.

Nur wenige Produzenten können richtig große Filme machen

Mächtig kreativ: Die Quotenmacher

Sie bestimmen, was wir sehen: Eine kleine Gruppe von Produzenten finanziert und verwirklicht die großen Spielfilme, die Millionen vor dem Bildschirm verfolgen

Es sind immer dieselben Namen, auf die man im Abspann der großen deutschen Fernsehfilme stößt. Jüngstes Beispiel: "Unsere Mütter, unsere Väter". Der 15 Millionen Euro teure, bundesweit diskutierte ZDF-Dreiteiler über junge Deutsche im Dritten Reich wurde von Nico Hofmanns Firma Teamworx produziert.

Wie "Rommel", "Der Turm" und "Dresden" auch. Oliver Berben ("Das Adlon") ist ein weiterer Big Player im deutschen Fernsehgeschäft, Jan Mojto ("Borgia") und Rola Bauer ("Die Säulen der Erde") stemmen die großen internationalen Fernsehfilme und Miniserien.

Zwar gibt es hierzulande rund 900 Produktionsfirmen im engeren Sinne, von denen 600 schwerpunktmäßig fürs Fernsehen und 300 eher fürs Kino arbeiten. Aber 83 Prozent der Unternehmen sind kleine Klitschen mit einem Jahresumsatz von weniger als einer Million Euro. Dagegen entfallen auf die 25 größten Unternehmen fast 50 Prozent des Umsatzes.

Ganz vorn dabei ist Nico Hofmann, charmanter Sonnyboy der Branche. Er ist bestens vernetzt und nicht nur in den Feuilletons präsent, sondern auch Stammgast in den bunten Blättern. Medienwirksam an -seiner Seite: Stars wie Maria Furtwängler, -Veronica Ferres oder Hannelore Elsner.

Doch vor dem Gang über den roten Teppich steht auch für ihn mühevolle Kleinarbeit. Interessante Stoffe müssen entwickelt, sogenannte Treatments (Kurzversionen) verfasst werden, aus denen dann die Drehbücher entstehen. Dabei gehen die Produzenten finanziell in Vorleistung (zwischen 10 000 und 50 000 Euro kostet ein fertiges Skript) und ins Risiko.

Selbst kleinere Firmen müssen mehrere Ideen parallel entwickeln lassen, denn nur die wenigsten schaffen es bis zur Verfilmung. Findet sich kein Sender oder zieht dieser seine Zusage für ein Projekt zurück bzw. verschiebt die Produktion, wird's eng.

Michael Souvignier, Produzent des preisgekrönten TV-Zweiteilers "Contergan", ist einer von vielen, die an dieser Politik gescheitert sind und 2011 Insolvenz anmelden mussten. "Die Gründe dafür sind unter anderem verschiedene bereits zugesagte Großproduktionen, in die viel Zeit und Geld von uns vor-investiert wurde und die leider von unseren Auftraggebern in das nächste Jahr verschoben wurden", erklärte er damals. "Das hat dazu geführt, dass unsere Liquidität erschöpft ist."

Durchhalten können also nur die Big Player der Branche.

TEAM FÜR DEUTSCHLAND: DIE ELF DER BESTEN FILMPRODUZENTEN
Foto: ARD Degeto/Marko Greitschus, Bei der Preview zu "Laconia": Nico Hofmann
Nico Hofmann
Wer er ist Gründer und Geschäftsführer von Teamworx (Berlin).
Was er kann Seinen ersten Grimme-Preis ­bekam er 1996 als Regisseur von "Der Sandmann". Dann wechselte er die Seiten, wurde Produzent. Das filmische Denken ist noch heute seine Stärke. Vom Treatment bis zum Final Cut ist Hofmann in seine Projekte (bislang 240) eingebunden. Der Lufthansa HON-Member ist global bestens vernetzt und Meister darin, andere für seine Projekte zu entflammen. Filme machen ist sein Leben.
Wichtige Filme "Der Tunnel", "Dresden",­­
"Die Flucht", "Unsere Mütter, unsere Väter".
Jüngster Coup Als Nächstes will er "Die Affäre Wulff" und mit Partner Jan Mojto (u.) das ­Leben Adolf Hitlers als Miniserie verfilmen.

Jan Mojto
Wer er ist Seine in München ansässige Firmengruppe umfasst u. a. die Produktions­firma EOS-Film, das TV-Handelshaus Beta-Film und das Klassik-Label Unitel.
Was er kann Der gebürtige Slowake und studierte Literaturwissenschaftler gehörte zu den engsten Vertrauten des Filmmoguls Leo Kirch. Mojto spricht acht Sprachen fließend, in allen kann er ungemein charmant, aber unnachgiebig in der Sache verhandeln. Es gibt kaum eine deutsche TV-Großproduktion, zu der Mojto nicht die internationalen Geldgeber gesucht - und gefunden hätte. Aber auch als Produzent ist er erfolgreich.
Wichtige Filme"John Rabe", "Borgia".
Jüngster Coup Er verkaufte die Filmrechte an "Unsere Mütter, unsere Väter" in die USA.

Oliver Berben
Wer er ist Sohn der Schauspielerin Iris Berben und Geschäftsführer der Constantin Film Produktion.
Was er kann Ge­nialer Redner und Verkäufer, produziert Eventmovies mit Starbesetzung und Riesenetats wie sonst nur Nico Hofmann
Größte Erfolge "Das Adlon. Eine Familiensaga" (ZDF-Dreiteiler im Januar mit über 8 Mio. Zuschauern), "Krupp - Eine deutsche Familie" (2009, 11 Mio. Euro teuer, über 7 Mio. ZDF-Zuschauer).

Regina Ziegler
Wer sie ist Filmproduzentin seit 1973, führt ihre Firma heute mit Tochter Tanja.
Was sie kann Die 69-Jährige ist eine Kämpfernatur. Sie verlor mit dem Kinofilm "Henri 4" weit über 1 Mio. Euro, macht aber unverdrossen weiter. Nächste Projekte: "Im Weißen Rössl" mit Diana Amft (ab 7.11. im Kino) und eine "Tatort"-Folge.
Lebensleistung Mehr als 400 Filme, viele mit Christine Neubauer, aber auch den Dreiteiler "Die Wölfe", für den sie den ­Emmy erhielt, und die Serie "Weissensee".

Christian Becker
Wer er ist Gründer der Rat Pack Film­produktion und des DVD-Labels Turbine Medien.
Was er kann Weiß, wie Kinder denken, bringt auch Erwachsene zum Träumen.
Größte Erfolge "Wicki"-Filme mit Bully Herbig, Komödie "Der Wixxer".
Was kommt "Fack ju Göthe" mit Karoline Herfurth (Kinostart: 14.11., 2015 im TV).

Jutta Lieck-Klenke
Wer sie ist Geschäftsführerin Network Movie (Köln/Hamburg), ein Tochter­unternehmen von ZDF-Enterprises.
Was sie auszeichnet Gespür für Stoffe, Beharrlichkeit, 110 produzierte Filme
Was kommt Drei neue Siegfried-Lenz-Verfilmungen für das ZDF.
Traum Film über den Passfälscher Cioma Schönhaus, der viele Juden rettete.

Gabriela Sperl
Wer sie ist Preiswürdig waren schon die Filme, die sie als Programmbereichsleiterin des BR produzierte. Seit 2003 ist sie mit der Sperl Film GmbH selbstständig.
Was sie kann Autoren und Regisseuren ist sie eine kundige Partnerin, ihre Produktionen verteidigt sie mit Löwenmut.
Wichtige Filme "Stauffenberg", "Die Flucht", "Nicht alle waren Mörder".
Jüngster Coup Die Verfilmung der legendären "Spiegel"-Affäre für Das Erste.

Rola Bauer
Wer sie ist Mitinhaberin der Filmproduktions- und Distribu­tionsfirma Tandem Communications.
Was sie kann Spezialisiert auf internationale Großproduktionen wie "Die Säulen der Erde" (sahen zum Start 2010 in Sat.1 mehr als 8 Mio. Zuschauer) und "Die Tore der Welt", ist bei den Dreharbeiten ein Energiebündel. 130 Filme gehen auf ihr Konto.
Jüngster Coup "Crossing Lines", Krimi­serie mit Donald Sutherland über ein globales Ermittlerteam (Herbst, Sat.1).

Sona Goslicki
Wer sie ist Die studierte Theaterwissenschaftlerin arbeitet seit 1994 als Produzentin bei Colonia Media.
Was sie macht Sie ist die Frau hinter dem Münsteraner "Tatort", dem erfolgreichsten der Erfolgsreihe (zuletzt im Februar mit 12,81 Millionen Zuschauern). Sie produzierte bislang 42 Filme, ihr erster war "Schimanski: Die Schwadron" (1997), ihr wichtigster "Guter Junge" (2008) und ihr erfolgreichster "Mein Vater" (2003) mit Götz George als an Alzheimer erkrankten Busfahrer, der mit dem Emmy ausgezeichnet wurde, dem bedeutendsten Fernsehpreis der Welt.
Wichtigste Eigenschaft Mentalität eines Stehaufmännchens
Nächste Projekte "Schimanski: Loverboy" zum 75. Geburtstag Götz Georges und eine neue Folge des Dortmunder "Tatorts"
Traum Ein Film über deutsche Aussteiger, die sich in den Zwanzigerjahren auf den Galápagosinseln angesiedelt haben.

Heidi Ulmke
Wer sie ist Produzentin bei FFP Entertainment, spezialisiert auf massentaugliche Fernsehfilme.
Was sie macht Extrem erfolgreiche Verfilmungen der Romane von Rosamunde Pilcher und Barbara Wood, die insgesamt Hunderte von Millionen Zuschauern erreichen.
Was sie kann Arbeitet schnell und zuverlässig. Liefert mit hohem Output optisch hochwertige Mainstream-Unterhaltung ab

Christine Strobl
Wer sie ist Tochter von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble. Seit Juli 2012 Chefin der ARD-eigenen Produktions- und Einkaufsfirma Degeto mit einem Jahresetat von rund 400 Mio. Euro.
Was sie kann Gilt als entscheidungsfreudig und mutig, scheut keine Konflikte.
Was sie macht Räumt bei der Degeto auf, versorgt die ARD mit 12 000 Stunden Programm im Jahr und sucht nach Filmen mit mehr Niveau.

Susanne Sturm/Rainer Unruh