"Die Zeiten, sich öffentlich komplett frei zu bewegen, sind im Moment etwas eingeschränkt", sagt sie lachend und zündet sich eine Zigarette an. Seit Natalia Wörner eine mehr als freundschaftliche Beziehung zu Bundesjustizminister Heiko Maas eingegangen ist, steht die Schauspielerin unter besonderer Beobachtung.

"Keine unkomplizierte Situation, aber das Leben verfolgt manchmal einen sehr eigenen Plan." Das Bohei auf dem Boulevard der Klatschpresse hat sie letztlich nicht wirklich verwundert, "aber sehr eindrücklich deutlich gemacht, dass ich jetzt und in Zukunft mein Privates besser privat lasse, wie schon seit einigen Jahren".

Natalia Wörner gehört zu jener Garde ihres Fachs, die immer auch abseits ihrer darstellerischen Kunst wahrgenommen wird. Die 48­-Jährige vor allem als selbstbewusste Prominente, die sich engagiert und einmischt, politisch wie sozial, in Gesprächsrunden, auf Preisverleihungen und Banketts. Fotos im "Playboy" dürfen es aber auch mal sein. In der Titelfigur einer neuen ARD­-Reihe scheint jetzt beides, Image und Rolle der Schauspielerin, auf wundersame Weise zusammenzufinden.

Natalia Wörner ist "Die Diplomatin" Karla Lorenz, eine Sonderbeauftragte im Auswär­tigen Amt, die weiß, was sie will - die Welt besser machen - , in der Wahl ihrer Mittel und Wege dabei aber oft aneckt. "Einerseits Teil des politischen Apparats, den sie auch bedient, dann wieder Outlaw", beschreibt sie ihren Rollencharakter. Eine Unbequeme, die polarisiert und auch scheitert: Als Botschaf­terin in Bahrain hatte sie einst einen Eklat provoziert, nun wird sie "zur besonderen Verwendung" immer dahin geschickt, wo es gerade brennt.

Mit der großen Politik auf Du

"Das Botschaftsattentat" lautet der Untertitel des Films, in dem Lorenz in Tunis Opfer ei­nes islamistischen Selbstmordkommandos wird, aber davonkommt. Während der Dreharbeiten, die im spanischen Cádiz stattfinden, zünden die Attentäter von Paris ihre Bomben. Für die Schauspielerin ist es eine eindrückliche Erfahrung, "dass man aus der Realität in eine Fiktion, nämlich die von Dreharbeiten, einsteigt und die Grenzen plötzlich fließend sind". Das fiktive Horror­szenario bildet jetzt den Auftakt der Reihe, die ursprünglich im November mit der zuvor gedrehten Folge "Entführung in Manila" hätte starten sollen. Warum nun der zweite Film vorgezogen wird, auch wenn man damit klei­ne Anschlussfehler in Kauf nimmt, erklärt sich für die Schauspielerin von selbst: "Die Relevanz könnte nicht größer sein."

Tatsächlich ist die Folge auf unheimliche Weise zeitnah. Nach Paris kam Brüssel, und "der Terror ist Teil unseres Alltags geworden", konstatiert Natalia Wörner, bevor sie ener­gisch einfordert: "Aber wir haben uns dage­gen zu wehren, indem wir unsere Freiheit nicht einschränken."

Natalia Wörner gibt nicht klein bei, sie ist eine Kämpferin, will etwas tun, auch etwas gutmachen, sie hat den Tsunami überlebt. Das ist zwölf Jahre her und Teil ihrer Biografie. Körperlich vollkommen unversehrt und doch mittendrin stand sie da, um sie herum Tote, Verletzte und Sterbende. "Ich verstand nicht, warum bin ich jetzt nicht die oder die?" Eine Frage, aus der Schuldgefühle sprechen und auf die es keine Antwort gibt. Für sie ist die Erfahrung der Urimpuls für einen fast ak­tionistischen karitativen Einsatz, der ihr das Bundesverdienstkreuz einbrachte.
"Da geht man kurz in die Knie. Das ist nicht wie ein Filmpreis", sagt sie über die Verleihung. "Das ist nicht wie ein Filmpreis."
Aufmerksamkeit erregt im vergangenen Oktober ihre Reise als Botschafterin der Kindernothilfe in den Libanon - begleitet von einem TV­-Team und der Bildzeitung. Natalia Wörner weiß, wie man öffentlichkeitswirksam Hilfsprojekte antreibt, seit sie 2005 den Verein Tsunami Direkthilfe gründete.

In diesem Kontext trifft sie auch Frank­-Walter Steinmeier, damals unter Bundeskanzler Ger­hard Schröder im Kanzleramt. Der Kontakt geht nie komplett verloren, und zufällig sieht sie am selben Tag, an dem ihr die Rolle der Karla Lorenz angeboten wird, den jetzigen Außenminister auf einer Veranstaltung wie­der. Mit "Frank, stell dir vor, ich ziehe bei dir ins Auswärtige Amt ein", fragt sie, ob man Realpolitik und das Konzept der neuen Reihe nicht zusammen bringen kann. Man be­spricht sich, und kurz darauf begleitet sie den obersten Dienstherrn des Auswärtigen Amts auf diplomatischem Terrain, als Teil der Kulturdelegation auf einer Dienstreise nach Korea und Indonesien.

"Schicksalhafte Begegnungen und Mo­ mente sind in meinem Leben eine eigenwilli­ ge Perlenkette", sagt sie. "Da kann man eini­ges dran auffädeln." Was hat sie mitbekom­men vom Machtpoker? "Zunächst einmal, wie die Kommunikation im diplomatischen Dienst funktioniert, dass es einen Unterschied macht, ob man etwas ,unter drei‘ mitbe­kommt, sprich: vertraulich, oder ob man das in der Version haben möchte, in der man das zwei Tage später überall lesen kann." Jetzt klingt sie selbst ganz nach Politikerin und stellt schnell richtig: "Der Film ist kein Heldenepos des Auswärtigen Amts."

Kein Mord in schöner Landschaft

Auch im Mittelalter­-Event "Säulen der Erde" und in der Krimireihe "Unter anderen Um­ständen" steht Natalia Wörner für starke, selbstbewusste Frauenfiguren. Sie kann aber auch anders, wie in "Die Mutter des Mörders" (lief im September 2015 im ZDF), "wo ich eine vereinsamte Supermarktverkäuferin spiele, die komplett überfordert ist. Am Anfang haben alle gezuckt, nach dem Motto: Geht das? Es ging, und es war ein erfolgreicher Film."

Jetzt ist sie gespannt, wie "Die Diplomatin" angenommen wird. "Das ist ja kein kleiner Mord in schöner Landschaft", betont Natalia Wörner die Brisanz der Auftaktfolge. Dass die Fernsehfiction von der Publicity um die Schauspielerin sekundiert wird, sollte der Einschaltquote entgegenkommen. Man darf davon ausgehen, dass die ARD die lose Reihe fortsetzt und Natalia Wörner den ein oder anderen Krisenherd noch besuchen wird. Aber möchte sie denn nicht mal wieder et­was mit Happy End machen? "Unbedingt, ich bin eine Happy­-End­-Verfechterin - im Leben wie im Film."

Heiko Schulze