Nein, am Telefon klingt sie nicht wie Scarlett Johansson. Auch nicht wie Megan Fox, Sally Hawkins oder Sienna Miller. Und doch ist Luise Helm uns allen im Ohr, denn die Schauspielerin spricht diese Frauen (und noch mehr) in den Synchronfassungen ausländischer Filme.

Seit Woody Allens Liebeskomödie "Match Point" aus dem Jahr 2005 ist Helm die deutsche Stimme von Hollywoodstar Scarlett Johansson, in bislang rund zwanzig Filmen, von schräger Independentware wie "Under the Skin" bis zum actionknallenden Blockbuster "Marvel''s The Avengers".
Ein besonderer Fall aber war die Synchronarbeit für die verschrobene Sci-fi-Romanze "Her" von Spike Jonze, in der sich ein verträumter Sonderling in die Stimme des Betriebssystems seines Computers verliebt. Die stammt im US-Original von Scarlett Johansson, zu sehen ist der Star dabei nie. Am Set sprach die englische Schauspielerin Samantha Morton den Part, wurde aber von Jonze im Schneideraum durch Johansson ersetzt.
Für die deutsche Synchronfassung musste Luise Helm sich erneut bewerben und vorsprechen, sogar zweimal, wie sie sich erinnert: "Da war ich sehr nervös, weil es einem ja eine gewisse Sicherheit gibt, die Feststimme zu sein."

Aber sie kann den deutschen Verleih sogar verstehen: "Die wollten bei einem Film, der nur über die Stimme funktioniert, sicher sein, dass nichts verloren geht." Umso größer die Erleichterung, denn es hätte sie schon getroffen, wenn man sich nicht für sie als Scarlett entschieden hätte: "Ich hätte sie nur sehr ungern wieder hergegeben."

Die Synchronarbeit bei "Her" war tatsächlich schwieriger als sonst, gerade weil sie auf so etwas wie Lippensynchronität nicht achten konnte: "Man holt sich so viel aus der Mimik, dem Ausdruck, dem Visuellen. Das fehlte hier komplett." Etwas, das sie "emo­tionale Referenz" nennt. Zum Stichwort Aufnahmebedingungen: Johansson hatte für ihren Sprechpart etwa drei Monate Zeit, Helm drei Tage.
Über 270 Sprechrollen sind verzeichnet zu der 1983 in Ostberlin geborenen Helm, die als Kind durch Vater Gunnar (sprach schon Johnny Depp und "Tarzan" Lex Barker) zum Synchron kam. Helm versucht, sich jedesmal neu auf Schauspielerin und Stimme einzulassen, zudem gibt es Tricks. So läuft sie auch mal vorher auf der Stelle, wenn sie außer Atem sein soll, oder spricht Sätze im Sitzen oder Liegen, wenn es die Szene erfordert.

Scarlett Johansson nimmt einen besonderen Platz in ihrem Herzen - und Auftragsbuch - ein, zumal sie sich ihrer nun relativ sicher sein kann, "und wenn''s für sie gut läuft, dann läuft''s auch für mich gut." Getroffen hat sie den Hollywoodstar noch nie, einmal hat ein befreundeter Journalist sie mitgenommen zu einer Pressekonferenz mit Johansson, aber dann hat sie sich nicht getraut, sie anzusprechen.
Wenn Leute erfahren, dass sie die Stimme von Scarlett Johansson ist, kommt fast immer: "Echt? Sag mal was!" Das verweigert sie, "das lässt sich nicht einfach so anknipsen." Im Fall von "Her" hat Helm sich den fertigen Film später noch einmal komplett auf Deutsch angesehen, das macht sie sonst nie. Privat schaut sie, auch wenn sie''s eigentlich gar nicht zugeben mag, am liebsten Originalfassungen.

Volker Bleeck

Her
SA, 25.4., CIN, 20:15 Uhr