Diagnose Amnesie: Der israelische Regisseur Ari Folman konnte sich an nichts aus seinem Militär­dienst im Libanonkrieg 1982 erinnern. Bei ehemaligen Kameraden suchte er nach Anhaltspunkten und wollte aus den daraus entstandenen Interviews einen Film machen. Doch um das Mosaik aus Erinnerungen und Träumen zu realisieren, hätte er ein Hollywood-Budget benötigt. So erzählt er seine Geschichte in gezeichneten, am Computer animierten Bildern.

Dabei geht er nicht nur optisch neue Wege, sondern zeigt seine Landsleute auch als (Mit)Täter der Massaker von Sabra und Schatila, bei dem Hunderte palästinensische Flüchtlinge ermordet wurden. Ein fantastischer, schockierender, umstrittener Streifen, der als erster Animationsfilm für den Auslands-Oscar nominiert wurde.

Ernste Animation

Wer Zeichentrick automatisch unter "Entertainment für die Kleinen" wegsortiert, den dürfte "Waltz with Bashir" irritieren. Unter diesem Missverständnis litten schon die "Simpsons". Ein Jahrzehnt lang wurde die preisgekrönte Serie in Deutschland wie Kinderfernsehen behandelt und im Vorabend versendet. Düstere Episoden wie die jährlichen Halloween-Specials wurden dafür ins Nachtprogramm verbannt: absurde Doppelmoral.

Ab 2000 lief die Serie dann mit großem Erfolg in der Primetime. Dabei gibt es schon lange Animationsfilme für ein erwachsenes Publikum und das aus aller Welt. Sie sind anspruchsvoll, oft ernst, bisweilen erschütternd und alles andere als Gutenachtgeschichten. Wenn also ein Trick­film zu späterer Stunde kommt, sollte man nicht nur zum Schutz der eigenen Kinder hinschauen. Vielleicht ist es ja eine Filmperle "für Große".

Dominik Drozdowski