8000 Meilen bis Alaska
SO, 1.1., ARD, 18.15 Uhr
Vielleicht hat es ja damit zu tun, dass ihm kochende Vulkanlava einst fast den Fuß verschmort hätte. "Im Zweifel ist Eis mir näher", sagt Klaus Scherer, der zum Abschied seiner USA-Korrespondenz den winterlichen Norden seines Berichtsgebietes bereiste: 8000 Meilen bis Alaska von Neuenglands Atlantikküste westwärts durch den Kontinent bis zum Pazifik und weiter nach Norden zum Eismeer.

NDR/Scherer

Amerikas Norden: Grafikkarte der Reise.

Auf Schneeschuhen, mit dem Boot, reitend mit den letzten Indianerpferden, will der Journalist abseits des politischen Alltags zeigen, "welche Dimensionen dieses Land hat, welche Vielfalt und welche Bilderfülle". Neben grandiosen Großlandschaften und alten Inuit-Traditionen entdeckt der Berichterstatter dann zur eigenen Überraschung ein modernes Amerika, wie er es selbst nicht für möglich gehalten hätte, zum Beispiel in den Farmer-Genossenschaften in Vermont. "Wenn Sie aus Washington ständig über die Ultrarechten der Tea Party berichten, rechnen Sie kaum noch damit, hier auf derart erfolgreichen Alltagssozialismus zu stoßen."

Tatsächlich arbeiten die Landwirte aus Neuengland nicht nur hocheffizient, sondern sind mittlerweile Trendsetter im ökologischen Anbau. Die Höhepunkte der 75-minütigen Doku, die die ARD am Neujahrstag zeigt, liegen aber zweifellos im ewigen Eis - in Alaska, der letzten Wildnis. "Da schauen Sie sich einmal um, schon gucken Sie zwei Elche an und ein Weiß­kopfadler. Sie filmen das und denken, das kann ich hier alles mit der Hand greifen. Unglaublich."

NDR/Scherer

Kein Gold, kein Drink: Strandgrundstück bei Nome, Alaska.

Frostiges Abenteuer im toten Winkel

Aber Scherer wäre nicht der vielfach ausgezeichnete Geschichtenerzähler ("Im Bann des Yukon"), wenn er sich auf die Natur verlassen würde. In den Diomedes-Inseln, die teils in Alaska und teils in Russland liegen, findet der Reporter im Fadenkreuz von Datumsgrenze und Polarkreis einen idealen Zielpunkt. Einen jener Orte, die ihn immer wieder faszinieren: die toten Winkel der Welt. Hier tobt der Kalte Krieg bis heute, und "trotzdem ist das für die Menschen dort der schönste Platz auf Erden, weil es ihre Heimat ist".

Dass ein Schneesturm Klein-Diomede über Tage von den Außenwelt abschottete, entwickelte sich für den zwischenzeitlich schwer erkälteten Scherer und sein Team zum frostigen Abenteuer. "Aufregender war es nur im Hubschrauber unter den Niagarafällen", bilanziert der 51-Jährige. "Mir hat sich zehn Mal der Magen umgedreht. Das werde ich nie vergessen." 

Heiko Schulze