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Neue "Tatort"-Kommissarin Alina Levshin als rechtsradikale Ostdeutsche

Im braunen Sumpf

Regisseur David Wnendt und Hauptdarstellerin Alina Levshin haben für ihr Drama "Kriegerin" (DO, 1.8.) im rechtsradikalen Milieu recherchiert

Marisa ist knallhart. Eine "Kriegerin", die säuft und prügelt wie ein Kerl. Die alles und jeden hasst, bis auf ihren Opa, der vom Dritten Reich schwärmt, und ihren Skinhead-Freund, der vom Vierten Reich träumt. Wenn die Frau ihr "Nazibraut"-T-Shirt auszieht, um mit Sandro zu vögeln, blitzt das Hakenkreuz-Tattoo auf ihrer Brust. Ein Klischee? Leider nicht, so Drehbuchautor und Regisseur David Wnendt, der für sein 2012 mit dem Deutschen Filmpreis geadeltes Debüt intensiv im braunen Sumpf recherchiert hat.
Für seinen Diplomfilm an der Potsdamer Filmhochschule lief der damalige Student bei rechten Demos mit, sah sich in einschlägigen Jugendclubs in Ostdeutschland um und nahm im Internet über ein Datingportal Kontakt zu rechtsradikalen Frauen auf. So lernte er weibliche Neonazis kennen - darunter auch eine junge Frau, die sich ein Hakenkreuz auf die Brust tätowiert hatte, was in der Öffentlichkeit keiner sehen darf, weil die Zurschaustellung verfassungsfeindlicher Symbole strafbar ist.

Solche Figuren tauchen im Fernsehen so gut wie nie auf. Dort prägen Männer in Springerstiefeln unser Bild von den Neonazis. Regisseur Wnendt warnt jedoch davor, die Frauen als Mitläuferinnen abzutun. Sie könnten genauso gewalttätig und rassistisch wie die Männer sein. Anders als diese müssen sie allerdings mit einem kaum lösbaren Widerspruch leben.

"Die Emanzipation ist ja auch an den rechten Frauen nicht spurlos vorbeigegangen", sagt Marisa-Darstellerin Alina Levshin. "Sie wollen aktiv sein und etwas verändern. Genau das verwehrt ihnen aber die rechte Ideologie, die sie auf ihre Rolle als Mutter, auf den Haushalt etc. einschränkt." Die in der Ukraine geborene Schauspielerin, die mit sechs nach Deutschland kam und ab November im Erfurter "Tatort" ermittelt, wurde selbst noch nie von Rechtsradikalen belästigt. Als sie "Kriegerin" drehte, war auch noch nichts vom realen Terror der NSU-Gruppe bekannt, der etliche Morde zur Last gelegt werden.

Wnendt, der gerade fürs Kino den Bestseller "Feuchtgebiete" verfilmt hat, überrascht die Gewalttätigkeit der Rechten nicht: "Neonazis vertreten ja die Parole ,Taten statt Worte‘, und dass Einzelne bereit sind, damit ernst zu machen, war mir klar." Anlass zur Sorge gibt ihm auch, dass rechte Positionen wie Fremdenfeindlichkeit vielerorts konsensfähig sind. "In manchen Gegenden gelten Neonazis als Mainstream", sagt der Regisseur.

Dass es auch anders geht, zeigt Atzendorf in Sachsen-Anhalt, wo Wnendts Frau aufwuchs. Hier kümmert sich ein Sportverein vorbildlich um die Jugend. Von der braunen Pest blieb der Ort bislang verschont.

Rainer Unruh
Kriegerin
DO 1.8. ZDF 22.15 Uhr
FR 2.8. ZDF kultur 20.15 Uhr