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"The Night Manager" im ZDF

Atemlos durch die Nacht

"The Night Manager" nach John le Carré ist eine straff erzählte, visuell opulente Serie, die stark an James Bond erinnert.

Dieses Intro spricht Bände: Feuergarben aus einem Flugzeug die sich in ein Perlencollier verwandeln, Rennboote aus der Aufsicht, die zu Raketen werden - so fließend und elegant gleiten die Bilder ineinander über, wie man das sonst nur aus James-Bond-Titelsequenzen kennt.

"The Night Manager" hält, was das Intro verspricht. Die dänische Regisseurin Susanne Bier, 2011 mit dem Auslands-Oscar für In einer besseren Welt ausgezeichnet, entführt den Zuschauer in die glamouröse Welt der Reichen, auf Jetset-Partys, in Luxusrestaurants und in 23-Zimmer-Villen auf Mallorca.

Das sieht nicht nur teuer aus, es war auch nicht ganz billig, diese Illusion von Luxus für das Fernsehen zu erzeugen. Mit 30 Millionen Dollar für acht Folgen à 45 Minuten ist es die bislang teuerste BBC-Serienproduktion. Die entscheidende Frage, der die Reihe nachgeht, ist: Wo kommt der zur Schau gestellte Reichtum her?

Im Frühjahr haben die Panama Papers deutlich gemacht, wie wenig sich Millionäre in der wirklichen Welt an Recht und Gesetz halten, wenn sie ihr Geld vor dem Fiskus schützen wollen. Mit dem Waffenhändler Roper, Hugh Laurie in seiner ersten Serienrolle seit "Dr. House", stellt "The Night Manager" einen besonders rücksichtslosen Vertreter der rechtsfreien Marktwirtschaft in den Mittelpunkt. Während der Multimillionär nach außen den Philanthropen mimt, liefert er solventen Kunden alles frei Haus, vom Granatwerfer bis Napalm.
Tom Hiddleston in Topform
Nur hat der Zyniker seine Rechnung ohne den "Night Manager" gemacht, einen Nachtportier, der vom britischen Geheimdienst in die Organisation des Waffenhändlers eingeschleust wird. Tom Hiddleston, dessen bekannteste Rolle bislang die des Gottes Loki in den Comicverfilmungen "Thor" und "Marvel's The Avengers" war, spielt den Undercoveragenten mit Bravour. Da reicht ein leichtes Zucken der Mundwinkel, um klarzumachen, was er denkt.

Oder auch das Gegenteil. Denn als Maulwurf in dem Verbrechersyndikat muss Pine täuschen und tricksen. Das Doppelbödige liegt dem Briten, der in Laurie den perfekten Gegenspieler hat. Die beiden belauern sich, warten darauf, dass der andere eine Schwäche zeigt. Ein kluger Schachzug war es auch, die Rolle der Kontaktperson im MI6 anders als in John le Carrés Roman mit einer Frau zu be- setzen. Olivia Colman ("Broadchurch") verkörpert das Bodenständige, hat aber auch, ähnlich wie Judi Dench als M in den 007-Filmen, den unbedingten Willen, die Verbrecher zur Strecke zu bringen.
Weniger Action, mehr Spannung
Dass John le Carré den vielen Abweichungen von seinem Buch zustimmte, hat auch damit zu tun, dass die produzierende Firma Ink Factory seinen Söhnen Simon und Stephen gehört. Die sitzen zurzeit an weiteren Verfilmungen, etwa der Romane "Absolute Freunde" und "Empfindliche Wahrheit".

Der Altmeister hat in "The Night Manager" übrigens einen kurzen Auftritt, er trinkt Wodka Martini in einem Restaurant, in dem Roper sitzt.
Die Serie kommt mit weniger Action aus, als man es beim Thema Waffenhandel vermutet. Susanne Bier zeigt gern Gesichter und besonders Augen in Großaufnahme. Man sieht in lauter Pokerfaces. Aber nur Hiddleston schafft es, hinter der Fassade seiner äußerlich ruhigen und kontrollierten Figur eine innere Spannung aufzubauen, die irgendwann, das spürt man als Zuschauer, ausbrechen wird. Dranbleiben lohnt sich also.

Rainer Unruh