Wer schon einmal längere Zeit im Krankenhaus verbracht hat, weiß, dass einem oft nicht die Krankheit, nicht die Schmerzen am meisten zusetzen, sondern die Langeweile. Jeder Tag ist gleich, das Essen schlecht, ein Ende nicht in Sicht.

Für eine Fernsehserie wohl das ungünstigste Setting, das man sich vorstellen kann. Albert Espinosa gelang es dennoch, daraus spannende Unterhaltung zu machen. Der Katalane schrieb mit "Polseres vermelles" einen Serienhit, der bereits in 18 Länder verkauft wurde.

In den USA produzierte kein Geringerer als Steven Spielberg den Stoff als "Red Band Society" (was dort allerdings floppte). Die deutsche Adaption heißt "Club der roten Bänder" und ist die erste fiktionale Eigenproduktion von Vox und einer der interessantesten Serienstarts des Jahres.

>>> Club der roten Bänder im TV
Inhalt: Um dem drögen Klinikalltag zu entkommen, gründen sechs Jugendliche zwischen 12 und 17 Jahren eine Art Klinikclub. Zusammen hängt man in der Notaufnahme ab, erstellt dort Blitzdiagnosen für die Neuzugänge ("Drogen?" - "Nee, Herz.") oder feiert Abschiedspartys für krebsverseuchte Gliedmaßen.

Die Bilder sind hell und farbstark, die Storys sind manchmal anrührend, aber nie rührselig - was auch die erfrischend rotzigen Dialoge verhindern: "Du siehst gut aus. Hast du 20 Gramm zugenommen?", sagt der beinamputierte Leo (Tim Oliver Schultz) zur essgestörten Emma (Luise Befort). Die kontert: "Ihr Krüppel seid so charmant. Ich trete dir gleich in den Arsch. Versuch du das mal bei mir!"
Erzähler ist Hugo (Foto r.), der im Koma liegt, was für ihn das Verharren in einer "Zwischenwelt" bedeutet. Die anderen begegnen ihm dort, wenn sie mal wieder eine Narkose über sich ergehen lassen müssen.

Krankenhaus-TV aus Patientensicht mit einem Schuss "Life on Mars" und "Ghost - Nachricht von Sam" - das ist völlig neu. Dass die Story trotz der fantastischen Note so wahr und nie respektlos oder verharmlosend wirkt, liegt wohl daran, dass ihr Schöpfer Espinosa das meiste tatsächlich erlebt hat.

Mit 14 Jahren wurde bei dem 1973 in Barcelona geborenen Autor Knochenkrebs diagnostiziert. Das fesselte ihn zehn Jahre lang an die Klinik, wo er ein Bein, eine Lunge und Teile seiner Leber verlor. Erstaunlicherweise blickt er positiv auf diese Zeit zurück. "Den Krebs zu bekämpfen hat mich gelehrt, wie man lebt", sagt Espinosa. Sein Erinnerungsroman "Glücksgeheimnisse aus der gelben Welt" fand Millionen Leser.

Frank I. Aures

MO 9.11. VOX 20.15