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Basketball-EM mit Dirk Nowitzki & Dennis Schröder

Zwei Überflieger in Berlin

Taktikbesprechung Basketball
Dirk Nowitzki (2. v.r.) sucht immer wieder das Gespräch mit Dennis Schröder: Vom Zusammenspiel der NBA-Stars hängt der EM-Erfolg der deutschen Basketballer maßgeblich ab Imago

Hohe Vorgaben: Bei der Basketball-EM in Frankreich steht das deutsche "Dream Team" um die beiden NBA-Stars mächtig unter Druck.

Als Dirk Nowitzki Mitte August nach vierjähriger Abstinenz wieder im Kreis der deutschen Nationalmannschaft auftauchte, begrüßten alte und neue Mitspieler ihren Superstar im Trainingslager auf Mallorca mit einer Videobotschaft. Darin ist von ersten grauen Haare die Rede, von Rheumadecken, einem Rollator und einem Sauerstoffzelt - "keine Sorge, die Ärzte und Physios sind alle vorbereitet auf Dirk", fasst Robin Benzing die erfrischend respektlose Frotzelei gegen den Team-Senior zusammen. Ausgerechnet Benzing, der Nowitzki als Back-up auf der Position des Power Forwards entlasten soll...

Nowitzki, in diesem Sommer 37 geworden, weiß die gute Stimmung in der jungen Mannschaft zu schätzen. Und versichert im Gespräch mit TV SPIELFILM, dass es um seine körperliche Verfassung kurz vor der Basketball-EM (5. bis 20. September) gar nicht so schlecht bestellt ist: "Es wird natürlich von Jahr zu Jahr schwieriger mit der Vorbereitung, aber das schaffe ich schon." Schließlich sei die Europameisterschaft mit Deutschland als Co-Gastgeber (die Vorrundenspiele von Nowitzki & Co. finden in Berlin statt, siehe Termine rechts) für ihn "etwas ganz Besonderes und eine tolle Sache".
EuroBasket
Die Gruppenspiele des deutschen Teams auf einen Blick:
Eine tolle Sache wäre sicher auch ein ausgedehnter Sommerurlaub mit Ehefrau Jessica und den Kindern Malaika (2) und Max (5 Monate) gewesen - stattdessen verbrachte Nowitzki ­einen Großteil der NBA-freien Zeit wie schon so oft mit seinem väterlichen Freund und Coach Holger Geschwindner: Vor dem Abflug nach Mallorca absolvierte der Musterprofi von den Dallas Mavericks bereits ein dreiwöchiges Einzeltraining. Und um seine Fitness habe er sich ohnehin über die gesamte Zeit hinweg gekümmert, "drei- bis viermal pro Woche, auch im Urlaub!"

Die Chancen, dass sich die Quälerei auszahlt, stehen gut. Denn anders als bei manch früherem großen Turnier ist es nicht allein Nowitzkis Extraklasse, die hie­sige Basketballfans mit Blick auf die Europameisterschaft träumen lässt: Um den NBA-All-Star wird sich diesmal mit dem Point-
Guard-Talent Dennis Schröder (21, Atlanta Hawks) sowie Center Tibor Pleiß (25), der nach der EM zu Utah Jazz wechselt, ein kleines NBA-Dream-Team scharen. Mindestens Platz sieben - und ­damit die Teilnahme an einem Qualifikationsturnier für Olympia 2016 in Rio de Janeiro - soll für die Jungs von Bundestrainer Chris Fleming am Ende rausspringen.

Besonders große Hoffnungen setzt Fleming dabei nicht nur auf seinen fleißigen Altstar, sondern auch auf Schröder, der im zweiten NBA-Jahr gerade einen kometenhaften Aufstieg erlebt hat und dem nicht wenige Experten schon jetzt eine große Karriere in der besten Basketballliga der Welt voraussagen. "Wir träumen alle von Rio, es wäre die größte Ehre, bei Olympia dabei zu sein und gegen die Besten der Welt zu spielen", formuliert Schröder seine nächsten Ziele mit der Nationalmannschaft im Stile eines Pressesprechers.

Der Sprung in die NBA hat den Sohn eines Deutschen und einer Gambierin reifen lassen - und noch selbstbewusster gemacht: "Ich habe es all denen gezeigt, die nicht an mich geglaubt haben, und dafür habe ich hart trainiert." "Dennis hat sich super entwickelt", bestätigt Nowitzki, dem besonders Schröders "Schnelligkeit und Übersicht" imponieren. "Er wird für uns definitiv eine große Rolle spielen bei der EM."

Dass die Verantwortung im Offensivspiel der deutschen Nationalmannschaft künftig auch auf den vergleichsweise schmalen Schultern des 1,87 Meter großen Shootingstars lasten wird, zeigte sich bereits im zweiten gemeinsam absolvierten EM-Test am 16. August gegen Kroatien. Schröder war der auffälligste Akteur auf dem Spielfeld. Zwar konnte er die 63 : 80-Schlappe am Ende auch nicht verhindern, aber es war immer zu spüren, dass er bereit ist, die Mannschaft zu führen.

Bis zum Turnierstart wird nun an ­seiner wohl wichtigsten Aufgabe gefeilt: Er soll Nowitzki durch Tempoaktionen zum Korb den Raum für freie Würfe verschaffen. Während der EM-Vorrunde in Berlin muss das Generationen-Tandem (Schröder war gerade drei Jahre alt, als Nowitzki 1997 sein erstes Länderspiel bestritt) dann schnell ins Rollen kommen: Die deutsche Auswahl trifft auf Island, Vizeweltmeister Serbien, die Türkei, Italien und den Olympia-Zweiten Spanien.

Die ersten vier Teams jeder Gruppe erreichen die K.-o.-Runde im französischen Lille. "Wir haben eine ganz schwierige Gruppe mit vier echten Hochkarätern," sagt Nowitzki und streicht die Bedeutung des Auftaktmatchs am 5. September heraus: "Island muss man auf jeden Fall schlagen, wenn man das Achtelfinale erreichen will. Und das sollte unser Minimalziel sein." Kleiner Schönheitsfehler: Qualifiziert sich Deutschland nur als Gruppenvierter, würde dort wohl Gastgeber und Titelverteidiger Frankreich warten.

Frank Steinberg