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So erforschen Sender Zuschauerreaktionen

Was guckst du? Und warum?

Mit raffinierten Testverfahren erforschen die Sender, was wir sehen wollen. Ein Selbstversuch

Die Sender träumen davon, den Zuschauern ins Gehirn zu gucken, um die geheimsten Sehnsüchte des Publikums zu bedienen. Schon jetzt werden Pupillenbewegungen analysiert und Veränderungen des Hautwiderstands registriert

Es ist die Gretchenfrage aller Programmplaner: Was will der Zuschauer sehen? Um das herauszufinden, lassen die Sender vor der Ausstrahlung jedes neues Format, ob Show, Serie oder Film, analysieren.

Dabei verlassen sich die Meinungsforschungsinstitute längst nicht mehr allein auf den klassischen Fragebogen. Da werden Pupillenbewegungen untersucht, um zu prüfen, ob wir eher hin- oder weggucken, wenn der Moderator ein rotes Jackett trägt. Oder es wird fast wie beim Arzt der Puls registriert, damit man weiß, wie wir auf Zoff in einer Soap reagieren.

Unternehmen wie die australische Firma Neuro Insight, die auch für RTL arbeitet, messen die Gehirnströme von Probanden, die Werbespots ansehen. Visuelle Aufmerksamkeit, Informationsaufnahme, Merkfähigkeit: Alles gerät in den Fokus der Forschung, die suggeriert, man könne direkt in den Kopf des Zuschauers gucken. Die Ergebnisse sind allerdings nicht immer im Sinne der Werbezeitvermarkter: So stellten die Forscher von Goldmedia bei der Analyse der Pupillenbewegung von Fußballfans fest, dass Bandenwerbung im Stadion am besten bei langweiligen Spielen funktioniert.
Foto: PR, Autor Rainer Unruh als Testperson
Aus Angst vor Flops testen Sender ihre neuen Formate bereits in der Planungsphase. Wolfgang Schlünzen, Geschäftsführer des Monheimer Instituts für Marken- und Medienforschung, erzählt, dass beispielsweise für eine neue Quizshow 15 Moderatoren gecastet wurden, deren Fähigkeiten hinterher ausgewählte Zuschauer beurteilten.

Was taugen solche Tests? Bei einem Selbstversuch im Monheimer Institut soll geklärt werden, wie ich auf romantische Szenen im Fernsehen reagiere. Dabei werden sowohl bewusste Urteile als auch körperliche Reaktionen wie die Änderung des Hautwiderstands aufgezeichnet und hinterher von einer Software in ein Diagramm umgewandelt.

Die Kurve für die körperlichen Reaktionen zeigt starke Ausschläge bei einer Flirtszene. Allerdings lässt sich daraus wenig für die konkrete Programmplanung ableiten. Bei der Wahl zwischen einem seichten Pilcher-Film und einem 007-Klassiker würden selbst Romantiker Bond bevorzugen.

Rainer Unruh