Der Lohn der Angst

Weil wir Nervenkitzel so lieben: Arte bringt im März eine Schocker-Reihe mit Klassikern wie Psycho und jungen Kultfilmen wie "The Blair Witch Project". Nächster Film: "Glatt rasiert"

Nur ein Narr hat keine Angst", lautet ein Sprichwort. Wohl wahr, denn ohne ein inneres Alarmsystem könnten weder Mensch noch Tier überleben. Angst lässt uns Bedrohungen spüren und meiden. Ohne sie würden wir uns bedenkenlos in jede Gefahr begeben, und darin kommt man bekanntlich um.

Eigentlich ist Angst ein unangenehmes Gefühl. Doch sie kann auch Spaß machen. Als Nervenkitzel, Thrill und wohliger Grusel führen wir sie absichtlich herbei: Ob Achterbahn, Fallschirmsprung oder Horrorfilm - das kontrollierte Spiel mit tief verwurzelten Ängsten ist ein fester Bestandteil der Unterhaltungskultur.

Der Angst folgen die Glückshormone

Warum das so ist, darüber machte sich bereits der alte Aristoteles Gedanken: Wenn der Zuschauer im Theater angesichts des Bühnengeschehens Furcht oder Trauer empfinde, werde er selbst von derlei negativen Gefühlen gereinigt. Katharsis nannte er diesen Effekt, der das Theater bis ins 20. Jahrhundert prägte.

Mehr als 2300 Jahre nach dem alten Griechen widmen sich Hirnforscher der Lust an der Furcht. Sie haben herausgefunden, dass uns das Gehirn nach überstandener Angst mit Glückshormonen belohnt. Der so genannte Adrenalin-Kick, nach dem Bungee-Springer und Horrorfreaks süchtig sind, ist eigentlich ein Endorphin-Kick.

Und der hat seinen biologischen Sinn. Das Spiel mit der Angst hilft uns beim Feintuning unserer inneren Alarmanlage. Indem wir sie in gefahrlosen Situationen probelaufen lassen, lernen wir, uns Ängsten zu stellen und sie zu überwinden. Denn Angst ist zwar lebenswichtig, doch wer jeder potenziellen Gefahr aus dem Weg geht, führt ein armes und ödes Leben. Außerdem ist man in Gefahrensituationen gut beraten, einen kühlen Kopf zu bewahren.

Mit Angst umzugehen, muss jeder Mensch beim Erwachsenwerden lernen. Darum lieben gerade Teenager Freddy Krueger & Co. Dass trotzdem nicht jeder Horrorschocker das Prädikat "besonders wertvoll" verdient, steht auf einem anderen Blatt.

Christian Holst