Jedes Frühjahr entscheidet sich in den USA die berufliche Zukunft von rund 250 jungen Sportlern. Wer in der sogenannten NFL Draft von einem der 32 Teams der National Football League rekrutiert wird, hat die Chance auf das große Geld: So erhält Quarterback Jameis Winston, die Nummer eins ("First Pick") der letzten Draft, für vier Jahre bei den Tampa Bay Buccaneers gut 23 Millionen Dollar, und Gerald Christian, der "Mr. Irrelevant" getaufte letzte Pick, immerhin noch knapp 2 Millionen von den Arizona Cardinals. Seit 80 Jahren werden in der Draft Amateur- und Jugendspieler der US-Collegeteams auf die NFL-Profiteams verteilt. Um die Ausgeglichenheit der Liga zu gewährleisten, eröffnet das schlechteste Team der Vorsaison (diesmal die Tennessee Titans) jede der insgesamt sieben Draft-Runden, gefolgt vom zweitschlechtesten bis hin zum Superbowl-Sieger (2016: Denver Broncos). Allerdings können Teams im Rahmen von Transfers auch ihre Wahlposition bei der Draft abtreten oder tauschen, wie es Philadelphia und Miami Anfang März taten.
Das Erstaunlichste an der NFL Draft ist, dass dabei die Stars aus der zweiten Reihe im Mittelpunkt stehen. Auch wenn jedes Team davon träumt, einen Superstar-Quarterback zu finden, gehen die meisten am Ende auf Nummer sicher und wählen lieber zuverlässige Arbeitsbienen. Meist sind das die Kühlschränke aus der Offensive und Defensive Line, die selbst Footballfans nicht erkennen würden, wenn sie auf der Straße von ihnen über den Haufen gerannt werden. Auch in diesem Jahr gehören wieder einige Spieler aus dieser Kategorie zu den am höchsten eingeschätzten Kandidaten, die von der NFL nach Chicago ins Auditorium Theatre eingeladen werden, um im sogenannten Green Room zu warten, bis ihr Name aufgerufen wird.
Eine Ehre, die für manch einen Spieler zum Albtraum wurde. Denn die Wahl läuft selten nach Plan, und so sitzen meist einige Favoriten wie ein Häufchen Elend im Wartezimmer, weil keiner sie haben will. 2013 erlebte Quarterback Geno Smith die ultimative Schmach, als er erst am zweiten Tag als 39. (!) eine Heimat fand. Doch das peinliche Erlebnis für die verschmähten Spieler kann auch schnell zur Blamage für die Teams werden. 2005 durfte Aaron Rodgers den Green Room erst als 24. Pick verlassen. Heute ist er der beste Quarterback der NFL - und 23 Teams ärgern sich, ihn nicht vorher gewählt zu haben.
Rüdiger Meyer
DO 28.4. PRO 7 MAXX 1.45
Rüdiger Meyer
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