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Kampfdrohnen-Krieger

Töten per Joystick

Kampfdrohnen sind zwar keine Atombomben, grausam sind sie dennoch. US-Star Ethan Hawke kennt ihre Wirkung (MO, 27.7.)

"Laser an, Ziel erfasst, Feuer!" Der Soldat drückt den Knopf am Joystick, zehn Sekunden später füllt eine lautlose Explosion den Bildschirm vor ihm. Als sich Rauch und Staub verzogen haben, sieht man kleine pixelige Gestalten am Boden liegen, viele reglos, manche seltsam zappelnd. Was aussieht wie ein Computerspiel, ist tödliche Realität. Offiziell unbestätigten Angaben zufolge kamen allein in Pakistan bis heute rund 4000 Menschen durch US-Drohnen ums Leben.

"Wir lesen in den Zeitungen von Drohneneinsätzen, wissen aber gar nicht, was das bedeutet", sagt Schauspieler Ethan Hawke ("Boyhood"). Er spielt die Hauptrolle im Spielfilm "Good Kill", den das ZDF im Montagskino zeigt. Hawke spielt darin einen Drohnenpiloten, der immer tiefer in eine Identitäts- und Gewissenskrise gerät. Denn diese neue Form der Kriegsführung ist nicht nur völkerrechtlich höchst umstritten, sie führt bei den beteiligten Soldaten immer öfter zu schwerwiegenden psychischen Problemen.
Erst töten, danach die Kinder abholen
Studien haben gezeigt, dass Drohnenpiloten genauso oft an posttraumatischen Belastungsstörungen leiden wie ihre Kameraden im Feld. Das scheint paradox, denn die Soldaten, die die unbemannten Flugzeuge steuern, befinden sich dabei meist Tausende Kilometer vom Kampfgeschehen entfernt auf sicherem Heimatboden. Doch gerade das macht vielen zu schaffen: "Die moralische Rechtfertigung, für sein Land zu töten, gerät ihnen ins Wanken, wenn sie sich selbst keiner Gefahr aussetzen", sagt Ethan Hawke.

Viele leiden außerdem unter dem krassen Wechsel zwischen zwei Welten: Tagsüber töten sie Menschen, nach Feierabend holen sie ihre Kinder aus der Schule ab. Psychologen wissen, dass Soldaten eine gewisse Übergangszeit zwischen Krieg und Zivilleben brauchen. Die fehlt den Drohnenpiloten. Depressionen und Beziehungsprobleme sind oft die Folge. Davon erzählt auch der ehemalige Drohnenpilot Brandon Bryant, den das ZDF im Anschluss an den Spielfilm in der Doku "Drohnenkrieg" zu Wort kommen lässt.

Besonders belastend ist für viele Joystick-Flieger, dass sie trotz ihrer räumlichen Distanz zum Kriegsgeschehen stets die Folgen ihres Tuns unmittelbar vor Augen haben. Ein Bomberpilot im Kampfeinsatz wirft seine todbringende Ladung ab und kehrt um. Zur Aufgabe der Drohnenpiloten gehört auch die "Schadensfeststellung". Im Klartext: auf dem Bildschirm Leichen zählen - die von mutmaßlichen Terroristen, aber oft auch von unschuldigen Männern, Frauen und Kindern. Offiziell gelten Drohnenangriffe als chirurgisch präzise Operationen. Von "gezielten Tötungen" ist im Politjargon die Rede. Eine Studie der Stanford University ergab jedoch, dass bis zu 98 Prozent der Opfer Zivilisten sind.

Ethan Hawke sieht noch ein anderes Problem beim Einsatz von Kampfdrohnen: "Der Krieg und seine Folgen werden für die heimische Öffentlichkeit unsichtbar, denn es kommen keine eigenen Soldaten mehr im Zinksarg nach Hause. Das schafft die Voraussetzung für einen Krieg, der niemals endet."

Christian Holst

Good Kill
Mo 27.7. ZDF 22.15 Uhr