.

TV-Kritik, 3.10.2009

Pocher auf Sat.1: Late-Night zum Einschlafen

Auch der Papa und eine Tanzeinlage mit Shakira haben nichts genützt: Oliver Pochers Debüt als Late Night Talker bei Sat.1 war über weite Strecken witzlos.

OLIVER-POCHER-SHOW (SAT.1, 22.25 Uhr) Es gibt sicherlich geteilte Meinungen über das komödiantische Talent von Oliver Pocher. Zu seinen unbestrittenen Stärken gehören ein großes Maß an Unverschämtheit und Spontaneität, wobei er in Sachen Schlagfertigkeit schon mal bei seinem vorigen Job bei Harald Schmidt in die Grenzen verwiesen wurde, als ihm die Rapperin Lady Bitch Ray ein Schälchen Vaginalsekret überreicht hatte. Sei´s drum, auch in seinen Bühnenprogrammen wusste Pocher immer dann zu gefallen, wenn er sich Opfer aus dem Publikum griff und sie veralberte. Oder aber, wenn er teilweise atemberaubend komische Nummern aus der Jugend-Assi-Kultur spielte, wozu für mich auch die Podolski-Parodien zählen.

Was der gelernte Versicherungskaufmann nicht so gut kann, das ist pointierte Stand-Up Comedy, woran sich ehemalige "Schmidt und Pocher"-Seher gut erinnern. Die Gags waren damals hochklassig, es war aber ein eklatanter Unterschied, ob sie von Meister Schmidt oder Lehrling Pocher zum Besten gegeben wurden. Bei Pochers Premiere als alleiniger Late-Night-Host (Neudeutsch) waren leider nicht mal mehr die Pointen klasse. Ein Beispiel: "RTL dreht in Köln einen Film über die Hindenburg - Dirk Bach spielt den Zeppelin". Ja, dass hat "7 Tage, 7 Köpfe"-Niveau.

Dabei wurde gleich in dem sehr müden Anfangseinspieler gezeigt, wer denn für den Wortwitz in der "Oliver Pocher Show" verantwortlich ist. Es handelte sich dabei um niemand geringeres als Peter Rütten, der dem Fernsehpublikum vornehmlich als Ex-Chefautor von Harald Schmidt (und als "Kai Edel") bekannt ist. Nach diesem Engagement sorgte er auch bei Mike Krügers und Niels Rufs Late-Night-Versuchen für ein beachtliches Witz-Niveau. Davon war gestern wenig zu sehen.

Vollkommen langweilig war auch der Ausflug von Oliver Pocher mit seinem Vater zum Deutschen Fernsehpreis. Da gab es zwar den schon in diversen Boulevardzeitungen ausgeweideten Spruch zu Topmodel Sara, dass sie Sandy nach dem Solariumsbesuch sei, ansonsten war dieser Einspieler vollkommen sinnfrei. Vielleicht ist die Einbindung des Erzeugers in sein Juxprogramm auch nur die innerfamiliäre Revanche dafür, dass dieser ihn in seiner Kindheit die "Jehovas Zeugen"-Postille "Wachturm" hat verteilen lassen.

Beachtlich an der ersten Sendung war einzig seine herrlich alberne Shakira-Persiflage in deren Bühnen-Outfit. Wer den wahren, lustigen Pocher sehen will, sollte heute Abend RTL einschalten. Dort läuft um 22.25 Uhr die Aufzeichnung seines Programms "Oliver Pocher live! Gefährliches Halbwissen".

Kai Rehländer