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Moby Dick

Riesen-Geschichte

Warum kann eine weitere TV-Verfilmung (SO, 27.11.) dem Klassiker Moby Dick noch neue Facetten abgewinnen? Weil die Story so gut ist. Hier die fünf Kernelemente ...

Fragt man Literaturwissenschaftler nach dem bedeutendsten Roman der USA, ist "Moby Dick" meist die erste Nennung. So vielschichtig, so spannend, so klug ist Herman Melvilles 1871 erschienener Roman, dass neue Verfilmungen dem Stoff immer noch frische Perspektiven abgewinnen können - wenn sie die fünf Kernelemente (unten) beherzigen. Die gelungene Fassung mit William Hurt und Ethan Hawke tut das, erschließt dem Zuschauer mit Computeranimation die Lebenswelt des Wals und punktet mit einem leiseren, aber umso düstereren Ahab. RTL zeigt das 18,4-Mio.-Dollar-Projekt in einer 120-Minuten-Fassung. F. Aures
1. Besonderer Bösewicht

Gezeichnet, getrieben und völlig gaga - Käpt'n Ahab ist einfach einmalig. Novum: Im Film wird er als sanfter Fami­lienvater eingeführt, dessen Wahnsinn erst auf See offenbar wird. Als Leser und Zuschauer muss man immer wieder neu entscheiden, wer Opfer und wer Täter ist: der irre Waljäger oder der riesige weiße Beinabbeißer?
2. Ewiges Duell
Ein Konflikt, der nie an Aktualität verliert: Mensch gegen Natur. Die Jäger bringen mit viel Mut einen 18-Meter-Wal zur Strecke: schöner Sieg. Ist anschließend allerdings länger Flaute, verdörren die Matrosen an Deck: doch verloren. Das könnte man heute als Allegorie auf industriellen Wohlstand, Klimawandel und Überschwemmungen verstehen.
3. Einmalige Szenerie

Das Meer - mal glatt wie eine Ebene, mal aufgerissen wie ein Gebirge. Der TV-Film erweitert die große Bühne Ozean um die Welt unter Wasser und sorgt so für Gruselmomente à la "Der weiße Hai". Dessen Erfinder Peter Benchley ließ sich für sein weißes Wassermonster von welchem Roman inspirieren? Dreimal dürfen Sie raten.
4. Spiegel der Welt

Jede gute Geschichte entführt in ein aufregendes Paralleluniversum. Bei Melville ist es der Walfänger "Pequod" mit seiner schillernden, extrem hetero­genen Mannschaft. Sadistische Offiziere, tätowierte Maori und ehemalige Sklaven eint die Jagd nach Wal. Im Film wird ein rassistischer Matrose so zurechtgewiesen: "Hier an Bord gibt es keine Nigger, nur Seeleute."
5. Toller Autor

Herman Melvilles 800-Seiten-Roman ist eine literarische Wundertüte, bietet Action, Humor, Philosophie; erklärt Seefahrt und Walfang ebenso wie fremdartige Menschen und Bräuche. Ein Fundus, der für 20 weitere Verfilmungen reicht.

Frank Aures
Moby Dick
SO 27.11. RTL 20.15 Uhr