Höhepunkte der ARD-Themenwoche Leben mit dem Tod
(17.11. bis 23.11.)
(17.11. bis 23.11.)
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Der Titel klingt zunächst nach schwerer Kost, die man nicht freiwillig zu sich nimmt. "Leben mit dem Tod" heißt die siebte ARD-Themenwoche. Vom 17. bis zum 23.11. ist das gesamte Radio- und TV-Programm der ARD von Beiträgen zum Thema durchzogen. Im Ersten drehen sich Dokus, Jauch- und Plasberg-Diskussionrunden und sogar der "Tatort" in drei Schwerpunkte gegliedert um den Umgang mit dem Tod im Alltag, um das eigentliche Sterben und um das Weiterleben der Hinterbliebenen.
Dass man solche elementaren Themen auch mit heiterem Angang servieren kann, zeigt "Blaubeerblau", eine Hospiz-Komödie, die dem Ableben sehr behutsam auch komische Seiten abgewinnt. Und ob das Thema wirklich so unpopulär ist, wie es zunächst den Anschein hat, bleibt abzuwarten.
Denn Tod und Sterben sind längst nicht mehr die Tabuthemen, die sie einmal waren. Andreas Dresens Krebsdrama "Halt auf freier Strecke" zeigt warmherzig, aber ungeschönt, wie ein Mensch stirbt. Und wird auf Festivals gefeiert und mit dem deutschen Filmpreis ausgezeichnet. Selbst profitorientierte Privatsender wie Sat.1 oder ProSieben beschäftigen sich in eigenproduzierten Spielfilmen wie "Und weg bist du" oder "Kreutzer kommt" unterhaltend mit tödlichen Krankheiten.
Nach einer Phase hektischer Betriebsamkeit, in der Wirtschaftswachstum und ökonomischer Nutzwert von zentrale Bedeutung waren, deuten Modebegriffe "Work Life Balance" oder "Entschleunigung" nun auf ein Bedürfnis nach Innehalten und Besinnung auf die wesentlichen Dinge des Lebens hin.
Schneller Leben? Quatsch!
"Es gibt einen gesellschaftlich wahrgenommenen Mangel an Zeit", sagt Devid Striesow, Hauptdarsteller in "Blaubeerblau". "Man hat keine Zeit sich mit dem Sterben zu beschäftigen. Geschwindigkeit und Bewegung zeugen davon, dass man lebt. Je höher die Geschwindigkeit, desto mehr lebt man. Und das ist natürlich Quatsch."
Striesow spielt den Architekten Fritjof, der ein Hospiz umgestalten soll. Widerstrebend vermisst er die Räume des Sterbehauses und trifft dort auf einen alten Schulfreund, gespielt von Stipe Erceg. Die Konfrontation mit dem Todkranken und dessen sarkastische Offenheit verändern Fritjofs Leben.
Seine diffuse Vorstellung vom Hospiz als trostlose, isolierte Sterbeanstalt teilt die Figur sicherlich mit vielen Zuschauern, die noch nie in so einem Haus waren.
Mit der realistischen Darstellung des Hospiz als helle Begegnungs- und Verabschiedungsstätte räumt der Film nebenbei mit diesen Vorbehalten auf. "Ein Hospiz gehört zum Leben wie ein Kindergarten", stellt Striesow klar. Der deutsche Hospiz- und Palliativverband DHPV freut sich über diese Einschätzung und verlieh der gesamten Themenwoche schon vor Ausstrahlung einen Ehrenpreis. Auch Stipe Erceg wurde für sein vielschichtiges Spiel bereits mit dem hessischen Filmpreis geehrt.
Frivole Witze im Hospiz
Hubertus Meyer-Burckhardt, den die meisten Zuschauer als Moderator der NDR-Talkshow kennen, hat "Blaubeerblau" produziert. Warum als Komödie? "Als ich zum ersten Mal ein Hospiz betrat, um einen sterbenden Freund zu besuchen, erzählte man sich dort in der Kaffeküche gerade frivole Witze", sagt Meyer-Burckhardt. "Und keine schlechten." Natürlich bleibt die Frage: Warum soll man sich mit dem Sterben vorzeitig belasten?
"Die Beschäftigung mit dem Tod hat mir viel Lebensfreude gegeben", sagt Meyer-Burckhardt. "Man erkennt, dass das Leben endlich ist - und damit sehr kostbar." Ihm habe dieses Wissen geholfen, in seinem Leben die richtigen Prioritäten zu setzen. "Ich gehe heute mit Problemen ganz anders um. Eine schlechte Kritik für einen Film oder eine Talkshow beschäftigt mich nicht lange. Mich kann niemand mehr von meiner Lebensfreude abbringen."
Bei der Premiere auf dem Münchner Filmfest, so der Produzent, hätten die Zuschauer den Film auch nicht als deprimierend empfunden, im Gegenteil. "Nutze dein Leben! Verheiz dich nicht auf Nebenschauplätzen! Unterscheide das Wichtige vom Unwichtigen!" - das seien die Botschaften gewesen, die ankamen.
Joachim Kosack hat als Unterhaltungschef und später Senderchef von Sat.1 systematisch das Tiefgründige mit dem Komischen verbunden. In der Erfolgsserie Danni Lowinski (neue Folgen im Frühjahr), steuern die Figuren regelmäßig in existenzielle Krisen. Gags machen diesen harten Realismus erträglich. In "Und weg bist du" personifiziert Christoph Maria Herbst gar den Tod selber. Mit Langhaarperücke. "
Die Leute wollen keine Larifari-Unterhaltung haben. Sie wollen etwas sehen, das sie wirklich bewegt", erklärt Kosack, der mittlerweile Produzent bei der Ufa ist. "Es muss dem Zuschauer aber klar sein, dass er sich hinterher nicht schlecht fühlen wird. Die Form der Komödie kann dabei als Filter funktionieren."
Film als geschützter Raum
Ist der Tod zum Lachen? "Ich hatte Krebs", sagt Kossack. "Ich stand bei der Auszeichnung von ‚Danni Lowinski‘ so abgemagert auf der Fernsehpreisbühne, dass mich mein eigener Vater im TV nicht erkannt hat. Zum Lachen war mir da nicht zu Mute." Ein lustiger Film könne aber eine Art geschützter Raum sein, der es dem Zuschauer ermögliche, sich spielerisch der eigenen Sterblichkeit anzunähern. "Wenn ich es schaffe, über etwas zu lachen, vor dem ich eigentlich Angst habe, baue ich diese Angst damit ab."
Die Auseinandersetzung mit dem Tod kann das Leben sehr bereichern. Man muss aber eine für sich stimmige Form dieser Auseinandersetzung finden. Die ARD-Themenwoche mit all ihren Wortbeiträgen, Dokus und Komödie bietet dafür eine reiche Auswahl.
M. Kalweit/ F. Aures
Dass man solche elementaren Themen auch mit heiterem Angang servieren kann, zeigt "Blaubeerblau", eine Hospiz-Komödie, die dem Ableben sehr behutsam auch komische Seiten abgewinnt. Und ob das Thema wirklich so unpopulär ist, wie es zunächst den Anschein hat, bleibt abzuwarten.
Denn Tod und Sterben sind längst nicht mehr die Tabuthemen, die sie einmal waren. Andreas Dresens Krebsdrama "Halt auf freier Strecke" zeigt warmherzig, aber ungeschönt, wie ein Mensch stirbt. Und wird auf Festivals gefeiert und mit dem deutschen Filmpreis ausgezeichnet. Selbst profitorientierte Privatsender wie Sat.1 oder ProSieben beschäftigen sich in eigenproduzierten Spielfilmen wie "Und weg bist du" oder "Kreutzer kommt" unterhaltend mit tödlichen Krankheiten.
Nach einer Phase hektischer Betriebsamkeit, in der Wirtschaftswachstum und ökonomischer Nutzwert von zentrale Bedeutung waren, deuten Modebegriffe "Work Life Balance" oder "Entschleunigung" nun auf ein Bedürfnis nach Innehalten und Besinnung auf die wesentlichen Dinge des Lebens hin.
Schneller Leben? Quatsch!
"Es gibt einen gesellschaftlich wahrgenommenen Mangel an Zeit", sagt Devid Striesow, Hauptdarsteller in "Blaubeerblau". "Man hat keine Zeit sich mit dem Sterben zu beschäftigen. Geschwindigkeit und Bewegung zeugen davon, dass man lebt. Je höher die Geschwindigkeit, desto mehr lebt man. Und das ist natürlich Quatsch."
Striesow spielt den Architekten Fritjof, der ein Hospiz umgestalten soll. Widerstrebend vermisst er die Räume des Sterbehauses und trifft dort auf einen alten Schulfreund, gespielt von Stipe Erceg. Die Konfrontation mit dem Todkranken und dessen sarkastische Offenheit verändern Fritjofs Leben.
Seine diffuse Vorstellung vom Hospiz als trostlose, isolierte Sterbeanstalt teilt die Figur sicherlich mit vielen Zuschauern, die noch nie in so einem Haus waren.
Mit der realistischen Darstellung des Hospiz als helle Begegnungs- und Verabschiedungsstätte räumt der Film nebenbei mit diesen Vorbehalten auf. "Ein Hospiz gehört zum Leben wie ein Kindergarten", stellt Striesow klar. Der deutsche Hospiz- und Palliativverband DHPV freut sich über diese Einschätzung und verlieh der gesamten Themenwoche schon vor Ausstrahlung einen Ehrenpreis. Auch Stipe Erceg wurde für sein vielschichtiges Spiel bereits mit dem hessischen Filmpreis geehrt.
Frivole Witze im Hospiz
Hubertus Meyer-Burckhardt, den die meisten Zuschauer als Moderator der NDR-Talkshow kennen, hat "Blaubeerblau" produziert. Warum als Komödie? "Als ich zum ersten Mal ein Hospiz betrat, um einen sterbenden Freund zu besuchen, erzählte man sich dort in der Kaffeküche gerade frivole Witze", sagt Meyer-Burckhardt. "Und keine schlechten." Natürlich bleibt die Frage: Warum soll man sich mit dem Sterben vorzeitig belasten?
"Die Beschäftigung mit dem Tod hat mir viel Lebensfreude gegeben", sagt Meyer-Burckhardt. "Man erkennt, dass das Leben endlich ist - und damit sehr kostbar." Ihm habe dieses Wissen geholfen, in seinem Leben die richtigen Prioritäten zu setzen. "Ich gehe heute mit Problemen ganz anders um. Eine schlechte Kritik für einen Film oder eine Talkshow beschäftigt mich nicht lange. Mich kann niemand mehr von meiner Lebensfreude abbringen."
Bei der Premiere auf dem Münchner Filmfest, so der Produzent, hätten die Zuschauer den Film auch nicht als deprimierend empfunden, im Gegenteil. "Nutze dein Leben! Verheiz dich nicht auf Nebenschauplätzen! Unterscheide das Wichtige vom Unwichtigen!" - das seien die Botschaften gewesen, die ankamen.
Joachim Kosack hat als Unterhaltungschef und später Senderchef von Sat.1 systematisch das Tiefgründige mit dem Komischen verbunden. In der Erfolgsserie Danni Lowinski (neue Folgen im Frühjahr), steuern die Figuren regelmäßig in existenzielle Krisen. Gags machen diesen harten Realismus erträglich. In "Und weg bist du" personifiziert Christoph Maria Herbst gar den Tod selber. Mit Langhaarperücke. "
Die Leute wollen keine Larifari-Unterhaltung haben. Sie wollen etwas sehen, das sie wirklich bewegt", erklärt Kosack, der mittlerweile Produzent bei der Ufa ist. "Es muss dem Zuschauer aber klar sein, dass er sich hinterher nicht schlecht fühlen wird. Die Form der Komödie kann dabei als Filter funktionieren."
Film als geschützter Raum
Ist der Tod zum Lachen? "Ich hatte Krebs", sagt Kossack. "Ich stand bei der Auszeichnung von ‚Danni Lowinski‘ so abgemagert auf der Fernsehpreisbühne, dass mich mein eigener Vater im TV nicht erkannt hat. Zum Lachen war mir da nicht zu Mute." Ein lustiger Film könne aber eine Art geschützter Raum sein, der es dem Zuschauer ermögliche, sich spielerisch der eigenen Sterblichkeit anzunähern. "Wenn ich es schaffe, über etwas zu lachen, vor dem ich eigentlich Angst habe, baue ich diese Angst damit ab."
Die Auseinandersetzung mit dem Tod kann das Leben sehr bereichern. Man muss aber eine für sich stimmige Form dieser Auseinandersetzung finden. Die ARD-Themenwoche mit all ihren Wortbeiträgen, Dokus und Komödie bietet dafür eine reiche Auswahl.
M. Kalweit/ F. Aures
Höhepunkte der ARD-Themenwoche Leben mit dem Tod (17.11. bis 23.11.)
Tatort: Dinge, die noch zu tun sind
SO 18.11., 20.15 Uhr
Sie bringen den Tod
(Doku über Sterbehelfer)
MO 19.11., 20.15 Uhr
Nuhr am Leben (Satire mit Dieter Nuhr)
MO 19.11., 22.45 Uhr
Blaubeerblau
MI 21.11., 20.15 Uhr
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Tatort: Dinge, die noch zu tun sind
SO 18.11., 20.15 Uhr
Sie bringen den Tod
(Doku über Sterbehelfer)
MO 19.11., 20.15 Uhr
Nuhr am Leben (Satire mit Dieter Nuhr)
MO 19.11., 22.45 Uhr
Blaubeerblau
MI 21.11., 20.15 Uhr
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