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Bestseller Verfilmung

Interview: Cornelia Funke

Brendan Fraser ist der Star in der Verfilmung von Cornelia Funkes Weltbestseller Tintenherz. Durch Vorlesen befördert er Figuren aus Büchern in die Realität.

In Hollywood-Kreisen gilt Erfolgsautorin Cornelia Funke als eine der einflussreichsten Frauen der Welt. Nun kommt ihr "Tintenherz" ins Kino, der Film zum Kinderbuch-Bestseller, den sie mitproduziert hat.

TV SPIELFILM: Einige Hundert Romanseiten wurden zu zwei Stunden Film eingedampft. Hat Ihnen nicht das Herz geblutet bei all den inhaltlichen Änderungen, die unvermeidlich sind?

Cornelia Funke: Ich habe ja schon bei vielen Film- und Theaterproduktionen mitgearbeitet und bin es gewohnt, dass mein Material adaptiert wird. Ich selbst habe zu unserem Drehbuchautoren David Lindsay-Abaire gesagt: Vergiss das Buch! Wenn du "Tintenherz" laut vorliest, dauert es 18 Stunden. Wir haben nur zwei.

Wie macht sich der Unterschied Buch/Film für Sie noch bemerkbar?

Im Buch kann der Autor seine Leser in die Figuren hineinschlüpfen lassen, über ihre Träume, Hoffnungen, Ängste schreiben. Das passt alles auf eine Seite. Im Film musst du dich auf die Schauspieler verlassen. Und die sollten nicht zu viel reden müssen. Ich hasse Filme, in denen immerfort geredet wird.

Stört es Sie nicht, dass Andeutungen oder Ahnungen, also alles, was im Buch zwischen den Zeilen steht, im Film plötzlich handfest und vielleicht dadurch zu real wird?

Im Gegenteil, ich finde diese Realität aufregend. Ich habe umgekehrt beim Schreiben oft Angst, dass die Handlung nicht real genug ist. Wie viel Geschmack und Duft und Aroma du auch in deine Sprache hineinwebst - es bleiben Worte auf einer Seite. Im Film wird dir dagegen gezeigt, wie Elinors Bibliothek oder Capricorns Schloss aussehen. Außerdem sind meine jugendlichen Leser, da bin ich sicher, in beiden Medien zu Hause. Das war ja auch bei den Harry-Potter-Filmen so: Die haben den Büchern nicht geschadet.

Der Film ist Ihr Debüt als Hollywood-Produzentin. Wie sind Ihre Erfahrungen?

In Hollywood habe ich viel von Lionel Wigram gelernt, dem Potter-Produzenten, mit dem ich zusammenarbeite. Er hat mir klar gemacht, warum es so wichtig ist, dass ich Produzentin bin: Da bist du nämlich mitverantwortlich und kannst die Schuld nicht anderen in die Schuhe schieben, wenn der Film nicht ankommt. Es ist zwar sehr inspirierend, am Set mit so vielen Künstlern zu tun zu haben, aber auch nicht ohne Risiko, wenn 300 Köche zusammen eine Suppe kochen.

Nicht zu vergleichen mit dem Schreibtisch einer einsamen Romanautorin.

Ich habe das Schreiben nie als einsam empfunden. Ich bin dabei schließlich von meinen Romanfiguren umgeben. Ich schreibe in einem kleinen Häuschen in meinem Garten in Los Angeles. Wenn ich dort sitze, höre ich sie alle, höre ich all ihre Stimmen. Als Schriftsteller kannst du dir eben leisten, ein bisschen verrückt zu sein - ohne unangenehme Nebenwirkungen.

Wissen Sie beim Schreiben schon, wie Ihre Helden enden?

Nein. Joanne K. Rowling sagt, sie habe das Ende ihrer Potter-Bücher schon vorher gekannt. Ich kenne das Ende meiner Geschichte nie. Das würde mich langweilen.

Welche Kinderbuch-Verfilmung finden Sie besonders geglückt?

Ich war absolut hingerissen vom fünften Harry-
Potter-Film. Die jungen Helden spielen großartig und ich bewundere Regisseur David Yates.

Es heißt, Brendan Frasers Stimme habe Sie zur Romanfigur Mo Folchart - die Fraser im Film auch spielt - inspiriert. Was ist so aufregend an seiner Stimme?

Ich stehle generell gern von Schauspielern. Ich sah Brendan in "Die Mumie" und anderen Filmen. Er war genau der Richtige: Er kann kindisch sein, unschuldig und anrührend. Und auch Mo sollte anrühren, Wärme ausstrahlen. Also habe ich mich ausgiebig bei Brendan bedient, bei seinen Gesten, seiner Mimik und seiner unglaublichen Stimme, die so vielseitig ist. Mal hat er einen Redneck-Akzent und im nächsten Moment klingt er wie Will Smith.

Wie haben Sie Fraser gewonnen?

Ich schickte ihm eine englische Ausgabe von "Tintenherz" mit der Widmung: "Für Brendan Fraser, der in meiner Fantasie ein Jahr lang Mo Silberzunge Folchart spielte. Sie haben diese Seiten zum Leben erweckt." Kurz darauf besuchte er mich in Hamburg.

Michael Mutz

Mehr Infos:
Dreharbeiten in Italien
Bilder: Tintenherz
Interview: Brendan Fraser