Donnerstag, 26.11.2009, Berlin: Thomas Sonnenburg ist spät dran. Sein Navi hat ihn an die falsche Seite des Alexanderplatzes gelotst. Das Familienministerium, wo ihn heute Ursula von der Leyen zum TV-SPIELFILM-Interview erwartet, befindet sich auf der anderen. Nur noch fünf Minuten bis zum Termin.
Sonnenburg ist erschöpft. Die Dreharbeiten für die neuen "Ausreißer"-Folgen sollten längst abgeschlossen sein. Sind sie aber nicht. Das Telefon klingelt. Ein Delfin-Therapeut erkundigt sich ängstlich, ob die Gefahr besteht, dass das Mädchen, das Sonnenburg ihm anvertrauen will, vielleicht seinen Delfin beißen könnte.
Der Streetworker, dessen Arbeit mit Straßenkindern RTL sehr authentisch in "Die Ausreißer" dokumentiert, will mit der Familienministerin heute über Kinderarmut sprechen. Ursula von der Leyen hat mit Vorstößen bei Elterngeld, Kitaplätzen und dem Kampf gegen Kinderpornografie im Internet viel auf den Weg gebracht.
Das Lob der Familienministerin...
Seit Jahren arbeitet das Familienministerium mit TV SPIELFILM im Rahmen der Kampagne "Schau hin! Was deine Kinder machen" zusammen - einer Initiative, die Kinder und Eltern beim Umgang mit Medien unterstützt.
Endlich kommt der Fahrstuhl im achten Stock an. Kaum sind wir raus, kommt uns schon die Ministerin samt Beratern entgegengestürzt. Von der Leyen muss schleunigst in den Bundestag. Abstimmen über das weitere Schicksal von Ex-Verteidigungsminster Jung, den die Tank-laster-Affäre einholt.
Im Café nebenan läuft die Abstimmung auf dem Fernseher. "Ich bin seit acht Monaten im Dauereinsatz", sagt Sonnenburg, will weitersprechen, da summt schon wieder sein Telefon. Mal ist es das Jugendamt, mal die Produktionsfirma oder ein Jugendlicher. Sonnenburg beschwichtigt, insistiert, entscheidet.
Er erzählt von seinem Buch. Darin steht, wie er wurde, was er ist: Streetworker. Von den romantischen Vorstellungen, die für ihn damit verbunden waren. New York, brennende Mülltonnen, Gangs. "Der Alltag ist aber einfach harte Arbeit, Amtsgänge und Bürokratie."
Man sieht ihm die Last an, die auf seinen Schultern ruht. Dieser Mann hat nie Feierabend. "Seine" Kinder sollen immer bei ihm anrufen können. Er will für sie da sein - auch Jahre nach der Ausstrahlung.
Die Ministerin ist zurück. Konzentriert geht es zur Sache: Wie sieht Kinderarmut aus, was kann man dagegen tun? Die Ministerin macht deutlich, wie hoch sie die Arbeit des prominenten Streetworkers bewertet. Von der Leyen sagt: "Menschen wie Thomas Sonnenburg brauchen wir händeringend. Gerade da, wo Kinder vollständig ausgestiegen sind, wo man sie nur noch von Angesicht zu Angesicht erreicht und indem man versucht, wieder Vertrauen aufzubauen."
...die kurz darauf keine mehr ist
Keiner von uns weiß zu diesem Zeitpunkt, dass dies das letzte Interview sein wird, das Frau von der Leyen als Familienministerin geben wird. Noch am Abend tritt Arbeitsminister Franz Josef Jung zurück. Von der Leyen stellt sich spontan für die Nachfolge bereit.
Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Artikels ist sie also bereits vier Wochen in ihrem neuen Ressort tätig gewesen. Und kann sich nun nicht mehr als Familienministerin äußern.
Auch wenn das Interview also nicht mehr erscheinen kann, freut sich Sonnenburg über das Treffen. "So ein Lob von einer Fachfrau macht mich wirklich stolz. Das ist ja sozusagen ein ministerialer Ritterschlag und ein Riesenansporn."
Die besondere Einsatzbereitschaft und Authentizität des Sozialpädagogen sind mittlerweile sogar von der UN wahrgenommen worden. Ab Januar arbeitet Sonnenburg für das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen UNHCR. Im Frühjahr dreht er in einem riesigen Flüchtlingslager in Kenia.
Globaler Streetworker, noch eine Art Ritterschlag. "Zum Glück habe ich meine Lebenskrise schon gehabt und bin seitdem sehr gesettelt", sagt Sonnenburg. "Sonst würde mir die ganze Anerkennung vielleicht zu Kopf steigen."
Neulich habe ihm jemand gesagt: "Wenn das in der Sendung alles echt ist, ist das richtig geil." Dafür steht Thomas Sonnenburg mit seinem Namen. Und seinen Augenringen.
Frank Aures
Sonnenburg ist erschöpft. Die Dreharbeiten für die neuen "Ausreißer"-Folgen sollten längst abgeschlossen sein. Sind sie aber nicht. Das Telefon klingelt. Ein Delfin-Therapeut erkundigt sich ängstlich, ob die Gefahr besteht, dass das Mädchen, das Sonnenburg ihm anvertrauen will, vielleicht seinen Delfin beißen könnte.
Der Streetworker, dessen Arbeit mit Straßenkindern RTL sehr authentisch in "Die Ausreißer" dokumentiert, will mit der Familienministerin heute über Kinderarmut sprechen. Ursula von der Leyen hat mit Vorstößen bei Elterngeld, Kitaplätzen und dem Kampf gegen Kinderpornografie im Internet viel auf den Weg gebracht.
Das Lob der Familienministerin...
Seit Jahren arbeitet das Familienministerium mit TV SPIELFILM im Rahmen der Kampagne "Schau hin! Was deine Kinder machen" zusammen - einer Initiative, die Kinder und Eltern beim Umgang mit Medien unterstützt.
Endlich kommt der Fahrstuhl im achten Stock an. Kaum sind wir raus, kommt uns schon die Ministerin samt Beratern entgegengestürzt. Von der Leyen muss schleunigst in den Bundestag. Abstimmen über das weitere Schicksal von Ex-Verteidigungsminster Jung, den die Tank-laster-Affäre einholt.
Im Café nebenan läuft die Abstimmung auf dem Fernseher. "Ich bin seit acht Monaten im Dauereinsatz", sagt Sonnenburg, will weitersprechen, da summt schon wieder sein Telefon. Mal ist es das Jugendamt, mal die Produktionsfirma oder ein Jugendlicher. Sonnenburg beschwichtigt, insistiert, entscheidet.
Er erzählt von seinem Buch. Darin steht, wie er wurde, was er ist: Streetworker. Von den romantischen Vorstellungen, die für ihn damit verbunden waren. New York, brennende Mülltonnen, Gangs. "Der Alltag ist aber einfach harte Arbeit, Amtsgänge und Bürokratie."
Man sieht ihm die Last an, die auf seinen Schultern ruht. Dieser Mann hat nie Feierabend. "Seine" Kinder sollen immer bei ihm anrufen können. Er will für sie da sein - auch Jahre nach der Ausstrahlung.
Die Ministerin ist zurück. Konzentriert geht es zur Sache: Wie sieht Kinderarmut aus, was kann man dagegen tun? Die Ministerin macht deutlich, wie hoch sie die Arbeit des prominenten Streetworkers bewertet. Von der Leyen sagt: "Menschen wie Thomas Sonnenburg brauchen wir händeringend. Gerade da, wo Kinder vollständig ausgestiegen sind, wo man sie nur noch von Angesicht zu Angesicht erreicht und indem man versucht, wieder Vertrauen aufzubauen."
...die kurz darauf keine mehr ist
Keiner von uns weiß zu diesem Zeitpunkt, dass dies das letzte Interview sein wird, das Frau von der Leyen als Familienministerin geben wird. Noch am Abend tritt Arbeitsminister Franz Josef Jung zurück. Von der Leyen stellt sich spontan für die Nachfolge bereit.
Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Artikels ist sie also bereits vier Wochen in ihrem neuen Ressort tätig gewesen. Und kann sich nun nicht mehr als Familienministerin äußern.
Auch wenn das Interview also nicht mehr erscheinen kann, freut sich Sonnenburg über das Treffen. "So ein Lob von einer Fachfrau macht mich wirklich stolz. Das ist ja sozusagen ein ministerialer Ritterschlag und ein Riesenansporn."
Die besondere Einsatzbereitschaft und Authentizität des Sozialpädagogen sind mittlerweile sogar von der UN wahrgenommen worden. Ab Januar arbeitet Sonnenburg für das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen UNHCR. Im Frühjahr dreht er in einem riesigen Flüchtlingslager in Kenia.
Globaler Streetworker, noch eine Art Ritterschlag. "Zum Glück habe ich meine Lebenskrise schon gehabt und bin seitdem sehr gesettelt", sagt Sonnenburg. "Sonst würde mir die ganze Anerkennung vielleicht zu Kopf steigen."
Neulich habe ihm jemand gesagt: "Wenn das in der Sendung alles echt ist, ist das richtig geil." Dafür steht Thomas Sonnenburg mit seinem Namen. Und seinen Augenringen.
Frank Aures