Als 1981 im fernen Amerika der erste Fall von Aids diagnostiziert wird, ahnt noch niemand in Deutschland die Folgen. Zu weit weg scheint die Krankheit, zu beschränkt ihre Verbreitung auf Risikogruppen wie Schwule und Fixer. Unbeschwert genießen im Drama "Blutgeld" die drei Brüder Ralf, Stefan und Thomas (Max Riemelt, Fabian Busch und David Rott), alle Bluter, ihre Jugend, können sie doch dank des Medikaments Faktor VIII ein normales Leben führen.

Was sie nicht ahnen: Um das Gerinnungsmittel Faktor VIII zu gewinnen, greifen die Hersteller auf Blutspenden aus der ganzen Welt zurück. Der Handel mit Blut ist ein globales Milliardengeschäft. Um an den begehrten Lebenssaft zu kommen, sind die beteiligten Firmen nicht zimperlich. Sie lassen noch in Gefängnissen und im Schwulenviertel von San Francisco die Blutspender zur Ader, als diese bereits als Aids-Risikogruppen gelten.
Systematische Tests auf HIV unterbleiben lange Zeit, weil sie die Herstellungskosten erhöht hätten. Auch in Deutschland verhindert eine Allianz aus skrupellosen Geschäftsleuten, mit der Pharmaindustrie kooperierenden Medizinern und überforderten Politikern rasche Gegenmaßnahmen. Das im TV-Drama angesprochene Dilemma, Hämophile aus Mangel an sauberem Blutplasma entweder zu infizieren oder verbluten zu lassen, sei eine reine Schutzbehauptung der Medikamentenhersteller gewesen, so die Deutsche Hämophiliegesellschaft in einer Stellungnahme zum Film "Blutgeld". Tatsächlich habe es ausreichend Präparate für Notfälle gegeben.

"Ich vertraue wenigen Ärzten, noch weniger Politikern und der Pharmaindustrie überhaupt nicht", sagt Rudolf Kowalski, der den Mediziner Professor Schubert spielt. Auch Max Riemelt begegnet Ärzten mit einem gesunden Maß an Skepsis: "Ich finde es persönlich sinnvoll, zwei oder mehr Meinungen einzuholen, wenn es um die eigene Gesundheit geht. Man darf nicht vergessen, dass manche Ärzte Therapien empfehlen, weil sie Geld in ihre Kasse spülen."

Produziert hat den Film Michael Souvignier, der bereits 2007 mit "Contergan" einen Medizinskandal mutig aufgearbeitet hat. Im Schnitt sahen mehr als sieben Millionen Zuschauer den Zweiteiler, der im Jahr darauf mit dem Deutschen Fernsehpreis ausgezeichnet wurde.

"'Blutgeld' ist die nahtlose Fortsetzung dieser Arbeit", sagt Produzent Souvignier. "Im Gegensatz zu ,Contergan‘ ist die wahre Katastrophe, dass die Geschädigten fast alle tot sind." Ein Großteil der 20 Tage dauernden Dreharbeiten fand wegen der "authentischen Patina der 80er- Jahre" in einem stillgelegten Trakt des Klinikums Schlebusch (Leverkusen) statt. Regie führte mit René Heisig ein ausgebildeter Arzt, der für "Blutgeld" auf die reale Leidensgeschichte dreier Brüder aus Süddeutschland zurückgreifen konnte: "Das allermeiste hat sich tatsächlich so ereignet."

Ein Untersuchungsausschuss des Bundestags kam 1994 zu dem Ergebnis, dass mindestens 60 Prozent der Opfer hätten gerettet werden können. 2013 waren geschätzte 1000 der in den 1980ern in Deutschland infizierten Bluter gestorben. Bleibt die Frage, ob sich ein solcher Skandal wiederholen könnte. "Ja, jederzeit", sagt Drehbuchautor Kai-Uwe Hasenheit.

Rainer Unruh

Blutgeld
Mo 28.10. ZDF 20.15
Blutgeld - Die Dokumentation
MO 28.10. ZDF 21.45