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Jan Josef Liefers

Ganz normaler Supermann

Ganz normaler Supermann
Jan Josef Liefers als Professor Boerne (Tatort Münster)

Kino, TV, Buch, Musik - Jan Josef Liefers sendet auf allen Kanälen. Und erlaubt sich auf keinem Feld Schwächen. Jetzt kommt er als TV-Koch Wilmenrod

Es gibt Künstler, die haben ziemlich mittelmäßige Ideen, die sie aber maximal kommerziell ausschlachten. Die nerven. Und dann gibt es Künstler, die haben so verschwenderisch viele gute Ideen, dass sie mit dem Verkaufen und Vermarkten überhaupt nicht nachkommen. Die liebt man.

So einer ist Jan Josef Liefers. Gerade ist er auf dem Sprung zur Frankfurter Buchmesse, um dort seine Biografie "Soundtrack meiner Kindheit" vorzustellen. Ist das überstanden, geht es auch schon wieder mit der Band Oblivion auf Tour. Vorher steht noch eine Fotosession an: Liefers soll mit Ehefrau Anna Loos und einem Toast Hawaii posieren.

Lesetipp

Der Fernsehkoch
Anlass dafür ist der Film "Es liegt mir auf der Zunge" (25.11., ARD, 20.15 Uhr), die amüsant umgesetzte Lebensgeschichte des Clemens Wilmenrod, Deutschlands erstem Fernsehkoch. Für Liefers ein faszinierender Charakter, denn Wilmenrod war eigentlich Schauspieler und konnte gar nicht kochen. Triviale Zutaten wie Hackfleisch, Gurke und Ketchup verwandelte er unter Zuhilfenahme einer - wohl frei erfundenen - Reiseanekdote in "Arabisches Reiterfleisch". Weite Welt für kleines Geld, das kam an.

"Man sollte den Mann aber nicht nur an seinen Rezepten messen", sagt Liefers im Interview. "Der ist ein Gesamtkunstwerk." So habe er nebenbei die Schleichwerbung erfunden, außerdem die Zielgruppe. "Er war der Erste, der gesagt hat: Ich mache was für Frauen." Interessant mache den Film auch, dass hier die Anfänge des Fernsehens thematisiert würden, sagt Liefers. "Die wussten damals gar nicht, was sie senden sollten. Es wurden große antike Schauspiele in Theatern aufgenommen und dann ausgestrahlt. Die Leute sind reihenweise vor dem Fernseher eingepennt."

Das Promipaar
Dass Wilmenrods Ehefrau Erika von Liefers tatsächlicher Partnerin Anna Loos gespielt wird, gibt dem Film einen besonderen Esprit. Man merkt: Hier stimmt die Chemie. "Ich liebe es, mit Jan zusammen zu spielen", bestätigt Anna Loos, die mit Liefers zwei Töchter hat. "Ich halte ihn für einen der besten Schauspieler Deutschlands. Und wenn man mit einem guten Darsteller arbeitet, treibt einen das auch selbst zur Höchstform an."
Dass sie von den Boulevardmedien als Promi-Vorzeigepaar vereinnahmt werden, nehmen sie schulterzuckend hin. Wenn die meinen ... Wer sie erlebt, weiß sofort, wie sie zu diesem Ruf kommen: Es macht einfach Spaß zu sehen, wie sich hier zwei gegenseitig toll finden.

Der "Tatort"-Liebling
Liefers spielt Hauptrollen in ausgewählten Kinofilmen und TV-Movies mit Eventcharakter, die meisten Zuschauer kennen und lieben ihn aber als Professor Karl-Friedrich Boerne. Zusammen mit Axel Prahl in der Rolle des Kommissars ermittelt er als Rechtsmediziner im Münster-"Tatort". In der Krimireihe hat es schon manche Komödianten-Duette gegeben (Schimanski/Thanner), dieses ist das mit Abstand kultivierteste. Und populärste: Mit fast zehn Millionen Zuschauern stellte der letzte Fall "Tempelräuber" sogar den "Tatort"-Jahresrekord auf.

In einer aktuellen Umfrage erklärten selbst Deutschlands Polizisten die westfälischen Ermittler zu ihren Lieblingen. Was sind die Gründe für den Erfolg? "Vielleicht gefällt den Menschen, dass wir nicht so 
politisch korrekt sein wollen, keine Gutmenschen, sondern schrullige Charaktere", erklärt Liefers. "Ich will es eigentlich gar nicht so genau wissen, freue mich einfach über unsere vielen Fans und auf das nächste Drehbuch."

Ost-Rocker
Irritiert ist Liefers, dass Leute immer wieder mit Verwunderung auf seine DDR-Abstammung reagieren. Sie sind aus dem Osten? Hätte ich nicht gedacht. "Es hat aber noch keiner den Mumm gehabt, die Vorurteile offen auszusprechen, die er offenbar im Kopf hat. Was könnte das sein? Die Ossis sind doch immer so geduckt; die können sich nicht ausdrücken; haben immer so komische Schuhe an - ich weiß es nicht."

Wie eine endgültige Klarstellung wirkt auf manche seine Bühnenshow "Soundtrack meiner Kindheit". Mit seiner Band Oblivion singt Liefers Rocksongs aus DDR-Zeiten, die ihn in den Siebziger- und Achtzigerjahren geprägt haben. Dazu erzählt er Anekdoten aus seiner Kindheit, die mit privaten Super-8-Filmen 
illustriert werden. Die positive Resonanz führte zum gleichnamigen Buchprojekt.

Die Projekte von morgen
Was macht Liefers 2010? Managerin Natascha Schöllkopf weiß gar nicht, wo sie anfangen soll. Zwei "Tatorte". Klar. Dann eine schräge Komödie mit Justus von Dohnányi. Dann übernimmt er eine Rolle in "Simon and the Oaks", eine internationale Produktion, die die Geschichte einer schwedischen Familie über mehrere Generationen erzählt. "Und die 'Soundtrack meiner Kindheit'-CD, die man bisher ausschließlich bei den Konzerten kaufen konnte, wird endlich für alle erhältlich sein." 
Diese Art Eigenwerbung gibt man gern weiter.

Frank Aures