Seit einem Jahrhundert produziert die Ufa Spielfilme. Grund zum Feiern, aber auch Anlass, die Nazivergangenheit von Deutschlands ältester Filmproduktion zu untersuchen. Bei einem Symposium des Berliner Filmmuseums Deutsche Kinemathek im Mai wiesen Filmwissenschaftler einem Fachpublikum nach, dass die Ufa die Nazis mit offenen Armen empfing. "Hitlerjunge Quex" wurde sogar schon vor der Machtergreifung 1933 produziert, quasi in Vorausahnung des deutschen Massengeschmacks. Erstaunlicherweise wurden hoch qualifizierte jüdische Filmschaffende und Publikumslieblinge trotzdem noch lange für Ufa-Produktionen eingesetzt, auch wenn das den Unwillen der Nazioberen erregte.
Wie sehr die NS-Zeit auf die Deutschen und auch auf die zeitgenössischen Produktionen der Ufa nach wirkt, wurde beim anschließenden Podiumsgespräch mit Nico Hofmann deutlich. "Viele Entwicklungen in meiner Familie gehen zurück auf Erfahrungen im Dritten Reich", erklärte der wohl einflussreichste TV Produzent Deutschlands. "Bei meinem Vater ist es ganz klar der Krieg, bei meiner Mutter war es die Hitlerjugend. Meine Mutter hat jahrelang gebraucht, um zu begreifen, dass es Hitler nicht mehr gibt. Dass er als Gott, als Vater nicht mehr zur Verfügung steht."
Hofmanns jahrzehntelange Auseinandersetzung mit den Eltern mündete in eine lange Reihe von Filmen, die sich mit Nazis, Krieg und Nachkriegszeit beschäftigen: "Stauffenberg" (2004), "Die Luftbrücke" (2005), "Dresden" (2006), "Nicht alle waren Mörder" (2006), "Die Flucht" (2007), "Hindenburg" (2011), "Rommel" (2012), "Unsere Mütter, unsere Väter" (2013), "Nackt unter Wölfen" (2015), "Ku'damm 56" (2016). "Zu den allermeisten dieser Filme gibt es eine Verbindung in meine Familiengeschichte", sagt Hofmann.
Ein Mann arbeitet sich am Verhältnis zu seinen Eltern ab, und die da durch inspirierten TVFilme sind jedes Mal Publikumserfolge mit Millionenquoten. Weil Hofmann einen Finger am Puls des Publikums hat oder weil er besonders spannende und unterhaltsame Filme herstellen kann?
Wie sehr die NS-Zeit auf die Deutschen und auch auf die zeitgenössischen Produktionen der Ufa nach wirkt, wurde beim anschließenden Podiumsgespräch mit Nico Hofmann deutlich. "Viele Entwicklungen in meiner Familie gehen zurück auf Erfahrungen im Dritten Reich", erklärte der wohl einflussreichste TV Produzent Deutschlands. "Bei meinem Vater ist es ganz klar der Krieg, bei meiner Mutter war es die Hitlerjugend. Meine Mutter hat jahrelang gebraucht, um zu begreifen, dass es Hitler nicht mehr gibt. Dass er als Gott, als Vater nicht mehr zur Verfügung steht."
Hofmanns jahrzehntelange Auseinandersetzung mit den Eltern mündete in eine lange Reihe von Filmen, die sich mit Nazis, Krieg und Nachkriegszeit beschäftigen: "Stauffenberg" (2004), "Die Luftbrücke" (2005), "Dresden" (2006), "Nicht alle waren Mörder" (2006), "Die Flucht" (2007), "Hindenburg" (2011), "Rommel" (2012), "Unsere Mütter, unsere Väter" (2013), "Nackt unter Wölfen" (2015), "Ku'damm 56" (2016). "Zu den allermeisten dieser Filme gibt es eine Verbindung in meine Familiengeschichte", sagt Hofmann.
Ein Mann arbeitet sich am Verhältnis zu seinen Eltern ab, und die da durch inspirierten TVFilme sind jedes Mal Publikumserfolge mit Millionenquoten. Weil Hofmann einen Finger am Puls des Publikums hat oder weil er besonders spannende und unterhaltsame Filme herstellen kann?
Serie über den jungen Hitler
"Ich bekenne mich dazu, dass ich die Mehrzahl der Menschen erreichen will", sagt Hofmann. Das bedeutet, dass seine Filme am Hauptabend um 20.15 Uhr laufen müssen - und daher aus Jugendschutzgründen manchmal nicht so hart erzählt werden dürfen, wie die Themen es eigentlich verlangen. Wann beginnt ein eigentlich sauber recherchierter Film - worauf Hofmann großen Wert legt -, unter diesen Bedingungen trotzdem ungenau zu werden? Und wie sehr darf man Geschichte emotionalisieren? Wie sehr darf mit Liebesgeschichten nachgesüßt werden?
Dass seine Filme selbst Geschichtsschreibung betreiben, besonders als Unterrichtsmaterial an Schulen, ist Hofmann bewusst. Sein erklärtes und oft erreichtes Ziel ist die gesellschaftliche Debatte. "Es muss etwas auslösen. ‚Unsere Mütter, unsere Väter‘ war dazu da wehzutun, meinem eigenen Vater wehzutun", sagt Hofmann. Ein Schlüsselerlebnis war für ihn die Ausstrahlung des US-Vierteilers "Holocaust", der die fiktive Geschichte der jüdischen Familie Weiss im Nationalsozialismus erzählte und 1979 in Deutschland von 20 Millionen Menschen gesehen wurde. Die Sender verzeichneten über 30 000 Anrufe erschütterter Zuschauer. "Diese Serie hat ein fast fünfjähriges Zerwürfnis mit meinen Eltern zur Folge gehabt", erinnert sich Hofmann. "Ich habe gesagt: Das habt ihr nie erzählt! Und das war sehr melodramatisch gemacht. Darf man das? Bei mir hat es Dinge in Gang gebracht, die ohne die Serie nicht passiert wären."Doch das ist mittlerweile lange her. Hofmanns Auseinandersetzung mit dem Dritten Reich ist weit gediehen. "Ich habe innerlich Frieden damit geschlossen. Auch in der Auseinandersetzung mit meinen Eltern."
Hofmann, Motor der Ufa-Historienfilme, wird ab September allein über die gesamte Ufa-Gruppe herrschen. Er will weitere Filme produzieren, wird damit aber angesichts der vielen neuen administrativen Aufgaben wohl deutlich kürzertreten müssen. Eine Serie über den jungen Hitler würde er trotzdem gern noch produzieren. Weil sie in die aktuelle Debatte über Rechtspopulismus passen würde. Die Drehbücher sind fertig, die Entwicklung hat bereits eine halbe Million Euro verschlungen - aber kein Sender will das Projekt haben. Nachdem RTL Ende 2016 abgesprun gen war, wird jetzt mit einem großen Streaminganbieter, wohl Netflix, verhandelt. "Ich habe noch drei, vier Ideen", sagt Hofmann. "Aber wenn es dann nicht geht, dann geht es eben nicht."
Autor: Frank I. Aures
Dass seine Filme selbst Geschichtsschreibung betreiben, besonders als Unterrichtsmaterial an Schulen, ist Hofmann bewusst. Sein erklärtes und oft erreichtes Ziel ist die gesellschaftliche Debatte. "Es muss etwas auslösen. ‚Unsere Mütter, unsere Väter‘ war dazu da wehzutun, meinem eigenen Vater wehzutun", sagt Hofmann. Ein Schlüsselerlebnis war für ihn die Ausstrahlung des US-Vierteilers "Holocaust", der die fiktive Geschichte der jüdischen Familie Weiss im Nationalsozialismus erzählte und 1979 in Deutschland von 20 Millionen Menschen gesehen wurde. Die Sender verzeichneten über 30 000 Anrufe erschütterter Zuschauer. "Diese Serie hat ein fast fünfjähriges Zerwürfnis mit meinen Eltern zur Folge gehabt", erinnert sich Hofmann. "Ich habe gesagt: Das habt ihr nie erzählt! Und das war sehr melodramatisch gemacht. Darf man das? Bei mir hat es Dinge in Gang gebracht, die ohne die Serie nicht passiert wären."Doch das ist mittlerweile lange her. Hofmanns Auseinandersetzung mit dem Dritten Reich ist weit gediehen. "Ich habe innerlich Frieden damit geschlossen. Auch in der Auseinandersetzung mit meinen Eltern."
Hofmann, Motor der Ufa-Historienfilme, wird ab September allein über die gesamte Ufa-Gruppe herrschen. Er will weitere Filme produzieren, wird damit aber angesichts der vielen neuen administrativen Aufgaben wohl deutlich kürzertreten müssen. Eine Serie über den jungen Hitler würde er trotzdem gern noch produzieren. Weil sie in die aktuelle Debatte über Rechtspopulismus passen würde. Die Drehbücher sind fertig, die Entwicklung hat bereits eine halbe Million Euro verschlungen - aber kein Sender will das Projekt haben. Nachdem RTL Ende 2016 abgesprun gen war, wird jetzt mit einem großen Streaminganbieter, wohl Netflix, verhandelt. "Ich habe noch drei, vier Ideen", sagt Hofmann. "Aber wenn es dann nicht geht, dann geht es eben nicht."
Autor: Frank I. Aures