In "Ein starkes Team: Verraten und verkauft" spielt er 2001 neben Maja Maranow und Florian Martens

Manche Leute können noch so ungelenk dasitzen, sie wirken immer lässig. Tim Oliver Schultz ist so ein Typ: 28 Jahre jung, 1,78 Meter groß, markante Gesichtszüge, aufgeweckte braune Augen, durchtrainiert. Das eine Bein unter das Gesäß geklemmt, wie er es macht, seitdem er den einbeinigen Leo in "Der Club der roten Bänder" spielt. Mit dem anderen wackelt er leichtfüßig und sagt mit tiefer Stimme und spitzbübischem Grinsen in aller Bescheidenheit: "Ich bin gewachsen, habe Selbstbewusstsein getankt und mich entwickelt."

Gewachsen trifft es gut. "Die Ärzte haben gesagt, ich werde nicht größer als 1,60 Meter, und plötzlich war ‚kleinwüchsig‘ so ein Begriff, der im Raum stand." Erst mit dem Schauspiel entdeckte der offenherzige Junge sein Talent und wuchs buchstäblich über sich hinaus: Als Zwölfjähriger, der bei seinen Eltern in Berlin-Wannsee wohnt, spielt er einen verschreckten rumänischen Jungen in der ZDF-Krimireihe "Ein starkes Team", von 2005 bis 2006 ist er im "Schloss Einstein" als Barkeeper und Mädchenschwarm zu sehen, und 2008 gibt er den jugendlichen Außenseiter neben Jürgen Vogel und Frederick Lau in "Die Welle".

Die zweite Staffel wird "niemanden kaltlassen"

Klappe für die zweite Staffel, die "sehr viel härtere Herausforderungen" für Leo bereithält, wie Tim sagt

Über 30 Rollen in Kino- und Fernsehfilmen stehen bei Tim Oliver Schultz zu Buche. Dann wird er in den "Club der roten Bänder" aufgenommen und feiert seinen Durchbruch. In der ersten fiktionalen Eigenproduktion von Vox ist er der Anführer Leo in einer Clique von sechs Heranwachsenden, die dem Krebs und der Magersucht mit Lebensmut trotzen. Gemeinsam mit Jonas, Hugo, Emma, Toni und Alex durchläuft Leo ein emotionales Auf und Ab, an dessen Ende Alex stirbt, während das jüngste Mitglied Hugo nach über zwei Jahren aus dem Koma erwacht.

Die zweite Staffel, die Vox immer in Doppelfolgen zeigt, schließt genau dort an und wird "niemanden kaltlassen", so Tim. Anfangs habe er, ähnlich wie der spanische Autor Albert Espinosa, auf dessen Erlebnissen die Geschichte basiert, gezweifelt, ob die Fortsetzung "genauso geil wird wie Staffel eins". Tim kennt Espinosas Meinung aus der gemeinsamen WhatsApp-Gruppe: "Albert hatte zwar großes Interesse, dass die Serie weitergeht, war aber auch besorgt, ob die Bücher der deutschen Autoren seinen Ansprüchen genügen würden. Letztendlich ist es genau so geworden, wie er es sich gewünscht hat."

Erst die Staffel, dann das Studium

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Für den Kölner Privatsender war die Krankenhausdramedy im November 2015 ein Riesenerfolg: Es gab hohe Quoten, begeisterte Kritiker, den Deutschen Fernsehpreis und den Grimme-Preis. Auch Tim Oliver Schultz konnte sich in den acht Monaten zwischen der ersten Staffel und dem Drehbeginn der Fortsetzung kaum retten vor PR-Terminen. Ein Monat Urlaub und sieben Monate Stress ließen wenig Luft für sein Studium an der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin. Der gebürtige Berliner nimmt es gelassen: "2011 habe ich angefangen zu studieren und dann 2012, gleich im ersten Jahr, in ‚Systemfehler‘ meine erste Kinohauptrolle gespielt. Danach habe ich ‚Vampirschwestern‘ gemacht und dann ‚Club der roten Bänder‘, und das alles neben dem Studium."

Eine Belastung aus seinem Leben zu streichen kommt für ihn nicht infrage. Seine erste eigene Filmproduktion, das deutsch-bulgarische Filmdrama "Zhaleika", lief 2016 im offiziellen Wettbewerb der Berlinale und macht ihn mächtig stolz: "In Sofia, beim wichtigsten Festival Osteuropas, haben wir den Hauptpreis gewonnen, der uns von Terry Gilliam verliehen wurde. Megakrass."

Krass ist auch, wie er trotz seiner lässigen Nonchalance immer für eine Sache brennt. So sehr, dass er den starken Einfluss seines Alter Egos deutlich spürt: "Es ist oft erschreckend, wie sehr Leo mich einnimmt und meine Intuition lenkt." Und dann verschränkt er wieder umständlich sein linkes Bein...

Autor: Steven Sowa