gutes tun muss. Es gibt schon so viele Psychologen im Fernsehen, wenn sie nicht Polizisten sind - aber dann kam der Glücksfall: Dani Levy. Er hat die Figur Magnus Sorel erfunden, mit allen Psychosen, die man sich denken kann.
Die halbe deutsche Film- und Fernsehgeschichte läuft mal eben durchs Bild und winkt.

AXEL MILBERG Das fand ich ganz toll. Vielen bin ich ja schon einmal begegnet, aber dass Mario Adorf, Stefan Kurt und andere für kurze Engagements, manche für Ein­tages- oder nur Halbtagesrollen zur Verfügung standen, war dann wirklich ein Geschenk und nicht zuletzt Dani Levy geschuldet, der als Kinokomödienregisseur großes Renommee hat.

DANI LEVY Karl Dall hat die Idee sofort verstanden, dass es lustig sein könnte, wenn er als Karl Dall beim Psychiater sitzt. Nicht jeder hat diese Selbstironie.

Und Günther Jauch?

DANI LEVY Dass der seine Talkshow ausgeliehen hat, ist schon ein Flash. Sind wir hier eigentlich in einer fiktiven Geschichte oder befinden wir uns in unserem Fernsehalltag? Ich mag es, wenn Schein und Realität durchei­nandergeworfen werden. Was ist real, was ist Inszenierung?

Ist das der Grund, weshalb Sie auf Proben verzichten?

DANI LEVY Ja, ich liebe das. Ich habe viele Jahre versucht, den perfekten Film zu machen, mit zermürbenden Drehtagen, langen Proben, präzisen Markierungen, um irgendwann zu merken, dass ich viel Energie für Dinge verwende, die nicht wirklich relevant sind.

Und was wäre relevant?

DANI LEVY Das, was wirklich zwischen Menschen in einer Szene passiert. Ich versuche, das impulsive, unvorbereitete und unchoreografierte Leben in die Dreharbeiten mit hineinzunehmen. Und Milberg ist jemand, dem das liegt.

Milberg ist kein Perfektionist?

DANI LEVY Doch, ist er. Aber ihm liegt das Ausprobieren. Er ist ein wirklich spielerischer, fast schon kindlich neugieriger Verrückter.

AXEL MILBERG Ich muss in gewisser Weise unvorbereitet sein, dann kommt die Spiellust. Es ist aber keine Reality oder Improvisation, denn jedes Wort, das ich sage, steht genauso im Drehbuch.

DANI LEVY Ein gutes Buch ist für mich die Basis, ansonsten gibt es keine Vorbereitung, bevor wir den Take machen. Nichts. Sie wissen, wo's eingeleuchtet ist, das war's.

AXEL MILBERG Wir hatten eine Szene in einem arabischen Kulturclub, da hat Levy mir gesagt: Du gehst rein und setzt dich an den freien Tisch, dein Spielpartner kommt irgendwann. Den Dialog kennst du ja. Dann kam es zum Tumult. Irgendwelche Männer sind mich angegangen, haben mich hochgezogen und wieder runtergedrückt, und ich habe vergeblich versucht, in dem ganzen Gebrabbel mein Stichwort rauszuhören. Gefühlte zwanzig Minuten später spuckte mich dieser Raum mit allerlei Schrammen wieder aus. Da saß das Team feixend und kichernd vor dem Monitor.

DANI LEVY Während der Dreharbeiten sammle ich Momente, vertraue auf eine authentische, reflexhafte Art zu spielen. Das ist lebendiger, geht schneller, ist befriedigender - und macht allen mehr Spaß. Aber mir ist schon bewusst, dass ich einen Film mache und keine Therapiestunde.

Es ist eine schwarze Komödie, die nicht über den schnellen Gag funktioniert, sondern...

DANI LEVY ...über die Intelligenz, hoffe ich. Film ist ein Monster, ich weiß wirklich nie, was daraus wird. Der Kampf entscheidet sich im Schneideraum.

Ein schmerzhafter Prozess?

DANI LEVY Ja, mit Phasen, in denen ich total verzweifle. Aber das ist auch der Reiz des Filmemachens. Es ist kein kontrollierbares ­Unterfangen.

Dani Levy hat ja bereits einen Schweizer "Tatort" gedreht, wie wäre es mal mit einem Kieler?

AXEL MILBERG Ich hoffe, dass wir ­weiter zusammenarbeiten, in welchem Genre auch immer. Der "Tatort" wäre eine gute Idee. ­Absolut.

DANI LEVY Okay, ich mache das. Aber ich brauche ein gutes Buch.

Heiko Schulze

Der Liebling des Himmels
FR 18.9. Das Erste 20.15 Uhr