Es gibt Tage, da geht alles drunter und drüber. Da bricht auch auf Felicitas Wolls beschaulichem Bauernhof in Nordhessen Hektik aus. Die Tochter ist krank und muss mit dem Auto zum Arzt, die Mama kämpft mit dem Husten und hat eigentlich gar keine Zeit, aber irgendwie klappt es dann doch. Felicitas Woll atmet einmal tief durch, lässt den Blick über die Weite der Landschaft schweifen und ist bereit.
Sie schätzt die Ruhe und den Frieden auf dem Land. In Berlin, wo sie oft zu Besuch ist, wurde sie im April nach einem Clubbesuch von einem Unbekannten mit einer Eisenstange bedroht. "Manchmal ist man einfach zur falschen Zeit am falschen Ort", sagt die Schauspielerin, die nicht glaubt, dass der Angriff ihr persönlich galt.

Seit 15 Jahren steht sie vor der Kamera, spielte in großen Produktionen wie "Dresden" mit. Ähnlich wie Alexandra Neldel verkörpert sie weniger Charakter-Ikonen als den Typus Frau, der von Männern unterschätzt wird, in Wahrheit aber das stärkere Geschlecht darstellt. Auch die Sat.1-Komödie "Großer Mann ganz klein!", einer von drei neuen TV-Filmen mit ihr, entspricht diesem Muster, stellte die Schauspielerin gleichwohl vor Herausforderungen.

Felicitas Woll liebt Experimente

In dem Film schrumpft ein aufgeblasener Macho, gespielt von Stephan Luca, auf die Größe einer Spielzeugfigur. "Anfangs stand auf dem Tisch eine Puppe, mit der ich gesprochen habe, um die Blickrichtung hinzubekommen", sagt Woll. "Dann wurde die Figur entfernt, und ich habe ins Nichts gesprochen." In diese Szenen wurden später am Computer die Aufnahmen mit dem Däumling hineinmontiert.

Felicitas Woll liebt solche Experimente. "Ich arbeite gern, habe aber auch eine Sehnsucht nach Abwechslung und Verwandlung - deshalb ist der Schauspielerberuf für mich ideal." Dabei kam die heute 33-Jährige eher zufällig zum Fernsehen. Sie wurde Ende der Neunziger von einem Talentscout entdeckt und spielte in diversen Reihen wie "Die Camper", bevor sie als kesse Lolle in "Berlin, Berlin" (ARD, 2002-2005) den Bildschirm eroberte.

Es ist die bislang einzige deutsche Serie, die in der Kategorie Comedy den TV-Oscar, den Emmy, gewann. Die Coming-of-Age-Story um ein junges Mädchen aus der Provinz, das in Berlin Karriere als Comiczeichnerin machen will, hatte alles, was man heute an US-Serien bewundert: Sie war schnell und auf der Höhe ihrer Zeit erzählt, verblüffte mit visuellen Einfällen und spritzigen Dialogen.

Lauter Dinge, die man heute in diesem Format oft schmerzlich vermisst, speziell am ARD-Vorabend, wo beispielsweise der Slogan "Heiter bis tödlich" genau genommen "Tödlich langweilig" heißen müsste. "Die Amerikaner wagen oft einfach abgefahrenere Sachen, auch wenn das mit den Sehgewohnheiten der Mehrheit bricht", analysiert Felicitas Woll.

Dieser Mut habe damals alle bei "Berlin, Berlin" angesteckt. Beim Dreh sind Freundschaften entstanden, die bis heute anhalten. So etwas ist ihr wichtig. Woll wuchs in einer Großfamilie mit vielen Geschwistern auf. Da streitet man sich auch mal, aber im Zweifelsfall steht man einander bei. Felicitas lebt auch heute noch in der Nähe ihrer Mutter. Inzwischen hat die Schauspielerin einen neuen Freund, aber lange Zeit zog sie ihre Tochter allein auf, da weiß man familiäre Unterstützung zu schätzen.

Das ZDF zeigt jetzt die zweite Verfilmung eines Nele-Neuhaus-Krimis mit der Schauspielerin als Kommissarin Pia Kirchhoff, im Juli beginnt im Taunus der Dreh zu den Folgen drei und vier. Die Liebe zum Land teilt die Schauspielerin mit ihrer Figur. "Ich brauche den Kontakt zur Natur, den Geruch der Erde und die Wärme der Sonne."

Eine Vollzeitlandwirtin wird Felicitas Woll trotz Experimenten mit Tomaten wohl nicht. Da ist ihre Tochter Taisha Valentina vor. Ihrer Mutter erteilte die Siebenjährige bereits einen Auftrag: Du kannst deinen Chef anrufen, ich habe Zeit zum Drehen.

Rainer Unruh

Großer Mann ganz klein!
DI 7.5. Sat.1 20.15 Uhr
Eine unbeliebte Frau
MO 13.5. ZDF 20.15 Uhr
Mord nach Zahlen
MI 15.5. ZDF 20.15 Uhr