James-Bond-Filme wären um einiges kürzer, würde man all die Unterwasserszenen mit Harpunen, Haien und grazilen Nixen herausschneiden. Es gäbe sie vermutlich gar nicht ohne diesen Mann: Hans Hass, den Tauchpionier und Abenteurer mit der Aura des smarten Weltenbummlers. Wenn der auf einer seiner Expeditionen die Eigenarten bizarrer Fische erklärte, hörte ihm das Fernsehpublikum besonders gern zu, wenn seine attraktive Ehefrau Lotte mit wallendem Haar und in eng anliegender Bademode über den Bildschirm glitt. "Keine Grotte ohne Lotte" nannte 1959 der "Spiegel" dieses Rezept und konstatierte, dass "der Süddeutsche Rundfunk auf zufriedenstellende Umfrageergebnisse hinweisen könne". Mit anderen Worten: Die Quoten stimmten.

Von 1955 an schrieb das Taucherpaar 30 Jahre lang Fernsehgeschichte. Mit Serien wie "Diving to Adventure" (BBC, 1955), "Expedition ins Unbekannte" (1958) oder "Meine Abenteuer und Forschungen im Meer" (1985). Dazu kommen zahlreiche Kinofilme und Einzeldokus über die Suche nach Schätzen, Wohnen im Meer und die Evolution.

Geschichte der Hass-Liebe
Nun erzählt der TV-Film "Das Mädchen auf dem Meeresgrund" die maritime Geschichte nach. Wie? Natürlich als Lovestory: die große Hass-Liebe mit Yvonne Catterfeld im Badeanzug und Benjamin Sadler. Unter der Regie von Ben Verbong ("Das Sams") werden die Fünfzigerjahre im Peter-Kraus-Stil wieder lebendig. Die couragierte Lotte, ein rechter Wirbelwind im Sommerkleid, ist nicht nur bildhübsch, sondern auch schlau, kann super tauchen und besser filmen als jeder Kameramann. Und irgendwann versteht das auch der fesche Hans, der sonst immer nur seine Fische im Kopf hat... Das alte Rezept funktioniert: Schönen Menschen mit knackigen Körpern sieht man eben einfach gern zu.

Auf den Meeres- aber nicht auf den Grund geht der Film der Person Hans Hass. Als Sohn vermögender Eltern wusste der gebürtige Salzburger nicht viel mit seinem Leben anzufangen. Eine erste Tauchreise 1937 an der französischen Reviera weckte die Unterwasserleidenschaft des 18-Jährigen. Er war von der bunten Vielfalt da unten begeistert, doch seine Schilderungen stießen auf Unverständnis. Daraus leitet sich der Impuls des jungen Abenteurers ab: "Ich wollte dokumentieren, was ich unter Wasser gesehen habe, weil mir kein Mensch geglaubt hat", erinnert sich Hass. Er ließ sich also von einem Schlosser eine Hülle für seine Kamera schmieden und schoss damit 1939 in der Karibik das erste Foto eines Hais in freier Wildbahn. Das von Hass entwickelte erste tragbare Sauerstoffgerät verlängerte die Tauchzeit entscheidend. Er legte damit den Grundstein für den modernen Tauchsport.

1950 heiratete Hans Hass seine Sekretärin Lotte Baierl, die nun mit ins Wasser sprang. Das Publikum sah das gern, während Wissenschaftler die Tauchgänge als "Pin-up-Expeditionen" abtaten.

Der Sohn singt Schlager
Wer den Namen Hans Hass vage mit deutschem Schlager in Zusammenhang bringt, liegt übrigens nicht falsch. Sohn Hans Hass jr. trat in den 60ern und 70ern mit Liedern wie "Miss Tippletoe" auf, versuchte als Schauspieler und Unternehmer auch erfolgreich zu sein. Vergeblich. Er verstarb 2009 plötzlich.

Hans Hass (92) und seine Frau Lotte (83) dagegen erfreuen sich guter Gesundheit. Das kann man bei dem rührenden Gastauftritt der beiden im Film sehen. Ein erfülltes Leben scheint einfach jung zu halten. Frank Aures
Der Tauchpionier

Hans Hass (geb. 1919) wollte eigentlich Jurist werden. Nach einer ersten Tauchreise 1937 schwenkte er auf Zoologie um und entwickelte Unterwasserkameras und Sauerstoffgeräte. Für die damit verwirklichten Kino- und TV-Filme bekam er zahlreiche internationale Preise und den Professorentitel. Hass setzte sich für Haie und Umweltschutz , in einer "Botschaft an die Frauen dieser Welt" aber auch gegen Überbevölkerung ein. Hans Hass lebt mit seiner Frau Lotte in Wien.
Das Mädchen auf dem Meeresgrund
DO 8.12. ZDF 20.15 Uhr