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Das ZDF wird jünger

Mainzelmännchen 2.0

DET
ZDF

Als "Kukidentkanal" wurde das ZDF oft gescholten. Doch eine vorsichtige Verjüngungskur zeigt langsam Wirkung

Jemand muss ihnen was ins Essen getan haben, anders ist nicht zu erklären, wie sich die Mainzelmännchen seit einiger Zeit aufführen: pinkeln Oliver Welke auf den Schreibtisch, zeigen dem Zuschauer den Stinkefinger und massakrieren anschließend den kleinen blauen Elefanten. Alles so geschehen in der "heute-show".

Die Mainzelmännchen sind mehr als nur Maskottchen des ZDF. Sie verkörperten in ihrer harmlosen Biederkeit jahrzehntelang genau die Eigenschaften, die dem Sender das Image des "Kukidentkanals" einhandelten. Diesen Makel möchte man in Mainz nun loswerden. Und ist dabei auf einem recht guten Weg.

"Radikal verjüngen" will der frisch gewählte ZDF-Intendant Thomas Bellut seinen Sender und damit an oberster Stelle fortsetzen, was er als Programmdirektor begonnen hat. Es war Bellut, der die "Lustigen Musikanten" in den überfälligen Ruhestand schickte. Der TV-Perlen wie die "heute-show", "Pelzig hält sich" oder "Ijon Tichy" möglich machte. Und der mit ZDF neo und ZDF kultur zwei Digitalsender an den Start brachte, die zu den spannendsten im deutschen Fernsehen zählen.

Klar zum Kurswechsel

Dass sich ausgerechnet das ZDF zum innovationsfreudigsten Sender mauserte, überrascht. Schließlich stehen die Mainzer traditionell für spießige Heile-Welt-Unterhaltung à la "Schwarzwaldklinik" und "Traumschiff". Doch gemessen am Ersten, wo jede neue Idee durch die Gremien von neun Landesrundfunkanstalten muss und dabei nicht selten zerrieben wird, erweist sich der Tanker ZDF mit seiner 3500 Mann starken Besatzung als vergleichsweise wendig. Es musste nur jemand kommen, der Befehl zum Umsteuern gibt.

Zugegeben: Nach wie vor grassiert am Sonntag die Pilcheritis und krankt vor allem der Vorabend an hausbackenem Flachsinn. "Kursänderungen sind mühsam und brauchen Zeit. Wer zu schnell dreht, droht zu kentern", rechtfertigt Bellut das sachte Agieren in einem Interview. Sein wichtigstes Ziel als Kapitän auf dem Lerchenberg: den Altersdurchschnitt der ZDF-Zuschauer bei 61 Jahren halten. Das klingt bescheiden, ist aber angesichts einer insgesamt älter werdenden Gesellschaft keine geringe Herausforderung. Bei den Ablegern ZDF neo und ZDF kultur peilt er sogar einen Zuwachs an jungen Zuschauern von zehn Prozent an.

Wie das gehen soll? Mit weiteren Programminnovationen. Eine deutsche Variante von "Two and a Half Men" kann sich Bellut ebenso gut im ZDF vorstellen wie US-Serien der Güteklasse von "Mad Men". Die Amtszeit eines Intendanten auf dem Mainzer Lerchenberg dauert fünf Jahre. Wir sind gespannt auf das ZDF-Programm 2016.

Christian Holst