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EM war gestern ...

wieder Rudelgucken

wieder Rudelgucken
Imago Sportfotodienst

Schließlich wollten alle, wirklich alle, den nächsten Auftritt des tapferen Fanlieblings Island sehen. Und so findet man sich, wie vielfach bei großen Turnieren, mal wieder in einer Riesenrunde wieder.

Foto: ZDF
Fußballgucken mit Menschen, die sonst nicht drei Livefußballspiele in der Woche schauen und eine gewisse Verrücktheit mitbringen - das kann nerven. Etwa, weil man alle zwei Jahre wieder erklären muss, warum der tschechische Torhüter Petr Cech mit "so einem komischen Helm" spielt, warum der Reporter immer von "CR7" spricht oder warum Mesut Özil die Nationalhymne nicht mitsingt.

Andererseits kann es passieren, dass man sich von Mitsehern mit (un)gesundem (Fußball)Halbwissen belehren lassen muss, dass der isländische Co-Trainer einen Nebenjob als Zahnarzt hat und der Torhüter als Filmemacher unter anderem das Video zu Islands Beitrag zum Eurovision Song Contest von vor vier Jahren gedreht hat. Danke für die Info! Da freuen wir uns doch schon auf die Zeit, wenn wir irgendwann an einem Samstagmittag um 13.00 Uhr wieder mit ein oder zwei wirklichen Kennern der Materie (und lächerlichen 150000 Sky-Kunden) ein Zweitliga-Mittelfeldduell anschauen können.

Immerhin hatten wir gestern wieder Glück mit dem Kommentator. Nicht, dass er der Beste wäre, aber Béla Réthy ist einer der wenigen, die die französischen Namen richtig aussprechen können, die zwangsläufig bei den EM-Übertragungen auftauchen. Eine Wohltat im Vergleich zu vielen seiner Kollegen. Besonders ärgerlich sind die Berichterstatter, die vorgeben die richtige Aussprache zu beherrschen.... Nein, es heißt nicht "Sso"-Denis oder "Sso"-Etienne, sondern Saint-Denis und Saint-Etienne. Überflüssig war gestern allerdings, dass uns der Sprachakrobat Réthy (Deutsch, Ungarisch, Portugiesisch, Englisch, Französisch, Spanisch) auch kurz vor der Halbzeit noch weismachen wollte, dass die Isländer noch zurückkommen und für Spannung sorgen könnten. Er wollte wohl die Eventfans bei der Stange halten. Schwierig. Spätestens nach dem 4:0 widmeten sich denn auch einige meiner Mitseher wieder Nichtfußballthemen. Hätten sie auch in der Kneipe machen können. Irgendwann sah sogar Réthy ein, dass das Fußballmärchen für die Nordmänner, die mit der "Huh"-Anfeuerung ihrer Fans inzwischen ja fast sektenmäßig unterwegs waren, jetzt zu Ende ist. Und das ist auch in Ordnung so.

Oliver Junge