Sie gehört zu den profiliertesten und engagiertesten ihres Standes. Die Schauspielerin Iris Berben - im Kino läuft zurzeit ihre Komödie Miss Sixty - verkörpert im historischen Fernsehfilm Sternstunde ihres Lebens die Juristin und Politikerin Elisabeth Selbert, die in den 40er-Jahren dafür kämpfte, dass der Grundsatz "Männer und Frauen sind gleichberechtigt" in die bundesrepublikanische Verfassung aufgenommen wurde.

TV SPIELFILM: Es hat dann aber noch gedauert mit der Gleichberechtigung.

IRIS BERBEN Die Benachteiligung ist nach wie vor da, zum Beispiel die Lohnungleichheit. Wenn man allerdings bedenkt, dass bis in die späten 70er-Jahre eine Frau bei ihrem Mann die Genehmigung einholen musste, um einen Beruf auszuüben... Da sind wir dann doch schon weiter.
Als prominente Schauspielerin haben Sie unter Zurücksetzungen und Sexismus sicher nicht zu leiden. War das mal anders?

IRIS BERBEN Ich entstamme der Generation der sexuellen Befreiung. Die wurde sicher nicht in dem Maße ausgelebt, wie es heute kolportiert wird, aber da wurde etwas aufgebrochen in einer verkrusteten Gesellschaft. Dass man sich auch als junge Frau mit Männern treffen konnte, ohne dass das Wort "Flittchen" fiel.

Die Filmbranche pflegt einen speziellen Sexismus, oder?

IRIS BERBEN Ja, da gab es einen italienischen Produzenten, der gern im Hotelzimmer empfangen hätte. Ich glaube, so etwas ist heute vorbei.

Wie, keine Castingcouch mehr?

IRIS BERBEN Kommt vielleicht darauf an, ob man nur Schauspieler oder ob man berühmt werden will. Und wer eher berühmt werden will, der fällt vielleicht auch mal auf die berühmte Besetzungscouch.

Wie emanzipiert waren Sie als "Supergirl" der 60er und 70er? Die "Himmlischen Töchter", Ingrid Steeger und Sie, waren der Speerspitze der Emanzipation...

IRIS BERBEN ...ein Dorn im Auge, natürlich. Ich habe früh ein emanzipatorisches Leben vorgelebt bekommen. Durch meine Mutter, die eine selbstbestimmte Frau war. Ich kenne nichts anderes, aber Sie haben natürlich recht, durch Filme wie "Himmlische Töchter" wurden wir zur Zielscheibe.

Sexsymbol und Feministin, ein Widerspruch!?

IRIS BERBEN Für mich nicht. Ich kann mich natürlich an die Zeit erinnern, in der ich vor allem durch Äußerlichkeiten wahrgenommen wurde. Umgekehrt waren die freilebigen 68er nicht weniger spießig. wenn du gesagt hast, man kann beides verkörpern. Warum darf ich nicht jemand sein, der sich seiner Weiblichkeit bewusst ist?

Würden Sie sich heute als Feministin bezeichnen?

IRIS BERBEN Nein, so radikal bin ich nicht. Aber ich bin eine emanzipierte Frau...

..., die kämpfen gelernt hat.

IRIS BERBEN Natürlich. Ich war gerade einundzwanzig und habe ein Kind bekommen, bin mit meiner Kohle nicht hingekommen, hatte einen Beruf, in dem ich gerade ganz am Anfang stand. Ich war geprägt durch die 68er. Das heißt, dass man unabhängig ist, sich von einem Mann nicht abhängig macht, auf gar keinen Fall finanziell und möglichst auch nicht emotional. Über das Emotionale denke ich heute immer noch anders. (lacht)

Sie sind Vorsitzende der Deutschen Filmakademie. Frauenquote ja, Frau Präsidentin?

IRIS BERBEN Es ist so ärgerlich, dass man wieder über die Frauenquote reden muss. Ich dachte, das Thema wäre durch. Ist es aber nicht, und darum schlägt mein Herz bei der Frauenquote mit ein paar Aussetzern, dafür und dagegen. Ich glaube, es geht nicht ohne.

Möchten Sie, dass sich mehr Frauen politisch engagieren?

IRIS BERBEN Ja, natürlich. Wir leben in einer Demokratie und sollten uns immer wieder daran erinnern, dass wir mitgestalten können.

In einer Komödie spielen Sie demnächst die Bundeskanzlerin.

IRIS BERBEN Ja, das ist eine Satire nach dem Roman "Die Eisläuferin", ein wunderbarer Stoff.

Eine fiktive Figur, aber doch angelehnt an unsere Kanzlerin?

IRIS BERBEN Man wird denken, dass sie gemeint ist. Das ist innerhalb einer Satire ein erlaubtes Mittel, finde ich. Der Roman ist schreiend komisch, aber er erzählt auch etwas über Machtmechanismen.

Sie kennen sich?

IRIS BERBEN Ja. Ich glaube, dass die Frau Bundeskanzlerin auf dem Empfang der CDU/CSU, wo ich ja auch als Präsidentin eine kleine Rede halte, sein wird. Mal schauen, wie wir uns da gegenüberstehen, wir beiden Kanzlerinnen. (lacht)

Heiko Schulze

Sternstunde ihres Lebens
MI 21.5. Das Erste 20.15 Uhr