Unsere Favoriten für eine Nominierung
Arrival
Einer der ernsthaftesten, intelligentesten Science-Fiction-Filme der letzten Jahre. Bei diesem Erstkontakt mit Außerirdischen geht es nicht um Geballer, sondern um Völkerverständigung. Allein die Zeichensprache, mit der die Aliens kommunizieren, ist ein Geniestreich. Und Amy Adams liefert eine rührende Leistung als einsame Linguistin. Wann gab es dass jemals: Eine Sprachwissenschaftlerin als Heldin eines großen Hollywood-Films?
Fences
2010 stand Denzel Washington bereits in einer gefeierten Inszenierung des Theaterstücks von August Wilson auf der Bühne - und gewann dafür den Tony Award, das Theater-Äquivalent zum Oscar. Kein Wunder, dass Washington sich für seine dritte Regiearbeit das Pulitzerpreis-gekrönte Stück vornahm, und sich selbst die Hauptrolle gönnte. Er spielt er einen vom Leben enttäuschten Müllmann, der seiner verpassten Baseball-Karriere hinterher trauert. An Washingtons Seite spielt Viola Davis, die schon am Broadway seine Partnerin war.
Hacksaw Ridge
Eine wahre Geschichte, die nach Oscar schreit:
Ein junger Mann (Andrew Garfield) verweigert aus religiösen Gründen den Dienst an der Waffe, meldet sich aber trotzdem als Sanitäter für den Zweiten Weltkrieg - und wird mit einer Tapferkeitsmedaille ausgezeichnet. Furioses Regie-Comeback von Mel Gibson, der wegen diverser Ausfälle in Hollywood lange als Persona non grata galt, nach der Golden-Globe-Nominierung für "Hacksaw Ridge" als rehabilitiert gelten kann.
Hell or High Water
Wer die Angry White Men, die Donald Trump vornehmlich ins Amt gehoben haben, verstehen will, sollte sich diesen Film anschauen: In einem wirtschaftlich verödeten Texas, in dem nur noch die Banken Profit einstreichen, werden zwei Brüder zu Bankräubern, um die Pfändung ihrer Farm zu verhindern. Der Neo-Western mit Musik von Nick Cave war in den USA die kommerziell erfolgreichste Indie-Produktion des Jahres.
Hidden Figures
Ein "schwarzer" Feelgood-Movie, der nach der Debatte um die allzu-weißen Oscar-Nominierungen der letzten Jahre genau zur richtigen Zeit kommt. Der Film nach einer wahren Geschichte würdigt die Pionierleistung von drei afroamerikanische Mathematikerinnen (Taraji P. Henson, Octavia Spencer, Janelle Monáe), die für die NASA am Apollo-Programm arbeiten, aber zunächst für Putzfrauen gehalten werden.
Jackie
Der chilenische Regisseur Pablo Larrain ("No!"), der mit "Neruda" auch einen großen Favoriten für den Auslands-Oscar im Rennen hat, zeichnet ein subtiles Porträt der Präsidenten-Wittwe Jacqueline Kennedy, ausgehend von einem Interview, das sie dem Magazin LIFE eine Woche nach der Ermordung ihres Gatten gab. Natalie Portman brilliert in der Titelrolle, heimlicher Star ist aber die Musik von Mica Levi, die letztes Jahr mit dem Score für den Überraschungs-Kultfilm "Under the Skin" mit Scarlett Johansson Aufsehen erregte.
La La Land
2014 meldete sich Damien Chazelle mit dem intensiven Musiker-Drama "Whiplash" erstmals als kommende Regiehoffnung an. Mit "La La Land" löst er das Versprechen imposant ein: Er zaubert leichthändig und einfallsreich ein Musical aus der Hüfte, das sich als Hommage an die klassischen Hollywood-Musicals und an die französische Nouvelle Vague versteht - und gleichzeitig mit beiden Beinen in der Realität steht. Emma Stone als hoffnungsvolle Jungschauspielerin und Ryan Gosling als erfolgloser Jazz-Pianist hangeln sich von einer Enttäuschung zur nächsten durch Los Angeles - und verlieben sich.
Lion
"Slumdog Millionär"-Star Dev Patel als Inder, der von einem australischen Paar (u.a. Nicole Kidman) als Kind adoptiert wurde und jetzt via Google Earth nach seinem indischen Heimatdorf sucht. Aktuelle Kulturkonflikte, tolle Bilder und eine positive Grundstimmung = Klassisches Oscar-Material.
Loving
Höchstrelevant angesichts wieder aufgeflammter Rassenkonflikte in den USA: Ruth Negga und Joel Edgerton spielen ein Schwarz-Weißes Paar, das sich gegen alle Widerstände im ultrakonservativen Virginia der 1950er-Jahre ineinander verliebt. Regie führt Jeff Nichols, seit "Mud" und "Take Shelter" Experte für Befindlichkeiten der "kleinen Leute" im amerikanischen mittleren Westen.
Manchester by the Sea
Die Geschichte des Junggesellen, der plötzlich Verantwortung für ein Kind übernehmen muss, wurde schon x-fach verfilmt, aber noch nie so ernsthaft und rührend wie hier. Casey Affleck spielt einen einsamen jungen Mann, der für den Sohn seines verstorbenen Bruders sorgen muss - und sich bei der Rückkehr in sein neueunglisches Heimatkaff seiner traumatischen Vergangenheit stellen muss.
Moonlight
Nach dem Skandal um die allzu-weißen Oscar-nominierten Darsteller im letzten Jahr haben alle auf den großen "schwarzen" Film gewartet. Und hier ist er: "Moonlight" erzählt in drei Kapiteln das Erwachsenwerden des jungen Afro-Amerikaners Chiron, der Widerstände überwinden muss, um zu seiner Homosexualität stehen zu können. Das intensive Drama gilt in den USA schon als Game Changer, als ein neues Genre definierender Film - und als Porträt eines homosexuellen Schwarzen als Alptraum der meisten Republikaner.
Nocturnal Animals
Die große Überraschung der diesjährigen Golden-Globe-Nominierungen: Der nebenberufliche Stardesigner Tom Ford wurde als bester Regisseur und Drehbuchautor für diesen eleganten Thriller vorgeschlagen. In seinem zweitem Film nach "A Single Man" hält Ford die Fäden in einem raffinierten Spiel auf zwei Handlungsebenen in der Hand. Amy Adams, Jake Gyllenhaal, Michael Shannon und Aaron Taylor-Johnson sind seine Marionetten.
Silence
18 Jahre träumte Martin Scorsese davon, den Stoff zu verfilmen, jetzt ist es endlich vollbracht. In gigantischen Bildern erzählt der Altmeister von einem jungen portugiesischen Jesuiten (Andrew Garfield), der im 17. Jahrhundert ins christenfeindliche Japan reist, um seinen verschollenen Mentor (Liam Neeson) zu suchen, der vom Glauben abgefallen sein soll. "Mission" mit Robert De Niro trifft auf "Apocalypse now".
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Autor: Sebastian Milpetz
Autor: Sebastian Milpetz