Salvatore, seit vielen Jahren Kellner in einem der Cafés am Markusplatz, erinnert sich noch gut an den baumlangen Mann, der stundenlang still an einem Tisch saß und die Umgebung beobachtete. Den eindrucksvollen Platz, den gewaltigen Dom und den von Jahr zu Jahr ein bisschen mehr in Schieflage geratenden Glockenturm, den Campanile. "Es muss Ende Februar gewesen sein. Die Saison hatte jedenfalls noch nicht begonnen, und wir hatten noch nicht viele Gäste. Der Mann war sehr freundlich, sprach sehr gut Italienisch und wirkte seltsam in sich versunken. "
Acht Wochen später - in Salvatores Café tummelten sich längst Touristenmassen aus aller Welt - hat er den riesigen Kerl wiedergesehen, nur einen Steinwurf von seinen Tischen entfernt. Da stand Florian Henckel von Donnersmarck, überragte mit seiner Größe von 2,05 Metern die umstehende Menge um Haupteslänge und sprach - mit Johnny Depp. "Mamma mia", sagt Salvatore andächtig, "der Mann ist wohl eine Berühmtheit. Das habe ich gar nicht gewusst. Wie heißt der noch gleich?"
Das fragten sich auch viele Amerikaner, als der Deutsche mit dem ellenlangen Namen 2007 für das außergewöhnliche Stasidrama "Das Leben der Anderen" den Oscar gewann. Floriähn who? Der Spross eines schlesischen Adelsgeschlechts, dessen Wurzeln bis ins 14. Jahrhundert zurückreichen, eroberte gleich mit seinem ersten Langfilm zunächst Deutschland, dann Europa und schließlich auch Hollywood im Sturm.
Entschlossen, die Gunst der Stunde zu nutzen, nahm sich Donnersmarck, nicht nur von Statur, sondern auch vom Selbstbewusstsein ein Kraftmeier, in den USA eine namhafte Agentur, betrieb offensives Networking und wechselte den Agenten, als der ihm nicht effektiv genug arbeitete. In den letzten drei Jahren war er für mehrere Filme im Gespräch, darunter der Thriller "The 28th Amendment" mit Tom Cruise, doch keines der Angebote ließ sich realisieren. Während Hollywood nur leise spottete, "the big mouth German" habe den Mund wohl etwas zu voll genommen, schüttete die heimische Presse Kübel voller Häme über ihn aus.
Das fragten sich auch viele Amerikaner, als der Deutsche mit dem ellenlangen Namen 2007 für das außergewöhnliche Stasidrama "Das Leben der Anderen" den Oscar gewann. Floriähn who? Der Spross eines schlesischen Adelsgeschlechts, dessen Wurzeln bis ins 14. Jahrhundert zurückreichen, eroberte gleich mit seinem ersten Langfilm zunächst Deutschland, dann Europa und schließlich auch Hollywood im Sturm.
Entschlossen, die Gunst der Stunde zu nutzen, nahm sich Donnersmarck, nicht nur von Statur, sondern auch vom Selbstbewusstsein ein Kraftmeier, in den USA eine namhafte Agentur, betrieb offensives Networking und wechselte den Agenten, als der ihm nicht effektiv genug arbeitete. In den letzten drei Jahren war er für mehrere Filme im Gespräch, darunter der Thriller "The 28th Amendment" mit Tom Cruise, doch keines der Angebote ließ sich realisieren. Während Hollywood nur leise spottete, "the big mouth German" habe den Mund wohl etwas zu voll genommen, schüttete die heimische Presse Kübel voller Häme über ihn aus.
Erst hochjubeln, dann kleinmachen - eine deutsche Unsitte, die schon so manchen Star zur Verzweiflung trieb. Doch dann meldete sich Donnersmarck, den sein Bruder Brontosaurus nennt, "weil ich immerzu am Essen bin", mit einem Paukenschlag zurück. Nach einer turbulenten Vorgeschichte (siehe unten) übernahm er die Regie des Thrillers "The Tourist". Hauptdarsteller: die Superstars Angelina Jolie und Johnny Depp.
Neider sagen, er habe bewusst eine Kulisse gewählt, in der die Welt ihm auf die Finger schauen kann und somit schon die Dreharbeiten zum öffentlichen Spektakel werden. Denn in Venedig, Schauplatz unzähliger Filme, kann niemand unbeobachtet arbeiten. Zu eng sind die Gassen, zu groß ist die Menge der Touristen (20 Millionen pro Jahr), als dass man komplette Motive fürs Drehen absperren könnte.
Zur Qual wurde das, als Johnny Depp, in weißer Smokingjacke, auf dem Markusplatz flanieren musste. Tausende gaffender Touristen drängten sich am Rand des Sets, die Dutzenden, in schwarze Overalls gekleideten Security-Männer konnten die lärmenden Massen nicht im Zaum halten. Der Dreh musste abgebrochen werden.
Ein Albtraum für einen Perfektionisten wie Donnersmarck, der auch Weltstars eine Szene so lange wiederholen lässt, bis sie ihm gefällt. "Ich habe eine Angewohnheit, die meine Schauspieler wahnsinnig macht", gesteht der Regisseur. Er notiert alles, was ihm am Spiel seiner Darsteller nicht gefällt, auf einen Block: "Eine Geste, die mich nicht überzeugt, eine Betonung, die in meinen Ohren falsch war. Zwischen den Einstellungen arbeite ich das Punkt für Punkt mit ihnen ab." Seine Erfahrung zeige, "dass Schauspieler wollen, dass man mit ihnen gemeinsam nach dem wahrhaftigen Moment sucht. Sie lassen sich helfen."
Die Stimmung am Set, so hört man, sei ausgezeichnet gewesen, die Stars und ihr Regisseur auf einer Wellenlänge. Angelina Jolie, die mit Lebensgefährte Brad Pitt und den sechs Kindern für drei Monate im Palazzo Mocenigo am Canal Grande logierte, vertraute ihm sogar ihre Kinder an, Johnny Depp lud ihn auf seine Yacht "Vajoliroja" ein, die im Hafen von Venedig vor Anker lag.
Karrieren wie seine liebt man im Land der unbegrenzten Möglichkeiten, auch wenn Donnersmarcks Tempo selbst die spontanen Amerikaner zu überfordern schien. Denn der 37-Jährige blieb 2007 nicht nur für ein paar Wochen, sondern zog kurz entschlossen mit Ehefrau Christiane und den drei Kindern in die USA. Für Donnersmarck, den fließend mehrsprachigen Cosmopoliten, der in New York (sechs Jahre), Berlin (drei Jahre), Frankfurt am Main (vier Jahre) und Brüssel (vier Jahre) aufwuchs, ein logischer Schritt.
"Aber dass er sich in Hollywood gleich eine dicke Villa mit Pool gemietet hat und in einem weißen Rolls-Royce mit Chauffeur durch die Gegend gekurvt ist, fanden dann doch alle recht befremdlich", erzählt ein Insider, "besonders, wo man in Hollywood jetzt auf ökologisch korrekte Hybridautos setzt." Doch dem "Floriähn" musste schon immer egal sein, was die anderen von ihm dachten.
Denn die Deutschen halten ihren Adel per se für arrogant und mit Standesdünkel behaftet - Erfolgsmenschen wie von Donnersmarck und sein Cousin, Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg, machen da keine Ausnahme. Also gilt die Devise: Nach außen Haltung bewahren und ein dickes Fell wachsen lassen.
Das wird er brauchen, denn auch er weiß, dass der erste Film nach dem Oscar sein schwerster sein wird. Die Erwartungshaltung ist hoch, ein Scheitern würde das Ende seiner Blitzkarriere bedeuten. Dass er das Budget (es soll zwischen 50 und 100 Millionen Dollar liegen) wird einhalten können, scheint Branchenkennern fraglich. Explodieren die Kosten, steigt auch der Erfolgsdruck weiter an. Ganz schön spannend derzeit, das Leben des Anderen.
Susanne Sturm
Neider sagen, er habe bewusst eine Kulisse gewählt, in der die Welt ihm auf die Finger schauen kann und somit schon die Dreharbeiten zum öffentlichen Spektakel werden. Denn in Venedig, Schauplatz unzähliger Filme, kann niemand unbeobachtet arbeiten. Zu eng sind die Gassen, zu groß ist die Menge der Touristen (20 Millionen pro Jahr), als dass man komplette Motive fürs Drehen absperren könnte.
Zur Qual wurde das, als Johnny Depp, in weißer Smokingjacke, auf dem Markusplatz flanieren musste. Tausende gaffender Touristen drängten sich am Rand des Sets, die Dutzenden, in schwarze Overalls gekleideten Security-Männer konnten die lärmenden Massen nicht im Zaum halten. Der Dreh musste abgebrochen werden.
Ein Albtraum für einen Perfektionisten wie Donnersmarck, der auch Weltstars eine Szene so lange wiederholen lässt, bis sie ihm gefällt. "Ich habe eine Angewohnheit, die meine Schauspieler wahnsinnig macht", gesteht der Regisseur. Er notiert alles, was ihm am Spiel seiner Darsteller nicht gefällt, auf einen Block: "Eine Geste, die mich nicht überzeugt, eine Betonung, die in meinen Ohren falsch war. Zwischen den Einstellungen arbeite ich das Punkt für Punkt mit ihnen ab." Seine Erfahrung zeige, "dass Schauspieler wollen, dass man mit ihnen gemeinsam nach dem wahrhaftigen Moment sucht. Sie lassen sich helfen."
Die Stimmung am Set, so hört man, sei ausgezeichnet gewesen, die Stars und ihr Regisseur auf einer Wellenlänge. Angelina Jolie, die mit Lebensgefährte Brad Pitt und den sechs Kindern für drei Monate im Palazzo Mocenigo am Canal Grande logierte, vertraute ihm sogar ihre Kinder an, Johnny Depp lud ihn auf seine Yacht "Vajoliroja" ein, die im Hafen von Venedig vor Anker lag.
Karrieren wie seine liebt man im Land der unbegrenzten Möglichkeiten, auch wenn Donnersmarcks Tempo selbst die spontanen Amerikaner zu überfordern schien. Denn der 37-Jährige blieb 2007 nicht nur für ein paar Wochen, sondern zog kurz entschlossen mit Ehefrau Christiane und den drei Kindern in die USA. Für Donnersmarck, den fließend mehrsprachigen Cosmopoliten, der in New York (sechs Jahre), Berlin (drei Jahre), Frankfurt am Main (vier Jahre) und Brüssel (vier Jahre) aufwuchs, ein logischer Schritt.
"Aber dass er sich in Hollywood gleich eine dicke Villa mit Pool gemietet hat und in einem weißen Rolls-Royce mit Chauffeur durch die Gegend gekurvt ist, fanden dann doch alle recht befremdlich", erzählt ein Insider, "besonders, wo man in Hollywood jetzt auf ökologisch korrekte Hybridautos setzt." Doch dem "Floriähn" musste schon immer egal sein, was die anderen von ihm dachten.
Denn die Deutschen halten ihren Adel per se für arrogant und mit Standesdünkel behaftet - Erfolgsmenschen wie von Donnersmarck und sein Cousin, Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg, machen da keine Ausnahme. Also gilt die Devise: Nach außen Haltung bewahren und ein dickes Fell wachsen lassen.
Das wird er brauchen, denn auch er weiß, dass der erste Film nach dem Oscar sein schwerster sein wird. Die Erwartungshaltung ist hoch, ein Scheitern würde das Ende seiner Blitzkarriere bedeuten. Dass er das Budget (es soll zwischen 50 und 100 Millionen Dollar liegen) wird einhalten können, scheint Branchenkennern fraglich. Explodieren die Kosten, steigt auch der Erfolgsdruck weiter an. Ganz schön spannend derzeit, das Leben des Anderen.
Susanne Sturm
Irrungen und Wirrungen
Ursprünglich sollten Charlize Theron und Sam Worthington ("Avatar") die Hauptdarsteller von "The Tourist" sein, doch nach Differenzen mit Worthington, legte Florian Henckel von Donnersmarck im November 2009 die Regie nieder. Erst als Angelina Jolie und Johnny Depp zusagten und auf Donnersmarck als Regisseur bestanden, ging auch er 2010 wieder an Bord.
"The Tourist" ist das Remake des nicht besonders spannenden französischen Krimis "Anthony Zimmer", um so wichtiger ist es, neue Akzente zu setzen. Dafür sollen drei Oscarpreisträger bürgen. Das Drehbuch stammt von Julian Fellows (Oscar für "Gosford Park") und Christopher McQuarrie (Oscar für "Die üblichen Verdächtigen"), Kameramann ist John Seale (Oscar für "Der englische Patient").
"The Tourist" ist das Remake des nicht besonders spannenden französischen Krimis "Anthony Zimmer", um so wichtiger ist es, neue Akzente zu setzen. Dafür sollen drei Oscarpreisträger bürgen. Das Drehbuch stammt von Julian Fellows (Oscar für "Gosford Park") und Christopher McQuarrie (Oscar für "Die üblichen Verdächtigen"), Kameramann ist John Seale (Oscar für "Der englische Patient").