Ich bin ein sehr solider Autofahrer. Das Riskanteste was ich hinter dem Steuer je getan habe, ist die CD während des Fahrens zu wechseln und dabei kurz nicht auf die Straße zu schauen. Aber insgeheim wäre ich gerne eine badass Rennfahrerin, die ihre Pferdestärken unter Kontrolle hat und mit ihrem Schlitten über Steilhänge schanzt.

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Deshalb konnte ich mich der Anziehungskraft von "The Fast and the Furious" noch nie entziehen. Unzählige Male habe ich mitverfolgt, wie sich Paul Walker alias Polizist Brian O'Connor in Vin Diesels Truppe von Streetracern in Downton Los Angeles einschleust - wem das bekannt vorkommt: Es ist quasi die Prämisse von "Gefährliche Brandung", nur dass die Surfbretter durch getunte Karren ersetzt werden.

Quietschende Reifen als melodischer Ohrwurm?

Jedes Mal wenn "The Fast and the Furious" läuft, fiebere ich mit wie sich Dominic Toretto und seine Crew waghalsige Rennen mit Streetracern oder der LAPD liefern. Wie sie unter Sattelschleppern hindurchgleiten und von Auto zu Auto springen als wären sie nicht gerade mit 200 Sachen unterwegs und nur einen offenen Schnürsenkel davon entfernt zu Hackfleisch zu werden.

Sobald Vin Diesel und Paul Walker das Gaspedal in den Boden rammen, hab ich Spaß. Das Geräusch von quietschenden Reifen und aufheulenden Motoren ist Musik in meinen Ohren. Und nach besonders abenteuerlichen Stunts, zum Beispiel als Brian im sechsten Teil in letzter Sekunde von einem abstürzenden Bus springt und gerade noch den Spoiler von Lettys Auto zu fassen bekommt, habe ich möglicherweise schon mal laut "Whoah" gerufen. Aber es ist die brüderliche Beziehung zwischen Brian und Dom, die für mich die Seele der Filmreihe ausmacht.

Es rührt mich jedes Mal, wie sich Brian mühsam das Vertrauen von Dominic Toretto erarbeitet und dabei immer mehr Respekt für ihn und seine Werte entwickelt. Denn Dom und seine tollkühne Crew sind mehr als ein zusammengewürfelter Haufen von Gesetzesbrechern, sie sind eine Familie. Am Ende der 96-minütigen Spritztour durch die (zugegebenermaßen reduzierte) männliche Gefühlswelt ist Brian Teil dieser Familie geworden und wirft für sie sogar seine beruflichen Prinzipien über Bord indem er Dom laufen lässt - "Ich schulde dir noch ein 10 Sekunden Auto" ist sozusagen Bro-Sprache für "Ich hab dich lieb, pass auf dich auf".

Kritisches Denken? Schalt mal runter

Angesichts dieser herzerwärmenden Männerfreundschaft bin ich bereit über die vielen Logikfehler der Handlung hinweg zu sehen. Zum Beispiel, dass die Crew ab dem sechsten Film als Special Ops Team eingesetzt wird, um Verbrecher dingfest zu machen, die an der Spitze der FBI Most Wanted Liste stehen. Wir erinnern uns: Die einzige besondere Qualifikation dieser Leute besteht darin, schnell Auto fahren zu können.

Scheiss egal, denn wenn ich "Fast and Furious" schaue, schalte ich mein kritisches Denken ab und lasse mich auf die Regeln dieser Welt ein. Einer Welt, in der Vin Diesel aus einem fahrenden Auto springt, in der Luft Michelle Rodriguez auffängt und dann mit ihr weitere 10 Meter durch die Luft fliegt ehe sie auf der Motorhaube eines still stehenden Pkw landen - ohne dass einer von ihnen auch nur einen Kratzer hat, geschweige denn sich das Kreuz gebrochen hat.

Wenn das kritische Denken wieder einsetzt, kommt die Ernüchterung: Paul Walkers Unfalltod im November 2013 hat mich tief erschüttert, rief er doch in Erinnerung wie verantwortungslos und überflüssig Raserei ist. Im echten Leben halte ich mich deshalb weiterhin an die StVO, nicht nur zu meinem Schutz, sondern auch dem der anderen Verkehrsteilnehmer - eigentlich auch irgendwie badass...