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Zonk, Vokale, heiße Preise

Die besten Gameshows der 90er Jahre

Glücksrad
RTL

Pensionäre, die Buchstaben kaufen. Schnauzbart-Träger, die hinter den Vorhang gucken und Holländer auf den Spuren von Hans Rosenthal. Die Spielshows in den 90er Jahren - ein Kapitel für sich. Hier sind unsere TOP 20.

Die Mini-Playback Show
Foto: RTL, Was, du hast deine Hausaufgaben nicht gemacht? Marijke Amado wird streng mit einer kleinen Mini-Playbackerin
Der Kinder-Karaoke-Vorläufer von "The Voice of Germany Kids": Marijke Amados "Mini-Playback-Show" mit mimenden Dreikäsehochs in Star-Outfits. Von 1990 bis 1998 wurden die Kids auf RTL durch Zaubertür, in die Zauberkugel, durch den Zaubertunnel geschickt, um am anderen Ende als Michael Jackson, Tina Turner oder Nena herauszukommen. Die einen seuzften "Süüüüß", die anderen kritiisierten die vermeintliche Sexualisierung der Kinder, 1996 gab es dafür den "Preis der beleidigten Zuschauer".
Traumhochzeit
Foto: RTL, Progressive TV-Hochzeit: Linda de Mol und die Eheleute bereits mit Nachwuchs in "Traumhochzeit"
Und gleich die nächste Endemol-Produktion hinterher, die Moderation war dann auch Familienangelegenheit: Linda de Mol wurde mit der Hochzeitsshow zwischen 1992 und 2000 zu einer der beliebtesten Moderatorinnen des Landes auf. Das Prinzip war so unvariabel wie erfolgreich: Überraschungsantrag, Partnerspielchen, Schampus und Allgemeinwissen. Wer da am besten durchkam, wurde zum Happy End der Ausgabe, weiße Tauben inklusive, vor laufender Kamera verheiratet. "Isch bejrüße sie hier un‘ heut...." kölschte dann der Standesbeamte und war dabei fast noch ein wenig schleschter zu verstehen als die niederländische Moderatorin selbst.
Geld oder Liebe
Bei dieser ARD-Show war der Moderator, beziehungsweise sein Hemd der Star: Jürgen von der Lippe hatte einen Hang zu knalligen Hawaiihemden, langen Anmoderationen und komischem Kichern über die eigenen Witzen. Davon abgesehen schwang sich die 1989 am Donnerstag gestartete Flirtshow zwischen 1993 und 2001 zum samstäglichen Primetime-Renner auf. Drei Männer, drei Frauen stellten sich diesem Kuppelquiz, absolvierten Aufgaben und Spielchen, am Ende wurde per TED das ideale Duo gewählt. Erwähnenswert auch die hochrkarätigen Live-Acts der Sendung, unter anderem waren Größen wie Westernhagen, Maffay, Tina Turner, Take That und Bon Jovi zu Gast.
Die 100.000-Mark-Show
Foto: RTL, Die Erfinderin des Doppelnamens und ihr Karriere-Highlight: Ulla Kock am Brink in der "100.000 Mark"-Showkulisse
Ging es bei von der Lippe noch um Geld oder Liebe, zählte bei Ulla Kock am Brink zwischen 1992 und 1998 nur der schnöde Mammon. Satte 100.000 Mark - in den Zeiten vor "Wer wird Millionär?" ein immenser Betrag - wurden ausgelobt, vier Paare kämpften in Geschicklichkeits- Kraft- und Ausdauerspielchen um den Zaster. Legendär das Finalspiel "Der heiße Draht", bei dem ein Ring berührungslos an einem langen Draht entlanggeführt werden musste, das Ganze vom Gabelstapler aus und mittels Partnerkommando. Ab 1998 moderierte Franklin die Show noch weitere zwei Jahre, der Boom jedoch war vorbei.
Tutti Frutti
Foto: RTL, Die Früchte-Damen in vergleichsweise sittsamem Outfit, Hahn im Korb: Hugo Egon Balder
Die Regeln mit den sogenannten Länderpunkten verstand keiner so richtig, die strippenden Kandidaten machten sich reihenweise zum Horst und Moderator Hugo Egon Balder schien den ganzen Zirkus auch nicht recht ernstzunehmen. Dem Erfolg dieses nächtlichen RTL-Klassikers tat das keinen Abbruch. 150 Folgen lang, von 1990 bis 1993, hüpften hier als Früchtchen verkleidete Striptease-Tänzerinnen durchs Bild, um sich am Ende ihres Bustiers zu entledigen. "Cin Cin" nannte sich das barbusige Ballett, der Star war Co-Moderatorin und Vortänzerin Monique. "Frauenfeindlich" empörte sich damals die Kritik, heute gilt die Sendung als Kultklassiker des Privatfernsehens.
Ruck Zuck
Foto: Sender, Der Neue und der Alte: Jochen Bendel und Werner Schulze Erdel
1988 war Werner Schulze Erdel mit dem Format auf Sendung gegangen, zu Beginn der 90er Jahre führte sein Nachfolger Jochen Bendel den damaligen Tele-5-Klassiker zu ungeahnten Höhen, das Prinzip war denkbar einfach: Es mussten Begriffe umschrieben und erraten werden, am Ende waren 100.000 Mark ausgelobt, dafür allerdings musste man sechs Mal hintereinander gewonnen haben. Mit den Jahren kurvte die Show durch verschiedene Sender von RTL2 bis tm3 (erinnert sich noch jemand?), anno 2000 wurde sie eingestellt, in den nuller Jahren bis 2016 sporadisch zu Nostalgiezwecken exhumiert.
Geh aufs Ganze
"Let‘s make a Deal" hieß das amerikanische Original, auf Sat1 hieß der Geschäftemacher Jörg Dräger, und der versuchte zwischen 1992 und 1996, seine Kandidaten bei der Aussicht auf Preise oder Nieten zu bequatschen. Drei Tore standen zur Auwahl, dahinter mal Autos, Küchengeräte oder Unterhaltungselektronik, dann wiederum der heimliche Star der Sendung, der von einem furzartigen Hupton angekündigte Zonk, ein rotschwarzes Maskottchen. Die Schlussrunde hieß "Big Deal", bei dem man dann letztlich abräumen konnte oder eben doch nur mit unansehnlichen Kuscheltier nach Hause gehen musste.
Familienduell
Foto: RTL, Wir haben einhundert Leute befragt, 94 davon sagten: Das hier ist Werner Schulze Erdel!
Wie so viele "Kult"sendungen, so ist es auch beim 1992 gestarteten Grundy-Game "Familienduell" einer der Schlüsselsätze, an die man sich bis heute erinnert: "Wir haben einhundert Personen befragt...", das Ganze aus dem Munde von Moderator Werner Schulze Erdel. Mal musste der Mann mit dem weich fallenden Scheitel Streits schlichten, dann wieder sich von alten Damen knutschen oder widerspenstigen Pubertierern verkohlen lassen, das alles für ein generationsübergreifendes Familienquiz, dessen missratensten Worterklärungen bis heute als YouTube-Videos für Schenkelklopfer sorgen.
Der Preis ist heiß
Foto: RTL, Er geht zuerst ins Dschungelcamp. Nein er! Die Preisrate-Könige Walter Freiwald und Harry Wijnvoord
Und noch so ein Satz für die Ewigkeit: "Bitte denken Sie dran - nicht überbieten!" aus dem Munde des holländischen Grinsebärs Harry Wijnvoord, der zusammen mit Sidekick Walter Freiwald für einen der Game-Klassiker der 90er Jahre überhaupt sorgte. Das Prinzip denkbar einfach: Ein paar Assistenten scharwenzelten pantomimisch um Waren herum, deren Preis dann drei Studiokandidaten erraten musste, dazu gab es Gesellschaftsspielchen zwischen Kindergeburtstag und Junggesellenabschied: Muschelspiel, Schleuderpreis oder auch Einlochen. Wijnvoord und Freiwald, beides spätere Dschungelcamp-Bewohner, hielten das Showschiff bis 1997 auf Kurs. Ab Oktober 2017 ist eine Neuauflage geplant, die Moderation soll Wolfram Kons übernehmen, Co-Moderator wird Thorsten Schorn.
Jeopardy
Foto: RTL, Wetten, das(s) ... ist Frank Elstner? Der Showgigant im Jeopardy-Studio
Wenn man einen Moderator das Wort "Zufi" rufen hörte, er dazu mit dem Finger Richtung Kandidaten schnippste, dann war man bei "Jeopardy" gelandet. Der "Zufallsgenerator" musste dann den nächsten Antwort-Kandidaten auslosen. Wobei - "Antwort" stimmt nicht, es musste die passende "Frage" gefunden wurden. In den Staaten schon von 1964 an ein Erfolg, schwappte die Sendung aus der Ideenschmiede von Merv Griffin mit Beginn der 90er in hiesige Sender. Von 1990 bis 1993 hieß die Sendung noch "Riskant!", es moderierte Ex-Eiskunststar Hans-Jürgen Bäumler ab 1994, dann mit Frank Elstner als Quizleiter, firmierte sie unter dem Originalnamen "Jeopardy". Seit 2016 läuft sie wieder bei RTLplus, hier hat jetzt Tanztyrann Joachim Llambi das Sagen.
Herzblatt
Foto: ARD, Und hier kommt ihr Herzblatt: Rudi Carrell
Der heimliche Star des ARD-Vorabendklassikers war nicht einmal zu sehen: Susi Müller lautete ihr wenig glamouröser Name, aber die Stimme, mit der sie die Biografien der beziehungswilligen Kandidaten zusammenfasste, die hatte es in sich. Moderiert wurde auch, und das von 1987 bis 1993 durch Rudi Carrell, es folgten so illustre Namen wie Rainhard Fendrich, Hera Lind, Christian Clerici und einige andere. Im Gegensatz zu anderen Formaten, bei denen viele Moderatoren immer für verzweifelte Rettungsversuche standen, konnte sich "Herzblatt", das Flirtoriginal der Öffentlich-Rechtlichen", seiner Anhänger und Stammseher fast durchgehend sicher sein.
Hopp oder topp
Foto: Tele 5, Daran erinnern sich nur noch absoluet Gameshow-Insider: Hopp oder Top mit der Postleitzahl des Monats
Das Gegenteil in Sachen Dauerbrenner war "Hopp oder Top" - erinnert sich noch jemand? Andreas Similia, Thomas Aigner und Hermann Toelcke lauten die illustren Namen der Moderatoren dieser relativ kurzlebigen Gameshow, die von 1990 bis 1992 auf Tele 5, 1993 dann noch ein Jahr im DSF lief. Vielleicht waren die Regeln dieses Werbesendung/Quiz-Hybriden auch einfach zu chaotisch, da gab es "Geschenkboutiquen", man konnte Dinge kaufen, es gab Sachpreise, Superpreise und als Trostpreis eine Geldklammer. Im Optimalfall konnte man 300.000 Mark ergattern, die im Juli 1992 höchste zu erspielende Summe in einer deutschen Gameshow.
Glücksrad
Foto: RTL, Drei Vokale für ein Halleluja: Frederic Meisner, Maren Gilzer und Peter Bond
Was kann man zum Klassiker schlechthin noch sagen, was nicht schon x-mal gesagt wurde? In den USA war "Wheel of Fortune", ein weiterer Geniestreich von Merv Griffin, anno 1975 gestartet, in Deutschland drehte man ab 1988 am Rad. Das Prinzip denkbar einfach: Worte raten, Konsonanten erdrehen, Vokale kaufen - und jede Menge Sachpreise absahnen. Frederic Meisner und Peter Bond moderierten im Wechsel, Maren Gilzer glänzte als kompetente Buchstabentafeldreherin auf und wurde Dekaden später, im Jahre 2015, schließlich sogar Dschungelkönigin. Die Geschichte des Glücksrads endete zunächst 2005, seit dem Vorjahr nun läuft es wieder bei RTL, unter der Ägide von Jan Hahn.
Dingsda!
Foto: ARD, Dingsda und die Bumse: Fritz Egner und vier Ratsherren und - damen, u.a. dabei: Sepp Maier
So ein bisschen war Dingsda das unkontroverse Gegenstück zur Mini-Playback-Show. Auch hier standen Dreikäsehochs im Mittelpunkt, aber die mussten sich weder verkleiden noch schminken noch trällern, die durften lediglich Begriffe erklären. Von 1985 bis 1994 war Fritz Egner in der ARD der gute Onkel und ließ die Steppkes frei Schnauze Gott und die Welt erklären, die Begriffe schließlich mussten mittels der oftmals etwas skurril-niedlichen Umschreibung dann von den Kandidaten im Studio, zwei Prominenten-Paaren, erraten werden. Fritz Egner wurde für die Sendung mit dem Bayerischen Fernsehpreis ausgezeichnet.
Flitterabend
Foto: ARD, Wer ist der Mann neben Bobby Flitter? Ach ja, der Schanze Michael!
Neben "Traumhochzeit" die große Primetime-Show rund ums Ja-Wort: Die ARD-Samstagsschnurre "Flitterabend" mit Michael Schanze. Der Unterschied zu Linda de Mol und ihren Turteltäubchen: Die Paare dieser Sendung waren bereits verheiratet, kurz danach sollten sie hier in Spielchen ihre Kompatibilität miteinander zum Besten geben, Spielchen in Sachen Überzeugung, Übereinstimmung und Mutproben waren dafür angerichtet. Auch der "Flitterabend" hatte einen (un)heimlichen Star: Trostpreise verteilte ein Mann namens Bobby Flitter (im wirklichen Leben Bruno Horn), den Schanze mit dem immergleichen Mantra ankündigte: "Verlieren ist für Euch nicht bitter, hier kommt unser Bobby Flitter".

Autor: Ingo Scheel