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Miniserie "Morgen hör ich auf"

Lügen wie gedruckt

Morgen hör ich auf
Julia Lehmann (Susanne Wolff) und ihr Mann Jochen (Bastian Pastewka) ZDF

Bastian Pastewka und Susanne Wolff über ihre Arbeit an der wunderbaren ZDF-Falschmünzer-Miniserie "Morgen hör ich auf".

Eheleute in Not! In der fünfteiligen ZDF-Serie "Morgen hör ich auf" spielt Bastian Pastewka den Drucker Jochen Lehmann, der unfreiwillig zum Geldfälscher wird, die Mafia auf den Plan ruft und seine Familie ins Chaos stürzt. Ein ebenso exzellenter wie ungewohnter Mix aus Komödie, Drama, Krimi. Und mit Theaterstar Susanne Wolff in der Rolle der frustrierten Ehefrau Julia, die sich am unerhofften Geldsegen erfreut, sehr subtil besetzt.

>>> Morgen hör ich auf ... im TV
TV SPIELFILM: King of Comedy trifft Dramaqueen, eine wahrhaft königliche Verbindung.

Bastian Pastewka Aber wer ist wer, lautet hier die Frage.

Susanne Wolff Danke!

Kannten Sie sich zuvor?

Wolff Nein, wir kannten uns nicht.

Pastewka Wir trafen bei den Probeaufnahmen erstmals zusammen. Martin Eigler (Regisseur und Co-Autor) und mir war schnell klar: Es muss bitte Su­sanne Wolff sein! Und so kam es glücklicherweise auch. Als du zugesagt hattest, war ich komplett beruhigt.

Sie haben zugesagt, weil oder obwohl Bastian Pastewka mitspielt? Ist der Ihnen nicht zu albern?

Wolff Ich habe mir schon überlegt, wie das ist, wenn ein eher komischer Mensch auf einen dramatischen Menschen trifft. Das, was ich bisher in Filmen ­gezeigt habe, war ja eher die mordende Mutter...

...oder postnatal Depressive.

Wolff Jedenfalls nicht so lustige Figuren. Im Theater bin ich dagegen schon seit Längerem auch komisch. Ich fragte mich also, worauf es hier hinauslaufen sollte, ob ich nur für einen Part zuständig bin und Bastian für den anderen? Das hätte ich nicht gut gefunden. Ich wollte beim Casting schon lustiger sein als du.

Pastewka So war's. (lacht) Dabei probten wir eine ziemlich traurige Szene. Da gab es für meinen Teil nichts, wo man noch ein ironisches Augenzwinkern hätte einbauen können. Im Ernst, Eigler hat uns über fünf Folgen lang immer in der Schwebe gehalten, zwischen Leichtigkeit im Schweren oder aber Todtraurigkeit im Lustigen.

Tatsächlich spielen Sie beide gar nicht lustig, oder?

Pastewka Ich stelle mal die Vermutung in den Raum, dass Eigler hier ein weiteres Genre eröffnet hat, insofern als wirklich nur der Text bei genauem Hinhören komisch daherkommt, die
Darstellung jedoch hoch­dramatisch. Übrigens von allen Darstellern.

Hatten Sie denn Bammel vor dem Bühnenstar Susanne Wolff?

Pastewka Ich hatte sie in einem "Tatort" aus Leipzig gesehen, wo sie Kinder in einen Keller sperrt und so eine seltsame Maske trägt. Da dachte ich mir, diese Frau muss sehr viel Humor haben. (lacht) Aber natürlich war ich am ersten Drehtag saunervös.

Wolff Das ist ja auch völlig in Ordnung, man kennt sich ja nicht. Und was wird nicht alles geredet. Wie schnell heißt es bei einer Schauspielerin, sie sei zickig oder anstrengend. Da möchte ich am liebsten immer zurückfragen: Wie soll man diesen Beruf machen, wenn man nicht anstrengend ist? Jeder ist es doch ein bisschen auf seine Art - und deshalb ist er gut.

Pastewka Ich weiß, dass man auch mich hin und wieder als "Pain in the Ass" beschreibt.

Zusammen haben Sie offensichtlich sehr gut funktioniert.

Pastewka Wir haben früh gemerkt - du kannst ja widersprechen -: Das klappt! Das ist ein Match zwischen uns. Wir hatten eigentlich nie Zweifel aneinander. Kein einziges Mal, oder?

Wolff Nein, es gab einen großen Zusammenhalt, übrigens mit allen Schauspielern in diesem Film. Es ist wirklich ein Ensemblefilm, in dem zum Beispiel auch unsere drei Filmkinder ihre eigene Geschichte haben.

Pastewka Es war Teil des Identifikationsprozesses, dass wir mit den Kindern in den Zoo gegangen sind, um uns aneinander zu gewöhnen.

Wolff Noch lustiger war, als wir zusammen dieses Montagsmalerspiel "Activity" gespielt haben, wo man sich gegenseitig Begriffe erklärt. Das ist so schnell auf lustige Weise eskaliert.

Pastewka Es war so süß, wir haben uns irgendwann als Mama, Sohn und so angesprochen.

Wolff Man darf dabei nicht vergessen: Das sind Schauspieler! Es war beeindruckend, mit welcher Konzentration sie während der Dreharbeiten immer wieder reproduzieren konnten.

Pastewka Es gibt ja diesen Spruch "Acting is not for grown-ups". Bei einem Nachtdreh standen wir selbst wie zwei kleine Kinder an einem dunklen See und haben uns darauf gefreut, was wir da gleich spielen dürfen.

Und jetzt wollen Sie das Fern­sehen revolutionieren, oder?

Pastewka Nein, viele glauben, man macht etwas, das man noch nie gesehen hat, aber so ist es ja nicht. Es gibt ja bereits horizontal erzählte Serien. Ob wir eine Revolution sind, das müssen andere beurteilen.

Wo haben Sie Ihre Inspirationen hergenommen, aus US-Serien?

Pastewka Ja, auch, ich mag diese kleinen Menschen von nebenan, die in Not geraten. Der Film "Fargo" - die Serie habe ich jetzt noch nicht gesehen - ist für mich in jeder Hinsicht eine tolle Inspirationsquelle, weil William H. Macy so einen unglaublichen Charakter spielt. Eine Figur, die glaubt, sie müsse sich an den eigenen Haaren aus dem Dreck ziehen, und dabei scheitert.

Bastian Pastewka ist ein bekennender Binge Watcher und TV-Nerd - und Sie?

Wolff Ich gucke gar kein Fernsehen. Ich kam über das Buch auf die Essenz der Rolle, auf diese Raffinesse beim Lügen...

Die nicht ohne Folgen bleibt.

Pastewka Es werden alle Formen des Flunkerns ausgelebt, vom kleinen Kavaliersdelikt bis hin zum brachialen Verbrechen. Der Mann, der eigentlich keinem etwas Böses will, verliert ab einem gewissen Punkt auch die Kontrolle über sich. Dann geht es nur noch darum, sich aus der Tiefe wieder herauszuretten.

Wird es wirklich so finster?

Pastewka Viele meiner komödiantischen Rollen hatten ähn­liche Voraussetzungen. Daraus kann man sowohl viel Humor ziehen als auch sehr viel Schmerz, und beides ist in unserer Serie glücklicherweise zu sehen.

Apropos, haben Sie Susanne Wolff gefragt, ob sie bei ­"Pastewka" mitspielen würde?

Pastewka Bislang noch nicht. Würdest du nicht machen, oder?

Wolff Ich weiß nicht. Vielleicht, wenn ich nicht zu erkennen wäre und schweigen müsste. Sonst hätte ich Angst.

Pastewka Susanne Wolff hat Angst? Das kann nicht sein!

Wolff Okay, gib mir ein lustiges Kostüm!

Pastewka Jede "Pastewka"-Folge ist genau genommen ein Drama in drei Akten. Man macht es komisch, wenn man die Situa­tion ernst nimmt. Deswegen wirst du nicht in einem lustigen Kostüm bei "Pastewka" auftreten, sondern als: SUSANNE WOLFF HERSELF!

Heiko Schulze

Morgen hör ich auf
ab SA 2.1. ZDF 21.45 Uhr


Susanne Wolff
(42) spielt am Deutschen Theater Berlin, Fernsehpreis 2013 für das Psychodrama "Mobbing"

Bastian Pastewka
(43) wurde für seine Serie "Pastewka" 2015 mit
Jupiter und Deutschem Comedypreis ausgezeichnet